Das Senioren- und Pflegeheim St. Marien in Stadtsteinach hat turbulente Tage hinter sich: Erst die enorme Empörung der Angehörigen über teils drastische Beitragserhöhungen und dann die ebenfalls heftig kritisierte Schließung der Wäscherei. Und zwischen alledem: Klagen der Angehörigen über Pflegedefizite.
Grund genug für infranken.de, nach der Umsetzung der angekündigten Verbesserungen zu fragen. Und Gerüchten auf den Grund zu gehen. Einrichtungsleiter Martin Pühl steht zusammen mit Fachberaterin Nadine Brunn vom Diözesan-Caritasverband, der seit 2013 Träger der Einrichtung ist, Rede und Antwort.
Für Wut und Frust über die Beitragserhöhungen in dem 78-Betten-Haus hat der 36-jährige Diplom-Pflegewirt Verständnis und macht auch kein Geheimnis aus zwei Vertragskündigungen in der Folge davon. Aber: "Wir müssen einfach die laufenden Kosten decken", erklärt Nadine Brunn nach seinem Hinweis auf die bislang defizitäre Geschäftsführung des Hauses.
Caritas-Politik Auch was die Schließung der Wäscherei zum 1. Juli angeht, wirbt Pühl um Verständnis und verweist darauf, dass andernfalls enorme Investitionen nötig gewesen wären. Und die hätten für den Fall, dass die Pflegeaufsicht für eine notwendige Ersatzbeschaffung eine so genannte Durchlade-Waschmaschine fordern würde, sogar bauliche Maßnahmen im Keller erforderlich gemacht. Und selbst für eine normale Investition mit Möglichkeit zur Abschreibung müsste zunächst einmal Geld da sein.
Was Pühl im Gegenzug unterstreicht, ist zum einem die Tatsache, dass nahezu alle 18 Häuser unter Leitung des Caritas-Diözesanverbandes ein ausgelagertes Wäscherei-System ("Das ist Träger-Politik") nutzen; zum anderen lasse sich damit einfach wirtschaftlicher arbeiten. Klagen über zu lange Umlaufzeiten können Martin Pühl und Nadine Brunn nicht nachvollziehen. Zweimal pro Woche holt und liefert die externe Wäscherei Kleidung. Wenn der Hausbewohner Wäsche für zwei Wochen zur Verfügung habe, müsste das ausreichen. Was beiden besonders wichtig ist: Die Wäschereischließung hatte keine Entlassungen zur Folge, die drei betroffenen Kräfte werden nun in Betreuung und in Hauswirtschaft eingesetzt.
Nachfrage in Bamberg Und was ist an der Befürchtung, als nächstes werde die Caritas die hauseigene Küche schließen? "Gar nichts", sagt der Einrichtungsleiter. Die Küche stehe nicht zur Disposition. "Es ist ein Qualitätsmerkmal der Caritas, dass selbst gekocht wird."
Dass der Diözesanverband angeblich Caritas-eigene Grundstücke in Stadtsteinach verkaufen will und damit Erweiterungsmöglichkeiten für St. Marien verspiele - von diesen Gerüchten hat Martin Pühl bislang nichts gehört. Deshalb auch seine Nachfrage bei der Geschäftsführung in Bamberg. Die Auskunft: nichts dran.
Was hingegen bereits seit längerer Zeit ("Zum Teil schon vor dem Angehörigentreffen wegen der Beitragserhöhung") in St. Marien betrieben wird, sind nach seinen Worten Änderungen im Pflege- und Betreuungsbereich. So wurden die sozialen Dienste zur Betreuung und Beschäftigung personell aufgestockt und umorganisiert, sagt Pühl. "Und mehr Betreuung entlastet auch das Pflegepersonal." Wohnbereichsleiter hätten nun ganz konkrete Sprechzeiten und müssten ihre Pflegeaufgaben nicht mehr nacharbeiten.
Dass Personalumsetzungen vorgenommen wurden, führt Pühl auf krankheitsbedingte Ausfälle und Umorganisationen zurück. "Grundsätzlich sollen die Pflegekräfte das gleiche Bewohnerklientel versorgen", sagt er und ist davon überzeugt, dass nach einer Einarbeitungsphase daraus wieder Bezugspersonen für die Bewohner werden.
Neue Kontakte Auch räumliche Entzerrungen habe man vorgenommen. Wohnbereichsübergreifend könnten Bewohner nun ebenso im Mehrzwecksaal essen, was mehr Platz in den eigentlichen Speiseräumen schaffe und obendrein neue Kontakte untereinander ermögliche.
Und schließlich nimmt Pühl auch zur Kritik Stellung, als Leiter zweier Häuser in Stadtsteinach und Burgkunstadt habe er zu wenig Zeit für seine Aufgaben in St. Marien und habe sogar einen Dienstwagen: Zu einen stehe ihm in Stadtsteinach ein Assistent zur Verfügung, zum anderen benötige er den Dienstwagen für die Fahrt zwischen den Arbeitsstätten. "Und das ist kein Audi A8 mit Chauffeur", so Pühl. Der 36-Jährige fährt das kleinste Produkt aus der Skoda-Palette, einen Citigo.
Sonderlob für das Personal Sind Verbesserungen aber auch für die Angehörigen spürbar? "Teils, teils" , sagt Reinald Kolb, dessen Mutter in St. Marien lebt. Ihm sind zunächst einmal die besseren Platzverhältnisse im Speiseraum aufgefallen, nachdem auch im Mehrzweckraum gegessen werden kann. Kolb, dem die Pflegekräfte ein Sonderlob wert sind ("Sie kümmern sich wirklich rührend"), macht inzwischen auch mehr Betreuungskräfte aus. "Aber das muss ja jedes Haus machen. Und außerdem bezahlt diese Kräfte die Pflegekasse."
Was er mit gemischten Gefühlen beobachtet, ist die offensichtliche Maßgabe, dass Betreuungskräfte alle Freiräume für die Arbeit nutzen sollen. Und das führe dann dazu, dass selbst bei Andachten in der Kapelle niemand mehr dabei ist.
Auch Heinz-Dieter Popp aus Untersteinach. Seine Mutter fühle sich wohl im Seniorenheim. Allgemein habe er den Eindruck, dass sich die Bewohner über die Einzelgespräche mit der Pflegedienstleitung gefreut haben und wissen, dass ihre Sorgen ernst genommen werden.
Druck durch Umstrukturierung Doris Lorenz indes sieht die Aufteilung der Mittagstische nicht unbedingt positiv, auch wenn damit mehr etwas Platz geschaffen wurde. Dadurch seien leider Gruppen zerrissen worden. "Das kann nicht die endgültige Lösung sein", sagt sie. Dem Pflegepersonal schenkt sie nach wie vor uneingeschränktes Lob: "Freundlich und engagiert." Allerdings ruhe auf dem Personal in der Umstrukturierungsphase ein gewisser Druck, der auch für die Bewohner wie ihre Mutter spürbar sei.