Nicht auf einen Sektor begrenzt
;
Weitere Einrichtungen könnten hinzustoßen. Fischer hebt hervor: "Betrachtet man die einzelnen Fachgebiete, dann kann man erkennen, dass deren Arbeitsauftrag nicht nur auf den Sektor ,Jugend‘ begrenzt ist." Er denkt unter anderem an eine Wohneinheit für Frauen mit Gewalterfahrung. Etwas Vergleichbares gebe es im Kreis nicht mehr.
"Es geht nicht darum, die Idee eines Ortes für Senioren zu zerstören", betont er. Doch aus Kostensicht und als Botschaft an die Jugend wie die Erwachsenen könne eine Nutzung für soziale Zwecke sinnvoller sein, als aufwendig Wohnraum zu schaffen.
Landratsamt zieht Hand nicht zurück
;
Die Stadt Kronach hängt in Sachen "Spital" in der Warteschleife. Erst die Machbarkeitsstudie dürfte für eine endgültige Weichenstellung im Ratsgremium sorgen. So lange muss sich auch das Landratsamt gedulden, ob es seine Jugendarbeit in das frühere Seniorenheim verlegen kann. Entgegen der Befürchtungen einiger Stadtratsmitglieder scheint der Geduldsfaden der Kreisverwaltung jedoch strapazierfähig zu sein.
"Unsere Zielsetzung ist, die kommunale Jugendarbeit mehr in die Stadtmitte zu verlagern", erklärt Stefan Schneider, der Büroleiter von Landrat Klaus Löffler (CSU), auf Anfrage unserer Zeitung. Dabei sei der Vorstoß der Behörde jedoch nur als ein Angebot an die Stadt zu sehen. Bei der Suche nach Leerständen für dieses Vorhaben sei das Amt auf das Spital gestoßen und habe der Stiftung sein Interesse signalisiert. "Es ist unsererseits aber nur eine Option", räumt Schneider ein. "Wir beharren nicht darauf."
Wofür der Landrat Verständnis hat
;
Das Landratsamt und der Landrat verfolgen die Entwicklung derzeit "vollkommen losgelöst von einem Zeitplan". Die Machbarkeitsstudie soll abgewartet werden. Ebenso müssten vor einer Entscheidung Vorgaben (Denkmalschutz, bauliche Auflagen) berücksichtigt werden, wie Schneider zu Bedenken gibt. Deshalb zeige Löffler auch volles Verständnis für die abwartende Haltung des Kronacher Stadtrats. Schneider betont: "Die Hand bleibt ausgestreckt. So eine grundlegende Entscheidung kann man ja nicht übers Knie brechen."
Sollte die Stadt letztlich zugunsten der Jugendarbeit entscheiden, dann würde die Behörde nur ihre Angebote für die Kinder- und Jugendarbeit umquartieren, wie Schneider versichert. "Wir wollen keine Dependance unserer Verwaltung schaffen!"
Angela Hofmann: "Studie ist eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage"
Wie geht die Stadt Kronach momentan mit der Angelegenheit "Spital" um. Wir fragten Zweite Bürgermeisterin Angela Hofmann (CSU). Wie ist die Resonanz zur Machbarkeitsstudie?
Angela Hofmann: Von fünf angeschriebenen Architekturbüros haben drei Büros ein Angebot abgegeben. Ich gehe davon aus, dass der Stadtrat in der kommenden Sitzung am 29. Oktober festlegen wird, welches Büro den Auftrag zur Erstellung der Machbarkeitsstudie bekommt.
Welche Zeitspanne ist für eine solche Studie realistisch?
Die Erstellung der Machbarkeitsstudie wird circa fünf Monate in Anspruch nehmen. Die Studie sollte demnach spätestens Ende März 2019 vorliegen. Die Machbarkeitsstudie ist eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat, was die spätere Nutzung anbelangt, und muss gut durchdacht sein, da sie sehr weitreichend ist. Circa vier Wochen nach dem Vorliegen der Studie wird im Stadtrat eine Entscheidung zur Nutzung getroffen werden können.
Treten zurzeit - abseits der offiziellen Senioren- und Jugendvertreter - Bürger zu diesem Thema an die Stadt heran?
Für die Nutzung als Single-Appartements allgemein beziehungsweise als Wohnraum für rüstige Senioren gibt es nach meinen Informationen viel Zuspruch aus der Bevölkerung.
Hintergrund: Das Bürgerspital
;
Seine Wurzeln hat das mehrfach niedergebrannte Spital vermutlich schon im 14./15. Jahrhundert. Früher wurde der Gebäudekomplex als Hospital und Wohltätigkeitsanstalt genutzt, in der jüngeren Vergangenheit diente es in erster Linie als Pflege- und Seniorenheim (bis 2014). Von 2015 bis 2017 wurden dort vorübergehend Flüchtlinge untergebracht. Die Spitalstiftung wird von der Stadt Kronach verwaltet.
Kommentar von Marco Meißner: Zwischen Herz und Verstand
Für meine Großmutter stand eines immer fest: Wenn sie einmal in ein Seniorenheim muss, dann nur ins Spital. Dazu gekommen ist es nie. Doch wie ihr ging und geht es vielen älteren Kronachern. Für diese ist das Spital eine Herzensangelegenheit. Und eine Seniorenangelegenheit.
Die älteren Menschen verbinden mit diesem Gebäude ein idyllisches Plätzchen, das zugleich am Pulsschlag der Innenstadt liegt. Mittendrin statt nur dabei - das gilt in diesem Fall nicht nur für Sportfans, sondern auch für die Ältere Generation. Sie sucht die Nähe zum Geschehen in ihrer Stadt. Sie will den Anschluss nicht verlieren.
Allerdings findet sich die Jugend ebenfalls genau dort, wo die Schülerströme entlangführen, wo man chillen und ein Eis essen kann und wo Einkaufsmöglichkeiten bestehen - also in der Innenstadt. Sich dort mit Angeboten für die jungen Leute anzusiedeln, ist eine vernünftige Entscheidung. Eine Kopf-Entscheidung.
Viele Ansprechpartner könnten im großen Spital angesiedelt werden, die Spitalstiftung hätte zeitnah wieder eine Einnahmequelle und die jungen Leute müssten ihre Angelegenheiten nicht im erschlagend großen Landratsamt erledigen. Argumente haben also beide Seiten. Die Frage ist nun, was die Politik will: Bauchgefühl oder Pragmatismus. Beides unter einen Hut zu bringen, wird nicht klappen.