Turnerheim war Stöckleins zweites Zuhause

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Manfred Stöckleins Zeit in der Turnerschaft spiegelt auch die Entwicklung des Vereins wider. Zu seiner Verabschiedung aus dem Ehrenamt erhielt er die Eckpunkte seine Sportler- und Funktionärslaufbahn als Kollage überreicht.
Manfred Stöckleins Zeit in der Turnerschaft spiegelt auch die Entwicklung des Vereins wider. Zu seiner Verabschiedung aus dem Ehrenamt erhielt er die Eckpunkte seine Sportler- und Funktionärslaufbahn als Kollage überreicht.

Manfred Stöcklein ist seit 70 Jahren Mitglied der Turnerschaft Kronach. Fast 50 Jahre hat er sich im Verein durchgehend als Abteilungsleiter und Vorstandsmitglied engagiert. Nun trat er nicht mehr zur Wahl an.

Die Turnhalle war bis vor wenigen Tagen seine zweite Heimat. Nun wurde Manfred Stöcklein als Vorstandsmitglied verabschiedet und gab die Verantwortung des Zweiten Vorsitzenden bei der Turnerschaft Kronach in jüngere Hände. "Ich war zuletzt für Haus und Hof zuständig", blickt er auf sein breites Tätigkeitsspektrum im und am Turnerheim zurück. Doch diese Funktion war nur ein Eckpunkt in seiner langen Laufbahn als Sportler und Vereinsfunktionär.

47 Jahre lang war der heute 76-jährige Ehrenvorsitzende der TS Kronach im Ehrenamt für seinen Verein stets zur Stelle. Seit 70 Jahren gehört er der Turnerschaft an. Viele Erinnerungen haben sich in dieser Zeit angesammelt. "Von 1963 bis 1984 habe ich die Fechtabteilung geführt", berichtet er. "Da hatten wir neben Ludwigsstadt, wo ich die Abteilung mit aufgebaut habe, die einzige im Landkreis. Wir waren teilweise über 60 Mitglieder." Stöcklein selbst war sogar mehrmals bei Bayerischen Meisterschaften am Start.

Sport wurde zu teuer

"Das Fechten bescherte mir eine unauslöschliche Zeit, die sportlich viel bewegt hat", sagt das Urgestein der Turnerschaft. Doch irgendwann sei dieser Sport leider zu teuer geworden, und die Einführung der elektronischen Waffen habe endgültig für einen Schlussstrich in Kronach gesorgt.

"Nebenbei" war Stöcklein schon damals als Funktionär für den Sportverein im Einsatz. Zunächst war er Mitgliederwart. Zu einer Zeit, als noch mit Hand Beitragskärtchen geschrieben wurden. "Mit Hausmeister Zapfe bin ich dann von Tür zu Tür gegangen, habe die Beiträge kassiert", sagt er und ergänzt mit einem Schmunzeln: "Man braucht nicht zu denken, dass man überall gleich Geld bekommen hat. Zum Teil mussten wir zwei-, dreimal hinlaufen."

Natürlich habe die Turnerschaft damals noch nicht die heutige Mitgliederzahl gehabt, und auch die vielen auswärtigen Mitglieder habe es noch nicht gegeben.

Von 1972 bis 1991 war Stöcklein Hauptkassier. Ebenfalls eine bewegte und arbeitsreiche Zeit, in die unter anderem der Bau der neuen Sporthalle fiel. Im Anschluss wurde das Turnerheim für ihn als Zweiter Vorsitzender endgültig zur Hauptaufgabe. In dieser Funktion war Stöcklein bis heuer dafür zuständig, dass das Gebäude und sein Umfeld in Schuss geblieben sind. Und je älter die Halle mit ihrer Gaststätte wurde, umso mehr musste auch Hand angelegt werden.

"Irgendwann gingen die Reparaturen los. Die Heizung war kaputt. Wir hatten auch schon drei Rohrbrüche", erklärt der Ehrenvorsitzende. Viele Stunden war Stöcklein daher mit den Monteuren in der Halle oder hat selbst zum Werkzeug gegriffen. Doch zu viel ist ihm die Arbeit nicht geworden, denn sein Herz habe an allen seinen Tätigkeiten für die TS Kronach gehangen. Er war "die Seele des Vereins", wie BLSV-Kreisvorsitzender Karl H. Fick über Stöcklein sagte.

