Türmerführung: Kronach in 1273 Schritten

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An der Ehrensäule auf dem Melchior-Otto-Platz trötete der Türmer alias Thomas Baier zum ersten Mal in sein Horn - und führte dann die Interessierten nachts durch Kronachs Gassen. Foto: Sonja Adam
An der Ehrensäule auf dem Melchior-Otto-Platz trötete der Türmer alias Thomas Baier zum ersten Mal in sein Horn - und führte dann die Interessierten nachts durch Kronachs Gassen. Foto: Sonja Adam
Die Figuren sollen an die Gerichtsbarkeit erinnern, sie waren allerdings ursprünglich nicht beim Storchenturm angebracht, erklärte der Türmer Thomas Baier Foto: Sonja Adam
Die Figuren sollen an die Gerichtsbarkeit erinnern, sie waren allerdings ursprünglich nicht beim Storchenturm angebracht, erklärte der Türmer Thomas Baier Foto: Sonja Adam
 
Bis vor zwanzig Jahren machten es sich Störche auf dem Storchenturm gemütlich. Foto: Sonja Adam
Bis vor zwanzig Jahren machten es sich Störche auf dem Storchenturm gemütlich. Foto: Sonja Adam
 
 
Das Wappen mit den zwei Rosen beim Storchenturm spricht für sich. Foto: Sonja Adam
Das Wappen mit den zwei Rosen beim Storchenturm spricht für sich. Foto: Sonja Adam
 
Die Türmerführung führte natürlich auch durchs Bamberger Tor Foto: Sonja Adam
Die Türmerführung führte natürlich auch durchs Bamberger Tor Foto: Sonja Adam
 
Die Führung führte an der alten Büttelei und den Storchenturm vorbei Richtung Hexenturm durchs Strauer Tor und wieder zurück zum Melchior-Ott-Platz Foto: Sonja Adam
Die Führung führte an der alten Büttelei und den Storchenturm vorbei Richtung Hexenturm durchs Strauer Tor und wieder zurück zum Melchior-Ott-Platz Foto: Sonja Adam
 
Witzige Details gab es auf dem Weg auch zu entdecken - zum Beispiel ein Türmerhausschild mit der Aufschrift "Haushüter" Foto: Sonja Adam
Witzige Details gab es auf dem Weg auch zu entdecken - zum Beispiel ein Türmerhausschild mit der Aufschrift "Haushüter" Foto: Sonja Adam
 
Einige Teilnehmer erinnerten sich noch an den letzten Bewohner des Stadtturmes Foto: Sonja Adam
Einige Teilnehmer erinnerten sich noch an den letzten Bewohner des Stadtturmes Foto: Sonja Adam
 
Die neue Turm- und Torführung nach Einbruch der Dunkelheit wird erst einmal nur als Gruppenführung angeboten, aber in Zukunft soll sie auch zu festen Terminen für Einzeltouristen initiiert werden Foto: Sonja Adam
Die neue Turm- und Torführung nach Einbruch der Dunkelheit wird erst einmal nur als Gruppenführung angeboten, aber in Zukunft soll sie auch zu festen Terminen für Einzeltouristen initiiert werden Foto: Sonja Adam
 
Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein mimte den Adjutanten des Türmers. Denn natürlich hatte der Türmer auch eine Hellebarde dabei, eine Hieb- und Stichwaffe
Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein mimte den Adjutanten des Türmers. Denn natürlich hatte der Türmer auch eine Hellebarde dabei, eine Hieb- und Stichwaffe
 
 
 
Immer wieder eine malerische Kulisse: der Hexenturm Foto: Sonja Adam
Immer wieder eine malerische Kulisse: der Hexenturm Foto: Sonja Adam
 

Wenn der Türmer in sein Horn stößt, dann kann schon Torschlusspanik aufkommen. Denn einst hieß das: schnell nach Hause. Doch bei der neuen nächtlichen Türmerführung war das Hornblasen ein ganz anderes Signal - nämlich das Signal für einen kurzweiligen und interessanten Ausflug in die Geschichte.

