Kronacherin ärgert sich über ihre Krankenkasse

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Rollatorkauf schwer gemacht: Luitgard Mölter hat sich über ihre Krankenkasse geärgert. Foto: Hendrik Steffens
Rollatorkauf schwer gemacht: Luitgard Mölter hat sich über ihre Krankenkasse geärgert.  Foto: Hendrik Steffens

Luitgard Mölter hatte Pech. Bei einem Sturz brach sie sich den Oberschenkel. Um sicher durch den Winter zu gehen, wollte sie beim Fachhändler einen Rollator kaufen. Wegen ihrer Krankenkasse war das schwieriger als gedacht.

Ihr Sturz ist fast ein Jahr her. Luitgard Mölter wollte in der Innenstadt noch schnell einen Sack Apfelsinen kaufen. Aber auf Höhe des Marienplatzes blieb sie zwischen zwei Pflastersteinen hängen, verlor den Halt und fiel so unglücklich, dass sie sich einen Oberschenkel und ein Handgelenk brach. Seit Februar geht sie an Krücken. Im Winter, wenn es glatt ist, gibt ihr aber nur ein Rollator sicheren Halt. Luitgard Mölter wollte im Orthopädie-Fachgeschäft einen kaufen. Doch das war nicht möglich - weil sie in diesem Fall Kundin bei der falschen Krankenkasse ist.

Mölter ist seit 60 Jahren Kundin bei der gesetzlichen Krankenkasse DAK. Im Großen und Ganzen war sie immer zufrieden mit ihrer Versorgung. Manchmal habe sie mit Beratern diskutieren müssen. "Bei welcher Kasse ist das nicht so?", fragt Mölter. Aber seit letztem Mittwoch hat sie sogar kurz an einen Wechsel gedacht.

Da wollte Luitgard Mölter bei einem Kronacher Orthopädie-Fachgeschäft einen Rollator kaufen. "Ich komme auch mit den Krücken zurecht. Aber meine Tochter meinte, im Winter, wenn es glatt ist, seien sie nicht sicher", sagt sie. Sie ließ sich verschiedene Modelle zeigen. Im Verkaufsgespräch fragte der Mitarbeiter Mölter dann, bei welcher Krankenkasse sie sei. "DAK", sagte sie. Dann musste der Berater sie an die Kronacher Servicestelle ihrer Versicherung verweisen. Denn die DAK hatte zum 30. September den Vertrag zur Versorgung der Versicherten mit Rollatoren gekündigt und neu ausgeschrieben.

Westfalen für Kronach zuständig

Die Ausschreibung erfolge für regionale Gebiete und sei für alle Anbieter zugänglich, wie DAK-Sprecher Stefan Wandel sagte. Und "erhält ein Anbieter den Zuschlag, ist dieser exklusiv berechtigt, die Versorgung mit dem jeweiligen Hilfsmittel durchzuführen."

Für Kronach ist jetzt keines der ansässigen Orthopädie-Fachgeschäfte mehr zuständig, sondern ein Anbieter aus dem nordrhein-westfälischen Lünen - mehr als 300 Kilometer von Kronach entfernt. Bei ihrer DAK-Servicestelle bekam Luitgard Mölter die Adresse und eine Telefonnummer der fernen Firma. Dort könne sie sich einen Rollator bestellen, den die Krankenkasse wie üblich anteilig bezahle. "Ich habe dort angerufen, um mich zu informieren, welches Modell ich bekäme - und wer es mir aufbauen würde. Da hieß es, das müsse ich schon selbst machen", sagt Mölter.

Bei Ausschreibungen geht es stets ums Geld. Der günstigste Anbieter erhält den Zuschlag. Allerdings, sagt DAK-Sprecher Stefan Wandel, gehe es bei der Wahl neuer Partner "nicht nur um Wirtschaftlichkeit". Wer den Zuschlag erhalte, müsse zuvor nachweisen, dass er den selben Kundenservice liefern könne wie ein Fachhändler vor Ort, so Wandel. Der Rollatoren-Anbieter aus Lünen habe 20 Standorte in Deutschland und es sei nicht notwendig, dass Versicherte den Anbieter selbst aufsuchen. "Es reicht aus, das Rezept im DAK-Servicezentrum in Kronach abzugeben oder es einzuschicken. Alles weitere erledigen dann die zuständigen DAK-Kundenberater in Zusammenarbeit mit dem Anbieter", sagte Wandel.

Luitgard Mölter sagte die Telefonberatung nicht zu, im Fachgeschäft an der Kulmbacher Straße fühlte sie sich besser aufgehoben. Sie hat sich ihren Rollator dort gekauft. Auf eigene Kosten, mit einem Preisnachlass des Händlers, aber ohne Krankenkasse. Man könne doch froh sein, sagt sie, dass es in Kronach Fachgeschäfte gebe mit Personal, das sich noch um seine Kunden kümmert. "Ich möchte nicht, dass diese Leute um ihren Arbeitsplatz bangen müssen", sagt Mölter. Die Fachgeschäfte für Orthopädiebedarf, findet die Kronacherin, werden von der DAK ausgebootet.

Bedrohung für Mittelständler?

Der Bayreuther Anbieter "reha team", der bisher in einer Kronacher Filiale Rollatoren verkaufte, muss sich auf Einbußen gefasst machen. "Weil wir nicht mehr mit der DAK arbeiten können, werden wir wohl zehn Prozent unserer Einnahmen im Bereich Reha verlieren", sagt Geschäftsführer Gernot Gebauer. In den Bereich Reha fallen neben Rollatoren auch Rollstühle und Badewanneneinsätze. Sollten weitere Kassen als Partner abspringen, könne das existenzbedrohend für seinen mittelständischen Betrieb sein, so Gebauer. "Und gleichzeitig kann nicht mehr gewährleistet werden, dass der Patient im Mittelpunkt steht und regional betreut wird." Klar, irgendwie komme auch ein Dienstleister aus Nordrhein-Westfalen für seine bayerischen Kunden auf (obwohl die für Kronach zuständige Filiale im ebenfalls hunderte Kilometer entfernten Landsberg am Lech liegt). Doch es könne auf dem Postweg "zu Versorgungsverzögerungen kommen" und "eine ortsnahe Versorgung ist nur in bedingtem Umfang möglich", sagt Gernot Gebauer. Dem hält DAK-Sprecher Stefan Wandel entgegen, dass bei Ausschreibungen der Krankenkasse insbesondere auf Qualität, Versorgungssicherheit und seriöse Kalkulationen geschaut werde.

Für Luitgard Mölter ist klar, sie möchte den regionalen Handel unterstützen. Und sie legt Wert auf persönliche Beratung - im selben Raum statt am Telefon. Da geht es nicht um den Rollator, sondern ums Prinzip.