Vier Jahre, drei Monate, 16 Tage war Erik Burkhardt auf Wanderschaft. Nun hieß ihn ein großes Empfangskomitee daheim willkommen.
Heinersreuth wartete am Wochenende auf die Rückkehr "seines" Wanderburschen. Um Punkt 16 Uhr hatten sich die Familie von Erik Burkhardt - "Vaddern" Alexander und "Muddern" Regina sowie Bruder Patrick - am Ortsschild eingefunden. So ist es Brauch. Und mit ihnen warteten Verwandte und Bekannte auf den Heimkehrer. Erik Burkhardt war als Schreiner vor genau vier Jahren, drei Monaten und 16 Tagen auf Wanderschaft gegangen. Mindestens drei Jahre und einen Tag musste er wegbleiben und während dieser Zeit darf ein Wanderbursche seinem Heimatort nicht näher als fünfzig Kilometer kommen. So lautete die Regel.
Eine halbe Weltreise
Erik allerdings verspürte nach drei Jahren und einem Tag noch keine Sehnsucht, in die Schü belsmühle zurückzukehren. Er war länger unterwegs. Seine Reise führte ihn durch ganz Deutschland, nach Norwegen und Schweden. Erik bereiste das Baltikum, Kanada, die USA. Er war in Polen, in Dänemark, in Österreich, in der Schweiz, in Rumänien und in Ungarn. "Es war nicht immer leicht. Denn ein Wanderbursche darf kein Handy oder Smartphone bei sich haben. Das ist die Regel", erzählt Mutter Regina.
Und trotzdem wusste die Familie zu Hause fast immer, wo er sich ungefähr aufhält. Denn die Burschen sind unterwegs vernetzt, benachrichtigen "Vaddern" und "Muddern", wenn sie den Wanderburschen gesehen haben. Dass Erik seit einer Woche in der Gegend ist, war bekannt. Vorsichtshalber hatte die Familie, um auch die anderen Wanderburschen zu benachrichtigen, den Aufenthaltsort auf Band gesprochen. Denn beim Abschied und bei der Ankunft gibt es einen Spinnermarsch. Dabei kommen viele Wanderburschen zusammen, gehen hinter dem sich Verabschiedenden her, geleiten ihn quasi nach Hause.
Mittwochs war die Truppe in Zaubach, dann ging es weiter nach Wartenfels. Sie wurden in Stadtsteinach und Kulmbach gesehen. Und täglich stießen neue Wandergesellen dazu. "Mich haben sie in Kulmbach besucht. Das hat mich richtig gefreut, denn dass Schreiner auf Wanderschaft gehen, ist richtig selten", sagte Berufschullehrer Burkard Schneider. Für ihn war es eine Ehrensache, dass er zum Empfang nach Heinersreuth kommt, um den Heimkehrer zu feiern.
Als langsam die "schwarzen Männer" am Horizont auftauchten, war das Hallo groß. Doch die Gesellen tauschten erst noch ihre Erlebnisse aus. Erik Burkhardt verabschiedete sich von jedem seiner Kollegen. Und dann lief er los - allein Richtung Ortsschild. Er warf sein Bündel weg, umarmte Vater und Mutter. Schon flossen Tränen. "Das ist Emotion pur", sagt Papa Alexander Burkhardt glücklich.
Die Eltern freuen sich, dass künftig der Wanderbursche in der heimischen Schreinerei und Möbelmanufaktur mitarbeiten kann. Auch Bruder Patrick (26) fiel ein Stein von Herzen, dass die weite Reise zu Ende ist. "Für mich wäre das wirklich nichts, so weit weg zu sein, immer unterwegs. Ich würde wahrscheinlich nach zwei Tagen wieder nach Hause gehen."
Musikalische Grüße aus Boos
Doch nicht nur viele Bekannte, Freunde und Verwandte aus Heinersreuth und Presseck hießen den Wanderburschen aus der Schübelsmühle nach seiner Tour durch die halbe Welt willkommen, auch Bekannte von unterwegs reisten an. Der Musikverein aus Boos schickte eine Abordnung, spielte auf. Dort fand Erik Freunde, weil er einen Kuhstall gebaut hatte. Der Chor Cäcilia aus Enchenreuth sang zu Ehren von Erik Burkhardt ein Ständchen.
Die Tatsache, dass der Wanderer bei der Heimkehr noch rote Striemen an den Wangen hatte und rosa lackierte Fingernägel zum derben Zunft-Outfit trug, hatte etwas mit dem Abschiedsritual der Burschen zu tun: Am Abend vorher wurde in Presseck gefeiert, Erik musste auf dem "Catwalk" laufen - natürlich verkleidet, mit angeklebten Wimpern und lackierten Nägeln. Ein Spaß zum Ende seines "freien" Lebens.
Von den Erfahrungen kann er noch viele Jahre zehren. "Wir hoffen, dass er jetzt all das bei uns einbringt und er bleibt", sagte Pressecks Bürgermeister Siegfried Beyer zur Begrüßung.