Eigentlich war es mehr ein Krächzen, als ein sonorer angenehmer Ton, den der Türmer Thomas Baier seinem Horn bei der ersten nächtlichen Turmführung entlockte. Doch das lag einfach nur daran, dass die Nacht extrem heiß war, dass der Türmer ein bisschen aufgeregt bei der Premiere war und dass der Mund einfach zu trocken war. Außerdem funktioniert so ein Türmerhorn natürlich auch nur, wenn es dunkel ist, stellte der Türmer dann im Verlauf der Nacht unter Beweis. Wochenlang hat Thomas Baier in den Archiven für seine neue Führung geforscht. Und er hat viel Wissenswertes über Kronachs Türme gefunden. Im echten Türmeroutfit, gerüstet mit Laterne und Hellebarde, lud er zur ersten Türmerführung durch Kronach ein. Die Führung ist erst einmal nur als Gruppenführung im Sommer buchbar, erklärte Betriebsleiterin der Tourist-Information Kronach Kerstin Löw.
"Aber später wollen wir diese Führung auch als Individualführung anbieten", so Löw. Und während auch Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein gespannt auf den nächtlichen Rundgang war, zündeten der Türmer kleine Laternchen für alle Teilnehmer an. Denn alles sollte stilecht sein.

So ein Türmer hatte es einst nicht leicht in Kronach. Denn er musste wachen, wenn die anderen sich zur Ruhe begeben hatten. Die Türmer mussten die Uhrzeit ansagen, sie mussten die Tore schließen und sie mussten auch auf die Felder aufpassen. Außerdem wachten sie darüber, ob ein Brand ausbricht - und im Fall des Falles mussten sie sogar die Löschketten organisieren. Die Türmer waren für die Uhrzeit zuständig, sie mussten die Zecher um kurz vor zehn Uhr nachts aus der Stadt befördern. Denn schließlich wollten die Bewohner der Oberen Stadt irgend wann ihre Ruhe. Und um punkt zehn Uhr nachts gingen die Tore zu. Wer dann in Kronach war, musste bleiben.

Thomas Baier ist ein Stadtführer mit Leib und Seele. Für die Türmerführung hat er sich viel Mühe gemacht. Kurzum: die Teilnehmer der Türmerführer fanden den Türmer richtig gut. Obwohl das früher sicherlich anders war. Denn Türmer gehörten wie Henker und Totengräber zum lichtscheuen Gesindel und waren nicht sonderlich hoch angesehen.

In Kronach gab es übrigens bis ins 20. Jahrhundert Türmer, einige Kronacher erinnerten sich sogar noch an die Turmbewohner. Und die Türmer wurden auch Stadtpfeifer oder Flurer genannt.
Die Turm-Route führte übrigens von der Ehrensäule durchs Bamberger Tor zur alten Büttelei, zum Storchenturm und natürlich auch zum Stadtturm und zum Hexenturm. Und schließlich führte die Route durchs Strauer Tor wieder zurück. Am Strauer Torturm ist übrigens das Wappen von Friedrich von Aufseß angebracht - er wurde im 15. Jahrhundert erbaut.
Unterwegs hatte der Türmer viele geschichtliche Details parat und verblüffte die Kronacher immer wieder mit historischen Details, mit alten Bildern, mit viel Wissen aus den Archiven der Stadt. Die ältesten Wächter waren übrigens keine Türmer, sondern Gänse. Denn sie fungierten schon 387 vor Christus als Wächter und sorgten bei der berühmten Schlacht an der Allia dafür, dass die Römer die Gallier, die in die Stadt eindringen wollten, rechtzeitig bemerkten und sich verteidigen konnten.
Die Turmführung zählt gerade mal 1273 Schritte, das macht exakt 1,6 Kilometer aus.