Manager lernen im Schlosshof Hain von Pferden. Bernd Osterhammel leitet sie an. Die Tiere registrieren jede Stärke und jede Schwäche in den Menschen sofort, sagt er.
Bernd Osterhammel bietet Managerkurse an, die den Entscheidungsträgern vermitteln sollen, wie man Mitarbeiter führt, wie man die Zufriedenheit im Betrieb steigert, wie das Mit einander gesteigert wird. Aber Osterhammel ist kein Theoretiker, er orientiert sich an der Welt der Pferde - und nimmt die Manager auch in diese Welt mit. Am 12. Mai ist er zum ersten Mal auf dem Schlosshof Hain. 25 Manager haben sich schon angekündigt.
Wie und wann sind Sie auf die Pferde gekommen? Bernd Osterhammel: Als ich drei Jahre alt war, kaufte mein Vater das erste Pony. Das war, als ob er mich mit einen Virus infiziert hätte.
Sie bieten Managerkurse mit Pferden an. Warum - sind Mitarbeiter wie Pferde, sind Manager wie Pferde, gibt es da Ähnlichkeiten oder Parallelen und welche?Pferde haben das Gespür für das ,gewisse Etwas' der Führungspersönlichkeiten. Pferde lassen sich nicht täuschen, sie sind Feinstwahrnehmer und registrieren jede Stärke und jede Schwäche in uns Menschen sofort und fördern sie zutage. Sie zeigen uns deutlich, was von uns ausgeht und ob wir Vertrauen und Respekt verdienen. Sie trainieren uns in jedem Augenblick in der Bewusstwerdung von Ursache und Wirkung, Folgen und Führen. Pferde bringen uns mit unseren Emotionen, auch wenn sie lange verdrängt waren, in Berührung. Pferde erden uns Kopfmenschen und holen unsere Intuition als hervorragendes Führungsinstrument zurück.
Sind die Pferde nur ein Sinnbild, könnte man das Training auch mit Hunden oder Schafen machen? Hunde sind in hohem Maße an den Menschen angepasst und eher ,unterwürfig'. Das ist ein Pferd niemals. Pferde klären immer wieder neu den Status einer ,Beziehung' und wollen wissen, was jetzt Sache ist - ohne im Hintergrund darüber nachzudenken, von wem sie ihr Futter bekommen. Sie schließen sich in Windeseile dem an, bei dem sie sich sicher fühlen, dem sie sich anvertrauen wollen. Pferde sind für fast alle Menschen eine Faszination aus Kraft, Größe, Schnelligkeit, Ausdauer, Freiheit.
Wie kamen Sie auf Pferde?Pferde begleiten die Menschen seit etwa 6000 Jahren. Seit Generationen hat das Leben mit Pferden die Menschheit geprägt. In unserer Sprache finden wir sie überall: Er sitzt auf einem hohen Ross. Nimm ihn mal an die Kandare. Lass ihr mal die Zügel etwas länger. Zügle dein Temperament ... Kein anderes Tier hat die Menschen so geprägt. Die es verstanden, die Pferde auf ihrer Seite zu haben, waren immer im Vorteil, die Reitervölker den Fußgängern, der berittene Adel gegenüber den Bauern. Pferde sind total ehrlich und fragen nicht nach sozialem Status, oder was verdienst du oder was hast für Titel? Sie interessiert nur, wer bist du jetzt in diesem Augenblick? Bist du kompetent, integer und wohlwollend?
Viele Menschen haben Angst vor Pferden, oder?Bisher habe ich mit etwas über 900 Führungskräften und freilaufenden Pferden gearbeitet. Nur eine Frau hat ihre Angst nicht überwunden, alle anderen sind gewachsen und stärker denn je aus dem Seminar gegangen.
Welche Art von Managern sprechen Sie denn mit Ihren Kursen an? Ich persönlich bin geradezu magnetisch für Familienunternehmer von 1 bis 10.000 Mitarbeitern. Es kommen die Chefs und die Führungsteams zu mir. Andere Kollegen von mir arbeiten mehr mit den Mitarbeitern oder wieder andere mit Konzernen.
