Sanierung in der Amtsgerichtsstraße: Weiße Plane ist für viele rotes Tuch

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In der Amtsgerichtsstraße 10 wird wieder gearbeitet. Inzwischen ist eine neue Baugenehmigung für das Vorhaben von Bernd Holzmann erteilt worden. Foto: Marco Meißner
In der Amtsgerichtsstraße 10 wird wieder gearbeitet. Inzwischen ist eine neue Baugenehmigung für das Vorhaben von Bernd Holzmann erteilt worden. Foto: Marco Meißner

An der Sanierung in der Amtsgerichtsstraße 10 scheiden sich die Geister. Inzwischen gibt es eine neue Baugenehmigung.

Hinter einem weißen Schleier, gut verborgen vor allzu neugierigen Blicken, läuft die Sanierung des Gebäudes in der Amtsgerichtsstraße 10 ab. Der Begriff "Sanierung" wird dabei mittlerweile argwöhnisch von Beobachtern aufgenommen, die uns immer wieder auf die umfangreiche Baumaßnahme ansprechen. Für sie ähnelt es eher einem (Fast-)Neubau, was hinter einer Werbeplane für die entstehenden Komfortsuiten & Spa passiert. Für diese erweiterte Maßnahme wurde inzwischen jedoch grünes Licht gegeben, wie unsere Zeitung auf Nachfrage beim Landratsamt erfuhr.

"Nicht begeistert war der Stadtrat davon, dass Bernd Holzmann in der Amtsgerichtsstraße 10 vollendete Tatsachen geschaffen, ein Baudenkmal abgerissen hat und die Lücke durch einen Ersatzbau schließt", berichtete infranken.de am 18. Mai aus der Sitzung des Kronacher Gremiums. Trotz erheblicher Bedenken wegen dieses Vorgehens erhielt der Bauherr damals bereits das gemeindliche Einvernehmen - unter Auflagen.

Für das Landratsamt teilte Stefan Schneider nun auf Nachfrage mit: "Durch die aktive Mitarbeit des Bauherrn im Rahmen des Tekturverfahrens konnte die neue Baugenehmigung am 17. Juni erteilt werden." Die Bautätigkeiten in der Amtsgerichtsstraße haben daraufhin wieder Fahrt aufgenommen.

Im Rahmen einer Baukontrolle im April 2015 sei festgestellt worden, dass auf Grund der anscheinend desolaten Bausubstanz weitergehende Eingriffe vorgenommen worden seien, heißt es in Schneiders E-Mail. Dies deckt sich mit einer früheren Aussage des Bauherrn. Bernd Holzmann hatte dem infranken.de damals erklärt, dass viele Teile des Gebäudes nicht mehr zu halten gewesen seien. Er nannte Holzwürmer und Salpeter als Ursachen für den schlechten Zustand des Baudenkmals. 20 Jahre habe es in das Gebäude geregnet. Für weiterreichende Baumaßnahmen wollte er aber erst eine entsprechende Genehmigung abwarten, die nun vorliegt.

Schneider schildert die Geschehnisse von damals gleichermaßen: "Die Bauarbeiten wurden eingestellt, Sicherungsarbeiten der noch verbliebenen Bauteile waren aber weiterhin möglich. In Abstimmung mit dem Landratsamt wurden dann vom Bauherrn entsprechende Tekturplanungen über die Stadt Kronach eingereicht." Diese Planungen hätten auch den Abbruch bestimmter Bauteile beinhaltet, "die durch tierische Schädlinge, jahrzehntelangen Wassereindrang sowie einen dadurch bedingten hohen Salpeteranteil so stark beschädigt sind, dass deren Erhalt weder bautechnisch noch statisch möglich ist".

Weiter dürfe sich das Landratsamt zu einem laufenden Verfahren - sprich bis zur späteren Bauabnahme - nicht äußern. Allerdings stellte Schneider auf unsere Nachfrage zu den von Außenstehenden teilweise heftig kritisierten (Abriss-)Arbeiten an dem Gebäude fest, dass Bernd Holzmann hierfür keine weiteren Sanktionen drohen. Schließlich seien die notwendigen Genehmigungen für die Arbeiten - wenn auch nachträglich - nun erteilt. Dass heißt, rechtlich ist Holzmann auf der sicheren Seite. Und nach Schneiders Einschätzung wären diese Baumaßnahmen angesichts der Bausubstanz wohl auch genehmigt worden, wenn sie bereits im ursprünglichen Antrag enthalten gewesen wären.

Chronik: Auf unsere Nachfrage, wer überhaupt zuständig dafür ist, Strafen wegen Verstößen gegen denkmalschützerische Vorgaben zu verhängen und welche Sanktionen in solchen Fällen im Raum stehen können, antwortete das Landratsamt: "Verstöße gegen das Denkmalschutzgesetz werden durch das Landratsamt geahndet. Geldbußen bis zu 250.000 Euro sind möglich."



Kommentar
Spricht man mit Menschen, die sich mit dem Erscheinungsbild der Altstadt befassen, die dort tagtäglich entlanglaufen oder die generell heimatkundlich interessiert sind, ist eines in vielen Fällen schnell klar: Der (fast verborgene) Anblick des "enthaupteten" Hauses in der Amtsgerichtsstraße 10 kommt für sie einem Stich ins Herz gleich.

Warum ein Sanierungsbauplan für ein denkmalgeschütztes Gebäude kurzerhand so umgeschrieben werden konnte, dass die Arbeiten in einen Teilabriss münden, können sie sich nicht erklären. Ebenso wenig, warum keine Sanktionen folgen, wo doch sogar die Stadt die Vorgehensweise Holzmanns kritisiert hatte. Und dann folgt die Frage, warum bei der Sanierung von privat genutzten Gebäuden in der Altstadt um jede veränderte Fensterstrebe gefochten werden muss. Die Spekulationen, hier könnte es einen Ersten unter vermeintlich Gleichen geben, schießen infolge dieser öffentlichen Kritik natürlich ins Kraut.

Letztlich haben die Behörden und Gremien aber entschieden, dass Holzmann im Recht ist und sein Projekt fortführen darf. Und würde er das nicht tun - so die durchaus auch vorhandenen Befürworter dieses Vorhabens -, dann würde das historische Gebäude wohl irgendwann überhaupt nicht mehr zu retten sein. Viele andere Investoren, die sich an einem solchen Bauwerk versuchen würden, würde die Stadt vermutlich wirklich nicht finden.
Ob das Glas letztlich halb voll oder halb leer sein wird, wird sich erst zeigen, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind und der Schleier gelüftet wird. Bis dahin wären alle Beteiligten gut beraten, gar nicht erst das Gerede über eine Verschleierungstaktik aufkommen zu lassen. Die Öffentlichkeit früh zu informieren, wäre dafür der wichtigste Schritt.