Um die über 200 Jahre alte Maurerseiche ist es schlecht bestellt. Der Baum siecht dahin. Vor Jahren schlug ein Blitz ein.
Die Neukenrother bangen um ihre Maurerseiche. Das über 200 Jahre alte Naturdenkmal kränkelt seit zehn Jahren. Die mächtige Krone treibt immer weniger Blätter aus, Äste werden kahl und dürre Zweige fallen ab. Jeder Einheimische kennt sie und sie gehört zum Ortsbild wie die Kirche. Bereits seit 1937 steht der Baumriese unter Naturschutz. Das Erscheinungsbild ist imposant. Immerhin hat die Eiche eine Höhe von 25 und einen Stammumfang von 4,50 Metern.
In ihrem langen Leben hat dieses Naturdenkmal allerhand miterlebt. Die ehemalige Lehrerin, Lucina Spitzenpfeil, Verfasserin des Sagen- und Geschichtenbuchs des Volkstrachtenvereins Zechgemeinschaft Neukenroth, wird sehr nachdenklich, wenn sie den Schluss der Neukenrother Sage "Die Knellesjungfern" liest, wie er auch im "Stäudelschen Sagenheft" steht. Darin heißt es unter anderem: "Nach jedem Erscheinen der Knellesjungfern kommen die drei Verwünschten dem Dorf einen Fußbreit näher. Wenn sie dereinst die Kirche in Neukenroth erreicht haben, um endlich für das Seelenheil ihres Vaters und ihre eigene Erlösung zu beten, droht dem ganzen Ort großes Unheil. Die Dorfseite links der Haßlach wird vom Hochwasser überflutet und versinkt in den Wassermassen. Die Westseite des Ortes vernichtet ein riesiges Feuer. Nur die uralte Eiche im Garten des Bauern Maurer bleibt verschont. Aus ihrem Holz fertigt man dann einen Sarg für die letzte Mutter des Dorfes und eine Wiege für ihren kleinen Sohn. Wenn dieser erwachsen ist, soll er ein Priester werden. Durch seine erste heilige Messe werden dann die Knellesjungfern endlich erlöst."
Rätseln über die Gründe Natürlich rätseln die Neukenrother über die Gründe des langsamen Absterbens. Grundstückseigentümer Hans Maurer erinnert sich daran, dass ein Blitz vor einigen Jahren in die Eiche eingeschlagen habe. Im Stamm ist ein tiefer Riss zu sehen. Und der ehemalige Gartenbaukreisvorsitzende Ernst Knobloch gibt zu bedenken, dass die Wurzelfläche eines Baums doppelt so groß ist wie die Krone. Seit den 80-er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist ein Teil dieser Wurzelfläche als Kirchenweg asphaltiert worden.
Im Landratsamt Kronach hat die Eiche im Anwesen des Bauern Hans Maurer sogar eine eigene Akte, und zwar laut Unterschutzstellung im April 1937 (Reichsnaturschutzgesetz). Wie Kreisfachberater Engelbert Singhartinger von der Unteren Naturschutzbehörde dazu informierte, sei dieser Baum in der Liste der Naturdenkmäler in Bayern geführt. Der Bund Naturschutz beobachte und pflege die Eiche. Derzeit gebe es im Kreis Kronach lediglich 18 Naturdenkmäler. Ein Absterben wäre deshalb sehr bedauerlich.
Auch der Ehrenvorsitzende des Volkstrachtenvereins Zechgemeinschaft Neukenroth, Edmund Sprenger, sieht in der Maurerseiche ein Stück Heimat. "Dieses Naturdenkmal ist so etwas wie das Wahrzeichen von Neukenroth". Mit Sorge beobachtet ebenfalls die 82-jährige Gretel Richter - sie wohnt seit zehn Jahren im ehemaligen Schulhaus - das langsame Dahinsiechen des Baumriesen. "Die Maurerseiche ist für mich ein Inbegriff von Neukenroth."