Jubiläum miterleben

"Mit der Zeit wurde es natürlich immer schwieriger", spricht der 76-Jährige die wachsende Belastung durch das Alter der Halle und die steigende Zahl der Abteilungen an. "Teilweise bin ich dreimal am Tag ins Turnerheim gefahren." Dass er dennoch nicht amtsmüde wurde, lag auch an der Perspektive, 2011 noch das 150. Vereinsjubiläum mitfeiern und -gestalten zu können. "Sonst hätte ich wohl schon früher aufgehört." Nach diesem Höhepunkt - nur einer von vielen in Stöckleins Laufbahn bei der TSK - hat er sich nun aber von seinen Posten verabschiedet.

Das tat er jedoch mit der Zuversicht, dass "seine" Turnerschaft auf dem richtigen Kurs bleiben wird. "Ich hoffe, dass die Jungen in unserem Sinn weitermachen", wünscht er sich und fügt an: "Diese Hoffnung habe ich, weil wir alle Posten besetzen konnten und es engagierte Leute sind, die jetzt die Verantwortung übernommen haben."

Archiv-Bericht zum Jubiläum der TS Kronach im Jahr 2011


Seit 150 Jahren prägt die Turnerschaft Kronach die Geschichte des Sports im Landkreis entscheidend mit. Seit etwa 45 Jahren trägt Manfred Stöcklein dazu bei: Von 1966 bis 1972 war er Mitgliederwart, von 1978 bis 1983 Abteilungsleiter Fechten sowie von 1971 bis 1992 Hauptkassierer. Seitdem ist er Zweiter Vorsitzender und - nach eigenem Bekunden - universell einsetzbar für "Haus und Hof".

Seit 69 Jahren hält der heute 74-Jährige dem Verein die Treue. "Ich kam als Knirps zur Turnerschaft. Meine Familie wohnte in der Kaulangerstraße. Ich hatte es also nicht weit zum ehemaligen Vereinsheim an der Ecke Rodacher/Friedhof-Straße - dort, wo jetzt das Parkdeck steht", erinnert sich der Kronacher.
Seine Mutter habe ihn zum Turnen geschickt, was ihm Spaß gemacht habe, so dass er später Vorturner geworden sei.

Ursprung im Jahr 1924

"Meine Leidenschaft aber war das Fechten", erzählt Manfred Stöcklein mit leuchtenden Augen. Dazu sei er über seinen Freund Guntram Wolf gekommen. "Die erste Fechtabteilung der Turnerschaft war 1924 von Julius Dauer und Josef Heim gegründet worden, die als ,Hasenstein und Vogler‘ auf Turnieren erfolgreich waren. Hinzu gesellten sich noch Oskar Schöttl und Heinz Brückner", erklärt Stöcklein. Nachdem der Beginn des Zweiten Weltkriegs ein erstes Aus für die Abteilung bedeutet habe, hätten die Verantwortlichen 1950 einen Neuanfang gewagt. "Es war ein schwerer Start, denn man musste auf die noch nicht freigegebenen Waffen verzichten. Nur ein paar übrig gebliebene Florette und eine abgetragene Maske gingen von Hand zu Hand", blickt er zurück.

Nach einem Tief 1951 und 1952 sei der Aufstieg erfolgt. Größte Erfolge seien 1953 der 13. Platz von Guntram Wolf bei den deutschen Jugendmeisterschaften in Bonn mit dem Florett und der zweite Platz bei den bayerischen Meisterschaften in Regensburg mit dem Säbel gewesen. 1955 hätten Hans Schreiber und Albert Fahrmeier die Abteilung übernommen. Von da an seien weitere Erfolge zu verzeichnen gewesen. "Ich konnte im gleichen Jahr bei den bayerischen Meisterschaften in Bayreuth den siebten Platz mit dem Säbel belegen", freut sich der Zweite Vorsitzende.

1956 habe die Damenmannschaft die nordbayerische Meisterschaft in Fürth mit dem Damenflorett erfochten. "Auch in den folgenden Jahren spielte das Fechten bei der Turnerschaft eine große Rolle. Ich gehörte mit Guntram Wolf, Hans Rauh, Herbert Schreiber und Lothar Hammerschmidt zu den Stammfechtern", blickt Stöcklein stolz zurück. Gemeinsam habe man Siege bei Einzel- und Mannschaftswettkämpfen auf Kreis- wie auch Bezirksebene errungen. Auch die Frauen seien erfolgreich gewesen.