Was müssen Manager mitbringen - Reitkenntnisse, Pferdeliebe?Führungskräfte müssen nichts zum Thema Pferd mitbringen. Es wird nicht geritten. Aber es braucht viel Offenheit und etwas Mut, aber das sollen Leader ja im Blut haben, sonst sind sie fehl am Platz und ständig überfordert.
Wer lernt lieber mit Pferden - Männer oder Frauen. Eigentlich sind Pferde doch ein Frauenthema, oder?Ja, üblicherweise sind Pferde mehr ein Frauenthema. Aber bei mir sind es zu 75 Prozent Männer, mit denen ich gearbeitet habe. Allerdings wurden einige von ihren Frauen geschickt.
Wären dann auch Frauen die besseren Manager, weil sie besser und lieber mit Pferden umgehen können?Frauen haben in der Führung einige Vorteile, aber nur dann, wenn sie Frauen sind und bleiben. Unangenehm sind Frauen, wenn sie in der Führung die besseren Männer sein wollen. Dann laufen die Pferde weg, weil eine Härte und Bissigkeit ausgestrahlt wird, mit der Mensch und Pferd schlecht umgehen können.
Können Sie ein Beispiel sagen, was Manager von den Pferden lernen können?Jeder lernt sofort, sich klar zu zeigen, zu sich zu stehen, sich selbst wahrzunehmen und zu reflektieren, seine Gefühle anzunehmen und zu handeln, Druck aufbauen und vor allem Druck rauszunehmen, alles zu seiner Zeit. Jeder lernt ins Hier und Jetzt zu kommen, sonst hat er bei Pferden keine Chance ..."
Warum ist es überhaupt so wichtig, gut mit Mitarbeitern umzugehen. Heute zählt doch nur der Profit, nackte Zahlen, nicht mehr der Mensch - oder?Heute zählt bei vielen der Mensch mehr denn je. Über 30 Prozent der Deutschen leiden an psychosozialen Krankheiten, Arbeitskräfte sind wieder mehr Mangelware und immer mehr Chefs erkennen, wie wichtig es ist, die Menschen in eine Position zu führen, in der sie gedeihen und leuchten, damit sie gerne kommen und wenig ausfallen.
Und gibt es auch Mitarbeiterkurse für den Umgang mit Managern - vielleicht auch mit Pferden? Einige Chefs schicken alle Mitarbeiter, wenn sie es sich erlauben können, in die Seminare, den letztendlich geht es um menschliches Miteinander. Führen muss jeder, der Azubi aus dem zweiten Lehrjahr den aus dem ersten, der Sachbearbeiter den Kunden, jeder sein Leben.
Wie oft halten Sie solche Seminare, in welchen Regionen? Seminare mit Pferden halten wir bei uns zehn bis zwölf Mal im Jahr und ich bin erstmalig mit fremden Pferden jetzt im Schlosshof Hain in Küps. Da muss alles stimmen: die Pferde, das Ambiente, Räumlichkeiten. Impulstage und Vorträge halte ich überall im deutschsprachigen Raum ab, wo die Verhältnisse gut sind.
Und wenn Sie keine Pferdekurse halten, reiten Sie dann auch oder halten Sie dann Abstand zu Pferden?Ich reite fast jeden Tag ein bis drei Pferde. Ich reite seit über 50 Jahren und ich reite nach einem extremen Unfall und schlimmsten Prognosen im Februar 2013 wieder jeden Tag auch mit einem Ersatzwirbel. Ich bin in den abgeschiedensten Winkeln der Welt geritten und mit 80 Jahren möchte ich mir noch einmal ein Pferd einreiten und ausbilden, das ich dann mit 90 einer Urenkelin zu treuen Händen übergeben kann.
... jetzt habe ich Hunger - und wo bekomme ich einen guten rheinischen Sauerbraten her?