AfD-Bezirk sieht Wechsel an Parteispitze positiv

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Georg Hock ist und bleibt AfD-Kreisvorsitzender für Kulmbach-Lichtenfels. Foto: BR-Archiv/Jochen Nützel
Georg Hock ist und bleibt AfD-Kreisvorsitzender für Kulmbach-Lichtenfels. Foto: BR-Archiv/Jochen Nützel

Parteigründer Bernd Lucke hat die Alternative für Deutschland (AfD) verlassen - jetzt hagelt es Austritte. Der Kreisvorsitzende für Kulmbach und Lichtenfels, Georg Hock aus Wonsees, sieht darin einen längst fälligen Selbstreinigungsprozess.

"Selbstverständlich bin ich noch Mitglied in der AfD!" Die Antwort kommt wie aus dem Teilchenbeschleuniger geschossen. Georg Hock muss nicht überlegen, ob er nach dem Hickhack an der Spitze der Bundespartei und dem Wechsel von Bernd Lucke zu Frauke Petry der Alternative für Deutschland treu bleibt. "Keine Frage." Der Wonseeser ist Kreisvorsitzender für Kulmbach und Lichtenfels sowie stellvertretender Bezirksvorsitzender für Oberfranken.

Nahezu der gesamte Kreisvorstand der AfD für Coburg-Kronach hat nach dem Bundesparteitag den Austritt verkündet. Wie steht es bei Ihnen?
Georg Hock Das komplette Gremium, sieben Mann hoch, ist weiterhin dabei. Wir hatten einen Austritt bei unseren Mitgliedern. Das war es.

Sie waren beim Bundesparteitag in Essen. Ihre Einschätzung?
Es war der beste, den ich je erlebt habe. Hervorragend geleitet vom Tagespräsidium, das sich erstmalig neutral verhalten hat. Da hat es schon mal keiner aus dem erweiterten Lucke-Bereich hinein geschafft. Jedenfalls wurde heftig diskutiert und auch mal gestritten und gerufen. Aber von Tumulten, wie mancher berichtete, kann keine Rede sein. Ich sage mal so: Dieser AfD-Parteitag war so wie früher ein Parteitag bei den Altparteien. Da ging es auch noch lebhaft zu. Die Veranstaltungen heute sind ja Delegiertentreffen und stinklangweilig. Da ist alles gesteuert.

Kam das Ergebnis für Petry und gegen Lucke für sie überraschend?
Lucke hat ja mehr so einen Rechenschaftsbericht gehalten als Vorsitzender. Aber nach der fulminanten Rede von Konrad Adam, seiner bisher besten, war mir klar: Bernd Lucke wird es nicht mehr werden.

Werten Sie den Führungswechsel als positiv für die Partei?
Ja, das war ganz wichtig. Ich sehe die Partei jetzt auch nicht auf einem Rechtskurs. Dieses Schubladendenken und Einsortieren in Wirtschaftsliberale und Nationalkonservative war schon immer bodenloser Unfug und entbehrte jeder Grundlage. Ich bin nationalkonservativ in gesellschaftlicher Hinsicht oder mit Blick auf die EU, andererseits bin ich wirtschaftsliberal, ich habe ja lange Unternehmen beraten. Auf gewissen Gebieten würde ich mich gar als libertär bezeichnen. Unsere Programmrichtlinien sehen sieben Kernpunkte vor, darunter das kritische Verhältnis zum Euro und zur EU in ihrer jetzigen Form, aber auch das klare Bekenntnis zu einem christlich-jüdischen Abendland und gegen eine Islamisierung: Von all diesen Punkten hat sich Professor Lucke Zug um Zug gelöst. Es gab Parteitagsbeschlüsse etwa gegen weitere Sanktionen gegen Russland und große Mitgliederbedenken gegen die Form des Freihandelsabkommens TTIP. In beiden Fällen hat Lucke im EU-Parlament gegen diese Mehrheiten gestimmt. Das ist in einer so wepsigen Partei tödlich. Er hat keinen Zusammenhalt mehr herstellen können. Nicht die Partei hat sich gewandelt oder haben sich deren Mitglieder von der AfD abgewandt, sondern Lucke hat sich von den Grundüberzeugungen verabschiedet. Dann kommen noch persönliche Animositäten hinzu, wobei ich da vieles nur aus der Medienberichterstattung kenne. Lucke gilt als sehr schwierige Persönlichkeit, auch menschlich.

War das ein notwendiger Selbstreinigungsprozess?
Kann man sagen. Leute wie ein Hans-Olaf Henkel haben viel Unruhe in die Partei getragen und auch einen unguten Einfluss auf Bernd Lucke gehabt. Da war dann irgendwann von Querulantentum die Rede.

Klassische Lagerbildung also.
Der Dissens besteht für mich darin: Es gibt die Lucke-Gruppe, von denen jetzt vielleicht 2000 oder 3000 austreten. Das sind die, die gegrüßt werden wollen. Sie haben sich längst der Stromlinineform der übrigen Parteienlandschaft angepasst und wollen schnell koalitionstauglich werden. Dann gibt es die große Mehrheit in der Partei, und dazu zähle auch ich mich, die sagen: Wir wollen auf absehbare Zeit Opposition sein. Wir sind auch programmatisch noch nicht so detailliert aufgestellt, als dass wir uns in Regierungs fantastereien verrennen. Die AfD kann in Ländern oder auf kommunaler Ebene Bündnisse eingehen, aber nicht im Bund.

Bleiben wir regional: Ist Ihre Aufgabe im Bezirk schwieriger geworden?
Überhaupt nicht. Unser Kreisverband ist mit seinen 33 Mitgliedern nicht der größte, aber der mit Abstand stabilste. Deswegen gab es auch nur diesen besagten einen Austritt.

Womit beschäftigen Sie sich aktuell besonders?
Ich bin sozusagen ganztägig und halbnächtlich dabei, in anderen Kreisverbänden, wo momentan weniger Ruhe und Einmütigkeit herrscht, als Versammlungsleiter zu fungieren. Ich war in der Satzungskommission und kenne mich in den wichtigen rechtlichen Fragen ganz gut aus. Das ist jetzt vonnöten, wenn neue Vorstände gewählt werden müssen. In Hof sind der Vorsitzende und die Schatzmeisterin zurückgetreten, die Entwicklungen in Kronach und Coburg wurden ja bereits erwähnt. Dieser Kreisverband hat nur mehr ein Vorstandsmitglied und ist so nicht mehr handlungsfähig. Dort werde ich vor Ort beim Mitgliedertreffen sein und mitwirken, damit bald wieder eine funktionierende Parteispitze ins Amt kommt. Das beschäftigt mich momentan stark.

Aber Sie treten da nicht auf als Versöhner, der die Reisenden aufhalten will?
Nein, die Sache ist erledigt, diese Leute sind ausgetreten und schon nicht mehr da. Ich werde da Ausführungen zum Parteitag halten und klären, wie der künftige Vorstand zu wählen ist.