Mit Karacho den Berg hinunter

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Regelrechte Großereignisse mit Tausenden von Zuschauern waren nach Kriegsende im Frankenwald die Seifenkistl-Rennen bei Friedrichsburg. Repro: Gerd Fleischmann
Regelrechte Großereignisse mit Tausenden von Zuschauern waren nach Kriegsende im Frankenwald die Seifenkistl-Rennen bei Friedrichsburg.  Repro: Gerd Fleischmann

Seifenkistl-Rennen lockten vor 70 Jahren tausende Zuschauer nach Friedrichsburg. Initiiert wurden sie vom damalige Kronacher Resident-Officer Lynn C. Keck.

Wenige Jahre nach Kriegsende standen neben "König Fußball" vor allem die Seifenkistl-Rennen bei Friedrichsburg auf der Bundesstraße 85 im Kreis Kronach hoch im Kurs. Während vor 70 Jahren, und zwar 1949, bereits 5000 Fans mobilisiert werden konnten, bahnte sich 1950 der absolute Höhepunkt an: Neuntausend Zuschauer verfolgten das Wettkampfgeschehen, das Jung und Alt gleichermaßen faszinierte.

Dieser Jugendsport schwappte nach dem Zweiten Weltkrieg aus Amerika nach Deutschland herüber. Erstmals war 1934 die Stadt Akron, dem Geburtsort von Lynn C. Keck, dem seinerzeitigen Resident-Officer von Kronach, Schauplatz dieser Wettkämpfe. Innerhalb weniger Jahre hatte sich das "Soap-Box-Derby", wie das Seifenkistenrennen auf amerikanisch heißt, zu einem der beliebtesten Sportarten der Jugend in Amerika entwickelt. Und Mr. Keck förderte eifrig diesen außergewöhnlichen Wettkampf im Frankenwald, bei dem neben Mut insbesondere Kreativität gefragt war.

Gemeinsam sorgten die Gemeinden Friedrichsburg und Thonberg in Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und Rotem Kreuz für ein gutes Gelingen. Neben Mr. Keck zählten zum Ehrenausschuss Landrat Gottfried Witzgall, MdL Hans Pabstmann, Kronachs Bürgermeister Konrad Popp sowie Landpolizeiinspektor Hugo Schmidt.

Landauf, landab fieberte die Jugend dem Wettkampfgeschehen entgegen. Unter geschickten Händen, vielfach mit Unterstützung der Väter, entstanden fantasievolle Gefährte. Die Bastler und Tüftler hatten wieder einmal ihre große Zeit.

Jüngster Fahrer erst acht Jahre

Am 30. August 1949 war es dann soweit! Bereits am Vormittag fanden die ersten Probeläufe statt, um den Fahrern Gelegenheit zu geben, die Rennstrecke kennenzulernen. 72 Fahrer und sieben Teilnehmer außer Konkurrenz, von denen der Jüngste erst acht Jahre alt war, bestritten das Rennen. Landpolizei und Feuerwehr sorgten für die Ordnung, die nicht immer leicht herzustellen war, und das BRK Kronach hatte den Sanitätsdienst übernommen. Zwei Reparaturwerkstätten vom Opel- und Mercedes-Kundendienst eingerichtet, hatten alle Hände voll zu tun, die kleinen Schäden, die beim Probelauf entstanden waren, zu beheben.

Vom schweren bis zum schnittigsten Wagen waren alle Typen vertreten und mancher war erstaunt, was für Geschwindigkeiten herausgeholt wurden. Die Rennstrecke bot ein fröhliches Bild, waren doch nicht nur alle Hänge besetzt, sondern sogar auf den Bäumen saßen "Zaungäste", um nichts zu versäumen.

Mit fieberhafter Spannung verfolgten die Zuschauer das nun beginnende Rennen und es gab immer wieder Jubelstürme, wenn einer "ihrer" Fahrer das Ziel als Erster passierte. Es war ein Glück, dass die Rennstrecke mit Strohballen gepolstert war, denn die leichten Rennwagen erreichten auf der steilen Strecke ein beachtliches Tempo und es war nicht immer leicht, die Wagen durch die scharfen Kurven zu steuern. So mancher Wagen drehte sich um die eigene Achse.

Der Sieger des Rennens, Ferdinand Raab aus Förtschendorf, holte sich in der Zeit von 59,6 Sekunden den ersten Preis, eine achttägige Reise nach Oberbayern sowie ein Fahrrad, gestiftet von Mr. Keck. Zweiter wurde Horst Beständig aus Pressig mit einer Zeit von 60,1. Er erhielt ein Radio der Firma Opta. Dritter wurde Max Lieb aus Pressig mit 61,8, der ein Fahrrad erhielt.

Ein Jahr später, am 21. Mai 1950, waren es dann schon 9000 Zuschauer, die den Sieg von Hermann Leipold (Wallenfels) vor Max Lieb (Pressig) und Gerhard Güntzel (Steinwiesen) sahen. Die Preise waren ein Radioapparat, ein Fahrrad und ein Kaffeeservice.