Am Samstag gab es in der alten Markthalle des Historischen Rathauses eine temporeiche Premiere von Büchners "Leonce und Lena". Mit dem fröhlich-bunten, aber auch heiter-melancholischen Stück gelang ein Knaller.
"Mein Leben gähnt mich an wie ein großer weißer Bogen Papier, den ich vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus - Gelangweilt vom Wohlstand und der mechanischen Höflichkeit seiner Untergebenen, frönt der traumversunkene Prinz Leonce aus dem Reiche Popo dem Nichtstun. Nicht einmal die Liaison mit seiner Geliebten, der schönen Rosetta, kann ihn aus seiner Niedergeschlagenheit befreien.
Da wird er von seinem Vater, König Peter, vor vollendete Tatsachen gestellt: Leonce soll sich dem Ernst des Lebens stellen und die ihm völlig unbekannte Prinzessin Lena vom Königreich Pipi heiraten. Doch vor der arrangierten Hochzeit flüchtet der junge Prinz gemeinsam mit seinem treuen, aber arbeitsscheuen Freund Valerio. Seiner Zukünftigen - der lebensmüden Prinzessin Lena - ergeht es nicht anders.
Auch sie will nicht ungefragt einen unbekannten, ungeliebten Mann heiraten und flieht heimlich mit ihrer Gouvernante vor den Hochzeitsplänen.
Die Wege kreuzen sich Nicht ahnend, dass sie den versprochenen Partner vor sich haben, kreuzen sich die Wege der voreinander Fliehenden. Sie verlieben sich und beschließen, heimlich zu heiraten. Mangels Brautpaar scheint indessen die königliche Hochzeit am Hofe Popo zu platzen ...
Auch bei "Leonce und Lena" kommt es zum vorhersehbaren Happy-End. Doch das Stück, das Georg Büchner 1836 für einen Wettbewerb der Cotta'schen Verlagsbuchhandlung geschrieben hatte, ist alles andere als eine harmlose Komödie. Der Schriftsteller, dessen literarische Weltgeltung erst im 20.
Jahrhundert erkannt wurde, liefert darin die satirische Beschreibung einer Gesellschaft, die sich nur über Leistung und Arbeit definiert, sowie einer jungen Generation auf der schwierigen Suche nach dem Sinn des Lebens und nach persönlichem Glück. Die beiden Königskinder haben eigene Wünsche. Sie begehren auf und entlarven mit bissiger Ironie die Missstände ihrer Zeit.
"Leonce und Lena" ist eine poetische, melancholische und trotzdem fröhliche Komödie mit einem vertrottelten König (Gerald Fischer), einem pfiffigen Diener (Julia Knauer), einer resoluten Gouvernante (Anja Schindler) und einem romantischen Liebespaar (Emanuel Bauer und Ida Engelhardt). Es ist sicherlich kein einfaches Werk. Die temporeiche Inszenierung, durch die Leistner selbst "lotste", kam herrlich frisch rüber.
Die durch die Bank überzeugenden Akteure hauchten dem Stück - jeder auf seine ganz eigene Art - viel Persönlichkeit ein.
Dieses haben auch die zahlreichen Gäste bei der Premiere erkannt, die die kleine Studioproduktion im romantischen Ambiente der Markthalle im Historischen Rathaussaal verdientermaßen mit viel Applaus bedachten. Fazit der Aufführung: Tolle Regieleistung, pralles Theater mit Herz, Witz und Tiefe und glänzend aufgelegte Darsteller garantieren niveauvolle Unterhaltung und Spaß vom Anfang bis zum genialen Schluss. Mehr soll dazu an dieser Stelle aber nicht verraten werden. Schließlich gibt es ja noch sechs Vorstellungen.
Rollen und Darsteller Prinz Leonce (Emanuel Bauer), Valerio, sein Freund (Julia Knauer), Prinzessin Lena (Ida Engelhardt), Lenas Gouvernante (Anja Schindler), König Peter vom Reiche Popo (Gerald Fischer), Schulmeister (Daniel Leistner), Minister
(Manuel Koch), Rosetta, die Geliebte des Prinzen (Ida Engelhardt), Bediensteter des Königs (Dirk Stauch), Polizisten (Manuel Koch und Dirk Stauch).
Weitere Aufführungen Freitag, 8. November, Samstag, 9. November, Freitag, 15. November, Samstag, 16. November, Freitag, 22. November, Samstag, 23. November.
Karten Die gibt es an allen Vorverkaufsstellen der Faust-Festspiele, im Internet und im Tourismusbetrieb der Stadt Kronach, Marktplatz 5, 96317 Kronach (Telefon 09261/ 97236).