Ein herber Rückschlag

"Das Ausscheiden von Hans Schreiber als Abteilungsleiter und mehrerer ,Alter‘ bedeutete wieder eine längere Krise für die Abteilung", bedauert der Zweite Vorsitzende. 1976 sei erneut ein Neuanfang gemacht worden. Mit einer neuen Mannschaft, die nach Ablegen der Prüfung erfolgreich einige Turniere besucht habe, sei sich ein Hoffnungsschimmer aufgeflackert.

"Der hielt jedoch nur kurz an, denn durch den Grundwehrdienst und das Studium war kein geregelter Trainingsablauf mehr möglich. So musste unsere Abteilung 1984 aus mangelndem Interesse stillgelegt werden", bedauert Stöcklein, der gerne auf die vergangene Zeit zurückblickt.

Kondition und Konzentration

"Das Fechten ist ein besonderer Sport. Man kann nicht einfach eine Waffe wie Florett, Degen oder Säbel in die Hand nehmen und auf einen Gegner losschlagen. Es ist notwendig, sich durch längere Vorbereitung und das Ablegen einer Prüfung, Turnierreife zu verschaffen", berichtet er und ergänzt: "Fechten erfordert immense Kondition, Konzentration, Aktion und Reaktion. Es ist ein sehr schneller Sport. Man muss unheimlich fit sein. Deshalb haben wir auch regelmäßig, zweimal die Woche, trainiert." Faszinierend sei für ihn, dass man dabei auf sich alleine gestellt sei.

Damals sei Fechten sehr beliebt gewesen. Nahezu in der gesamten Region seien eigene Fechtabteilungen entstanden. "Es gab welche in Kulmbach, Hof, Bayreuth, Lichtenfels und auch in Ludwigsstadt, die mittlerweile allesamt aufgelöst wurden. Alleine in Kronach hatten wir bis zu 63 Mitglieder in der Fechtabteilung - und das, obwohl es ja ein durchaus elitärer Sport war", blickt Stöcklein zurück. So hätten nicht nur ein Elektroflorett, sondern beispielsweise auch die Florettjacken viel Geld gekostet. "Wir hatten daher keine Ersatzausrüstung, wenn wir zu viert zu den Turnieren gefahren sind. Wenn ein Florett nicht mehr funktioniert hat, mussten wir uns austauschen", berichtet er.

Stöcklein erzählt auch schmunzelnd von den beengten Verhältnissen bei der Anreise zu den Wettkämpfen: "Die Firma Schiffauer stellte uns ihren Vertreter-Lieferwagen zur Verfügung. Das war ein kleiner Fiat. Damit wir alle reingepasst haben, musste der Laderaum mit herhalten."

"Ein eingeschworener Haufen"

Dennoch möchte er diese Zeit nicht missen. "Wir waren ein eingeschworener Haufen und haben uns ganz mit unserer Turnerschaft identifiziert. Wir waren stolz darauf, sie vertreten zu dürfen." Dies sei heute leider oft nicht mehr der Fall. "Heute kommen viele zum Training oder Turnier zusammen und gehen danach ihrer Wege. Für den Verein selbst ist das Interesse eher gering. "Wenn man jemanden nach dem Vereinsvorsitzenden fragen würde, könnten das sicherlich nur wenige beantworten", bedauert er und führt das auf die veränderten Lebensgewohnheiten zurück. "Man kann den jungen Leuten keinen Vorwurf machen. Sie wachsen anders auf als wir damals. In unserer Jugend waren die Mitglieder des Vorstands und der Ältestenrat Respektspersonen, zu denen wir ehrfürchtig aufgesehen haben", meint er nachdenklich.

Sehr freue es ihn, dass das sportliche Angebot der Turnerschaft immer größer werde. "Wir bieten eine Vielfalt an Sportarten, besonders auch an Ball- oder Kampfsportarten. Deshalb können wir unsere Mitgliederzahl konstant um die 1400 halten", so Stöcklein. Erfreulicherweise seien darunter auch viele Kinder und Jugendliche. "Wir merken nichts davon, dass es weniger Kinder gibt. Das kommt aber nicht von ungefähr, sondern liegt am Angebot", ist er sich sicher.

An eine Wiederbelebung des Fechtsports in der Turnerschaft glaubt er jedoch nicht. "Zum einen sind die Kosten heute kaum zu schultern, zum anderen jetzt halt andere Sportarten modern", meint Stöcklein, der sich noch gut an die Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der Turnerschaft erinnern kann. Mittlerweile laufen die Vorbereitungen für das 150. Jubiläum auf Hochtouren, worauf er sich sehr freut: "Wir sind gut im Plan. Das wird ein tolles Fest."

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