Vorschlag: So könnte es mit dem Kronacher Bürgerspital weitergehen

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Eine Machbarkeitsstudie soll klären, wie das Kronacher Bürgerspital zukünftig genutzt werden kann. Foto: Marian Hamacher
Eine Machbarkeitsstudie soll klären, wie das Kronacher Bürgerspital zukünftig genutzt werden kann. Foto: Marian Hamacher
Hanni Wachter Foto: Marian Hamacher
Hanni Wachter Foto: Marian Hamacher
 

Für das leerstehende Gebäude wird eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Sie soll zeigen, ob sich eher eine Nutzung für Senioren oder Jugendliche anbietet.

Schon seit Jahren wird nach einer neuen, dauerhaften Nutzung für das leerstehende Bürgerspital gesucht. Inzwischen gibt es zwei Ansatzpunkte, die im Stadtrat ebenso wie im Stadtgespräch für hitzige Diskussionen sorgen. Soll der Gebäudekomplex, wie früher, für die Senioren genutzt werden oder doch der Jugend zugute kommen?

Eine Entscheidung darüber will das Ratsgremium erst nach einer Machbarkeitsstudie treffen. Bis dahin können die Interessenten ihre Positionen weiter herausarbeiten und so zur Versachlichung beitragen. Die wünschen sich nämlich beide Seiten händeringend.

"Ich habe überhaupt nichts gegen die Jugend", versichert Hanni Wachter. Die Vorsitzende des Kronacher Seniorenbeirats steht einer Spitalnutzung durch das Landratsamt und Jugendorganisationen dennoch sehr skeptisch gegenüber. Das Spital als Amtsstube mag sie sich so gar nicht vorstellen. Was nicht heißt, dass jüngere Leute ausgeschlossen werden sollen. Sie könne sich etwa einen Gemeinschaftsraum vorstellen, in dem auch die Jugend willkommen wäre.

Was schwer umsetzbar ist

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Generell sollte das Spital ihrer Ansicht nach aber für Senioren genutzt werden. "Als Pflegeheim würde es wohl eher nicht klappen", erklärt sie. Das wäre baulich und finanziell wohl schwer umsetzbar. Der Seniorenbeirat macht sich vielmehr Gedanken über Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen für sozial schwächere Senioren. Diese Wohnungen sollten aber Eigentum der Stadt oder der Spitalstiftung bleiben, damit sozial erträgliche Mieten gesichert bleiben. "Es gibt heute schon arme Rentner", erklärt Wachter, "und es werden in Zukunft sicher mehr". Diesen Menschen erschwinglichen Wohnraum in der Innenstadt anzubieten, sei für die ältere Generation nicht nur eine Herzensangelegenheit, sondern auch zielführend. Im Gegensatz zu den oft gebrechlichen Senioren seien die Jugend und die Behördenmitarbeiter auch nicht so extrem auf kurze Wege angewiesen.

Was die finanzielle Seite angeht, glaubt die Vorsitzende des Seniorenbeirats nicht, dass eine Nutzung durch das Landratsamt und die Jugendorganisationen die Stadt spürbar besser dastehen ließe als ein Konzept für Senioren. Ein Umbau zu Wohnraum sollte ihrer Ansicht nach bei Weitem nicht so aufwendig und kostspielig ausfallen wie eine Modernisierung für ein Pflegeheim.

Wachter zweifelt außerdem daran, dass früher zu generierende Mieteinnahmen durch eine Jugendnutzung merklich in der Seniorenarbeit - sie ist Stiftungszweck - zu spüren wären. "Das Spital gehört einfach zu Kronach dazu - und es war immer für Senioren da", pocht sie auf ein Konzept für die Älteren. Zentrumsnahe Alternativen zu diesem Gebäude seien zudem nicht ersichtlich.

Andy Fischer, der Vorsitzende des Kreisjugendrings (KJR), will ebenso wenig wie Wachter einen Clinch der Generationen. Auch für ihn geht es ganz sachlich um eine Idee, die er als sinnvolles Angebot an die Stadt versteht. Er spricht von einem Einzug der KJR-Geschäftsstelle, von Büroräumen für die Jugendarbeit, für die Präventionsstelle des Landratsamtes, für den Streetworker und die Gleichstellungsbeauftragten.

Nicht auf einen Sektor begrenzt

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Weitere Einrichtungen könnten hinzustoßen. Fischer hebt hervor: "Betrachtet man die einzelnen Fachgebiete, dann kann man erkennen, dass deren Arbeitsauftrag nicht nur auf den Sektor ,Jugend‘ begrenzt ist." Er denkt unter anderem an eine Wohneinheit für Frauen mit Gewalterfahrung. Etwas Vergleichbares gebe es im Kreis nicht mehr.

"Es geht nicht darum, die Idee eines Ortes für Senioren zu zerstören", betont er. Doch aus Kostensicht und als Botschaft an die Jugend wie die Erwachsenen könne eine Nutzung für soziale Zwecke sinnvoller sein, als aufwendig Wohnraum zu schaffen.

Landratsamt zieht Hand nicht zurück

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Die Stadt Kronach hängt in Sachen "Spital" in der Warteschleife. Erst die Machbarkeitsstudie dürfte für eine endgültige Weichenstellung im Ratsgremium sorgen. So lange muss sich auch das Landratsamt gedulden, ob es seine Jugendarbeit in das frühere Seniorenheim verlegen kann. Entgegen der Befürchtungen einiger Stadtratsmitglieder scheint der Geduldsfaden der Kreisverwaltung jedoch strapazierfähig zu sein.

