Was die Wohnung kosten darf: Erster Schritt zu einem Mietspiegel im Landkreis Kronach

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Das ehemalige KWG-Gebäude am Inneren Ring: Ein Mietspiegel könnte Mieterhöhungen in Kronach transparenter machen. Foto: Teresa Hirschberg
Das ehemalige KWG-Gebäude am Inneren Ring: Ein Mietspiegel könnte Mieterhöhungen in Kronach transparenter machen. Foto: Teresa Hirschberg

Bei vielen Kronachern löst der Blick auf die monatliche Abrechnung Frust aus - und Unverständnis. Für Stadt und Landkreis gibt es keinen Mietspiegel, wäre aber laut Mieterverein dringend nötig. Doch die Idee scheiterte bereits mehrmals.

Wenn der Nachbar auf der anderen Seite des Hausflurs deutlich weniger zahlt, aber eine fast identische Wohnung hat, ist der Mietfrust groß - im Landkreis Kronach aber allgegenwärtig. Die Rufe nach einem Mietspiegel für Stadt und Landkreis werden immer lauter. So laut, dass Alfred Bittruf vom Kronacher Mieterverein und Anwältin Sabine Gross das Anliegen in der Stadtratssitzung am 25. Februar thematisierten.

"Es wäre angebracht, für Kronach endlich einen Mietspiegel einzuführen", findet Alfred Bittruf. In der Vergangenheit seien wiederholt Beschwerden aufgekommen, da Wohnungsmieten anhand von Vergleichsimmobilien erhöht wurden. Das betrifft in Kronach vor allem die Gebäude der ehemaligen Wohnungsbaugesellschaft (KWG), die zwischen 1958 und 1960 entstanden sind. "Das sind nicht unbedingt Komfortwohnungen", meint Sabine Gross. "Bei den Mieten gibt es aber große Unterschiede. Bei manchen zahlt man beispielsweise ohne Wärmedämmung mehr als bei Wohnungen mit Dämmung." Ein Zustand, den niemand nachvollziehen könne.

Wohnungen in Kronach nicht vergleichbar

Das Heranziehen sogenannter Vergleichswohnungen bilde nicht die tatsächlich ortsübliche Miete ab, erklärt Gross. Dafür wird die Durchschnittsmiete von Wohnungen errechnet, die dem betroffenen Objekt in Lage, Ausstattung und Baujahr möglichst ähnlich sind. "Das Vorgehen ist aber nicht gerichtsfest", macht die Anwältin deutlich.

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Tatsächlich seien die ausgewählten Wohnungen zu 95 Prozent eben nicht vergleichbar, meint auch Bittruf. "Und was die Mieter selbst reingesteckt haben, wird gar nicht berücksichtigt."

Es sei falsch, grundsanierte Wohnungen als Vergleich für solche heranzuziehen, deren Ausstattung geradezu "minderwertig" sei, echauffiert sich Bittruf über das Kostenprinzip. In Kronach würden die Mieten mit einer Preisspanne zwischen drei und sechs Euro pro Quadratmeter sowieso sehr unterschiedlich ausfallen.

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Die Einführung eines Mietspiegels könnte Klarheit schaffen. In früheren Stadtratssitzungen sei das Thema bereits aufgekommen, scheiterte aber immer an der Kostenfrage. "Für die Erstellung eines qualitativen Mietspiegels muss ein Sachverständiger beauftragt werden, der ihn nach wissenschaftlichen Methoden erhebt", erklärt Gross, die den Mieterverein in Rechtsfragen vertritt. "Das ist nicht billig." Die Alternative dazu sei ein einfacher Mietspiegel, den der Mieterverein gemeinsam mit dem Haus- und Grundbesitzerverein erstellen könnte. Aber: "Das wäre Aufwand ohne Sinn dahinter", wendet die Anwältin ein. "Damit können weder ein Gericht oder Mieter feststellen, ob die Preise tatsächlich ortsmäßig sind." Zudem hätte die Stadt durch den Verkauf der KWG-Wohnungen Geld eingenommen, das nun in einen Mietspiegel investiert werden könne, findet Gross.

Alle würden vom Mietspiegel profitieren

Von einem Mietspiegel würden sowohl Mieter als auch Vermieter profitieren, sind sich Gross und Bittruf einig. "Und Neubauten würden nicht mit KWG-Wohnungen in einen Topf geworfen", sagt die Anwältin. Im Kronacher Mieterverein sind nicht nur Stadtbewohner, sondern Bürger aus dem gesamten Landkreis vertreten. "Das zeigt doch, dass selbst Leute auf dem Land genauso viel Ärger mit Vermietern haben, wie die in der Stadt", betont Bittruf.

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In der Stadtratssitzung Ende Februar sei der Vorschlag bei mehreren Fraktionen gut angekommen, sagt er. Gross ist nicht ganz so optimistisch: "Der Vorschlag wurde in der Sitzung jedenfalls nicht abgelehnt", erzählt die Anwältin. Kronachs Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) wolle das Thema nun mit den Stadträten besprechen. "Aber bis sowas zum Tragen kommt, dauert es noch lange", ist sich Bittruf bewusst. Fest stehe für ihn aber, bei wem die Verantwortung liegt: "Die Kommunen sind zuständig und nicht wir als Verein. Das muss die Stadt schon selbst in Angriff nehmen."

Mit Verweis auf das Bürgerliche Gesetzbuch heißt es von Seiten des Landratsamtes, dass der Landkreis Kronach nicht für die Erstellung eines Mietspiegels zuständig sei. Diese Aufgabe müssten die einzelnen Gemeinden übernehmen, "sofern hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist". Mietspiegel seien normalerweise nur "in größeren Städten" üblich.

650 KWG-Wohnungen wurden 2011 an das Unternehmen ZBI verkauft. 2017 gingen sie an Union Investment.

2,87 Millionen Euro gab der Landkreis 2018 für Sozialwohnungen aus. Der Bund erstattete rund 1,35 Millionen.

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So funktionieren Mietspiegel und Vergleichsmiete

Vergleichsmiete Sie wird nur aus den Mieten errechnet, die in den vergangenen vier Jahren in einer Gemeinde oder Stadt für Immobilien mit ähnlicher Lage, Ausstattung und Größe festgelegt wurden.

Mietspiegel Mieter und Vermieter können daran die tatsächlich ortsüblichen Preise ablesen. Wird ein qualitativer Mietspiegel nach zwei Jahren nicht aktualisiert, wird er auf einen einfachen heruntergestuft.

Kritik Da Mietspiegel nur die gestiegenen Mieten der vergangenen vier Jahre erfassen, bilden sie keine Durchschnittsmiete, sondern Durchschnittserhöhungen ab.