Wer Zivilcourage zeigt, muss nicht immer mit einer Heldentat glänzen oder sich gar selbst in Gefahr bringen. Auch kleine Taten zählen. Beamte der Kronacher Polizei erklären, wieso Bürgermut schon bei einer Zeugenaussage beginnt.
Samstagnacht. Kurz nach 3 Uhr. Auf dem Weg durch die Kronacher Innenstadt fällt eine Gruppe Männer auf, es wird laut diskutiert, der Tonfall wird zunehmend aggressiver. Sie beginnen sich zu schubsen. Die Situation droht zu eskalieren. Was ist zu tun?
"Die schlechteste Lösung? Sich einfach abzuwenden und weiterzugehen", sind sich Gerhard Anders, Pressesprecher der Kronacher Polizei, und sein Kollege Matthias Stöcker einig. Die geschilderte Situation ist fiktiv, jedoch nicht allzu weit hergeholt. Erst vor Kurzem wurde vor dem Landgericht Coburg ein Fall von versuchtem Totschlag verhandelt. Opfer war ein 51-jähriger Mann, der in eine ähnliche Situation auf dem Kronacher Marienplatz eingriff - dessen Zivilcourage ihm allerdings zum Verhängnis wurde.
Immer eine Ermessensfrage
Doch wie geht man mit Situationen um, in denen sich abzuwenden und weiterzugehen die schlechteste Lösung ist? Es sei immer eine Ermessensfrage, ob man sich aktiv in eine solche Situation einmische, sagt Anders. "Das sollte jeder mit gesundem Menschenverstand einschätzen und sich fragen: Ist mir das zuzumuten? Oder würde ich mich nur selbst in Gefahr bringen?" Ganz unabhängig vom Einzelfall sei eines immer geraten: den Notruf zu wählen und die Polizei zu informieren. "Am besten man schildert den Kollegen dann am Telefon die Situation so genau wie möglich." Dabei sollte man Ruhe bewahren und Hektik vermeiden und aufmerksam alles beobachten - wenn man alleine unterwegs ist, besser aus der Distanz. "Wenn ich selbst zum Opfer werde, erreiche ich nichts. Als Beobachter kann ich die Polizei mit meiner Zeugenaussage später aber unterstützen."
Szenenwechsel. Die Tanzfläche auf einer Party. Eine junge Frau wird immer wieder angetanzt. Sie fühlt sich sichtlich unwohl, weicht ihrem Gegenüber aus. Der Mann aber lässt nicht locker und greift ihr an die Hüfte, legt den Arm um ihre Schultern. Sie kann sich nicht von ihm lösen.
"Der erste Ansprechpartner ist in der Regel der Security-Dienst", sagt Matthias Stöcker zu dieser Situation. Ist von den Sicherheitsmitarbeitern gerade niemand greifbar, sollte man sich an das Barpersonal wenden. Auch Anders hält das für die klügere Entscheidung, als selbst einzugreifen. "Die Mitarbeiter vom Sicherheitsdienst sind für solche Situationen geschult. Sie sind meist auch als Offizielle erkennbar - und es hat entsprechend eine andere Wirkung, wenn sie eingreifen." Sie könnten dann auch direkt Hausrecht ausüben und dafür sorgen, dass die Personen die Veranstaltung verlassen und bei Bedarf die Polizei benachrichtigen.
Aussage zum Opferschutz
Was man selbst tun kann? Als Zeuge zur Verfügung stehen. "Das ist auch ein Stück weit Zivilcourage und dient zugleich dem Opferschutz." Denn ein Außenstehender, der einen neutralen Blick auf die Situation hatte und sie beschreiben kann, spreche auch für die Glaubwürdigkeit der Geschädigten.
Szenenwechsel. Schwedenstraße. Eine offensichtlich alkoholisierte Gruppe Jugendlicher zieht durchs nächtliche Kronach und beginnt zu randalieren, Blumenkästen umzuwerfen und gegen Straßenschilder und parkende Autos zu treten.