"Unsere Zielsetzung ist, die kommunale Jugendarbeit mehr in die Stadtmitte zu verlagern", erklärt Stefan Schneider, der Büroleiter von Landrat Klaus Löffler (CSU), auf Anfrage unserer Zeitung. Dabei sei der Vorstoß der Behörde jedoch nur als ein Angebot an die Stadt zu sehen. Bei der Suche nach Leerständen für dieses Vorhaben sei das Amt auf das Spital gestoßen und habe der Stiftung sein Interesse signalisiert. "Es ist unsererseits aber nur eine Option", räumt Schneider ein. "Wir beharren nicht darauf."

Wofür der Landrat Verständnis hat

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Das Landratsamt und der Landrat verfolgen die Entwicklung derzeit "vollkommen losgelöst von einem Zeitplan". Die Machbarkeitsstudie soll abgewartet werden. Ebenso müssten vor einer Entscheidung Vorgaben (Denkmalschutz, bauliche Auflagen) berücksichtigt werden, wie Schneider zu Bedenken gibt. Deshalb zeige Löffler auch volles Verständnis für die abwartende Haltung des Kronacher Stadtrats. Schneider betont: "Die Hand bleibt ausgestreckt. So eine grundlegende Entscheidung kann man ja nicht übers Knie brechen."

Sollte die Stadt letztlich zugunsten der Jugendarbeit entscheiden, dann würde die Behörde nur ihre Angebote für die Kinder- und Jugendarbeit umquartieren, wie Schneider versichert. "Wir wollen keine Dependance unserer Verwaltung schaffen!"

Angela Hofmann: "Studie ist eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage"

Wie geht die Stadt Kronach momentan mit der Angelegenheit "Spital" um. Wir fragten Zweite Bürgermeisterin Angela Hofmann (CSU). Wie ist die Resonanz zur Machbarkeitsstudie?

Angela Hofmann: Von fünf angeschriebenen Architekturbüros haben drei Büros ein Angebot abgegeben. Ich gehe davon aus, dass der Stadtrat in der kommenden Sitzung am 29. Oktober festlegen wird, welches Büro den Auftrag zur Erstellung der Machbarkeitsstudie bekommt.

Welche Zeitspanne ist für eine solche Studie realistisch?

Die Erstellung der Machbarkeitsstudie wird circa fünf Monate in Anspruch nehmen. Die Studie sollte demnach spätestens Ende März 2019 vorliegen. Die Machbarkeitsstudie ist eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat, was die spätere Nutzung anbelangt, und muss gut durchdacht sein, da sie sehr weitreichend ist. Circa vier Wochen nach dem Vorliegen der Studie wird im Stadtrat eine Entscheidung zur Nutzung getroffen werden können.

Treten zurzeit - abseits der offiziellen Senioren- und Jugendvertreter - Bürger zu diesem Thema an die Stadt heran?

Für die Nutzung als Single-Appartements allgemein beziehungsweise als Wohnraum für rüstige Senioren gibt es nach meinen Informationen viel Zuspruch aus der Bevölkerung.

Hintergrund: Das Bürgerspital

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Seine Wurzeln hat das mehrfach niedergebrannte Spital vermutlich schon im 14./15. Jahrhundert. Früher wurde der Gebäudekomplex als Hospital und Wohltätigkeitsanstalt genutzt, in der jüngeren Vergangenheit diente es in erster Linie als Pflege- und Seniorenheim (bis 2014). Von 2015 bis 2017 wurden dort vorübergehend Flüchtlinge untergebracht. Die Spitalstiftung wird von der Stadt Kronach verwaltet.

Kommentar von Marco Meißner: Zwischen Herz und Verstand

Für meine Großmutter stand eines immer fest: Wenn sie einmal in ein Seniorenheim muss, dann nur ins Spital. Dazu gekommen ist es nie. Doch wie ihr ging und geht es vielen älteren Kronachern. Für diese ist das Spital eine Herzensangelegenheit. Und eine Seniorenangelegenheit.

Die älteren Menschen verbinden mit diesem Gebäude ein idyllisches Plätzchen, das zugleich am Pulsschlag der Innenstadt liegt. Mittendrin statt nur dabei - das gilt in diesem Fall nicht nur für Sportfans, sondern auch für die Ältere Generation. Sie sucht die Nähe zum Geschehen in ihrer Stadt. Sie will den Anschluss nicht verlieren.

Allerdings findet sich die Jugend ebenfalls genau dort, wo die Schülerströme entlangführen, wo man chillen und ein Eis essen kann und wo Einkaufsmöglichkeiten bestehen - also in der Innenstadt. Sich dort mit Angeboten für die jungen Leute anzusiedeln, ist eine vernünftige Entscheidung. Eine Kopf-Entscheidung.

Viele Ansprechpartner könnten im großen Spital angesiedelt werden, die Spitalstiftung hätte zeitnah wieder eine Einnahmequelle und die jungen Leute müssten ihre Angelegenheiten nicht im erschlagend großen Landratsamt erledigen. Argumente haben also beide Seiten. Die Frage ist nun, was die Politik will: Bauchgefühl oder Pragmatismus. Beides unter einen Hut zu bringen, wird nicht klappen.