Hesselbacher Jugend ist von der Tracht begeistert

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Franziska Simon und Steffen Eidloth. Fotos: Friedwald Schedel
Franziska Simon und Steffen Eidloth. Fotos: Friedwald Schedel
Steffen Eidloth und Franziska Simon
Steffen Eidloth und Franziska Simon
 
 
 

Der Musikverein Hesselbach tritt seit 1986 in original fränkischer Kleidung auf. Die Ersatzbeschaffung ist schwierig und kostspielig. Heuer leistete man sich zum Kreismusikfest eine Ergänzung.

Das sind echte Hingucker! Wenn die Hesselbacher Musiker bei einem Festzug für den guten Ton sorgen, dann erregen sie nicht nur wegen ihrer schmissigen Melodien Aufmerksamkeit, sondern auch auf Grund ihres Outfits: Seit 28 Jahren treten sie in original fränkischer Tracht auf.

Die Männer tragen eine helle bocklederne Kniebundhose, eine rote Weste und braune Jacke sowie den markanten Dreispitz auf dem Kopf, die Frauen kleiden Miederrock, Schürze und Schultertuch in überlieferten Formen und Farben. Dirigent Georg Schönmüller war 1986 junger Musiker, als die Tracht angeschafft wurde. Die Kniebundhose aus Hirschleder passt ihm immer noch - auch nach 28 Jahren.


Der Farbton muss stimmen

Die Frage nach der Ersatzbeschaffung löst beim Vorsitzenden des Musikvereins Hesselbach, Ralf Welsch, ein Stirnrunzeln aus. "Das ist echt schwierig, weil man bei der hellen Lederhose den Farbton genau treffen muss. Dunkelbraune und schwarze Lederhosen in alpenländischem Stil gibt es günstig von der Stange, unsere helle, fränkische Lederhose ist eine Maßanfertigung", weiß Ralf Welsch. Und so kommt es, dass der Verein für ein komplettes Männeroutfit etwa 500 Euro hinlegen muss. Die Tracht für die Frauen kostet jeweils etwa 400 Euro.

Denn die Tracht für die 24 männlichen und 15 weiblichen Mitglieder der Musikkapelle gehört dem Verein. Nur Hemden, Strümpfe und Schuhe sind vom Tragenden selbst bezahlt. Dass die Kleidung Vereinseigentum ist, hat auch seinen Vorteil, denn wenn jemand von den Herren aus der Hose "herausgewachsen ist", dann kann er eine weiter geschnittene bekommen. "Manchmal gibt es einen Ringtausch. Nur ich habe meine Hose behalten", wirft Dirigent Schönmüller mit einem Augenzwinkern ein. Von der Stange gibt es nichts. "Da muss jedes Kleidungsstück maßgeschneidert werden. Für die Frauenkleidung haben wir jetzt eine Schneiderin aus der Rhön gefunden, die die Nachbestellungen erledigt", berichtet der Dirigent. Und der Vorsitzende ergänzt: "Die Beschaffung der Lederhosen ist das Schwierigste, weil das ein so heller Farbton ist." Und Hirschleder wie für Georg Schönmüllers Beinkleid wäre heutzutage nahezu unerschwinglich. Deshalb ist man auf Bockleder umgestiegen. Das sieht aber genauso aus. Es ist kaum ein Unterschied zu erkennen zwischen Schönmüllers Hirschlederner und Steffen Eidloths wesentlich jüngerer Kniebundhose aus Bockleder.

Der Tenorhorn spielende Steffen Eidloth posierte für das Bild zu diesem Beitrag zusammen mit der Querflötistin Franziska Simon in der schmucken fränkischen Tracht.

Damals, 1986, als die Bekleidung angeschafft wurde, war Tracht noch nicht "in", aber die Hesselbacher Musikanten entschlossen sich trotzdem, zum Jubiläumsfest ihrer Feuerwehr in neuer Kleidung aufzutreten. Typisch fränkisch sollte die sein. Das war gar nicht so einfach. Der damalige Bezirkstrachtenberater Konrad Böhm stand beratend zur Seite und sorgte auch für einen schönen Zuschuss zur Anschaffung. Heutzutage gibt es keine Zuschüsse mehr. Denn die gehören seit dem "Fürstenfeldbrucker Urteil zu den so genannten "freiwilligen Leistungen". Also müssen die Hesselbacher tief in die Vereinskasse greifen, wenn neue Kleidung gebraucht wird. Heuer war dies zum Beispiel der Fall. Da war auf Grund des Doppeljubiläums des Musikvereins Kreismusikfest im Dorf. "Zum Fest haben wir die Chance genutzt, dass wir wieder gleich aussehen", sagt Vorsitzender Ralf Welsch. "Ohne Fest hätten wir das immer wieder verschoben. Vor allem bei den Schürzen der Musikerinnen ging es wegen der Ersatzbeschaffungen kunterbunt zu." Insgesamt hat den Musikverein die Ersatzbeschaffung heuer 6000 Euro gekostet.

Nicht nur die erfahrenen Musikanten, auch die Jungmusiker tragen gerne Tracht. "Im Moment ist sowieso Tracht im Trend. Man muss nur die vielen Lederhosen und Dirndl bei den Festen wie dem Freischießen anschauen", sagt Dirigent Schönmüller. Von den jungen Musikern habe sich noch keiner beschwert, Tracht tragen zu müssen. Im Gegenteil: "Die jungen Mädchen, die bisher im T-Shirt spielten, haben darauf gedrängt, endlich den Miederrock bei den Auftritten anziehen zu dürfen", freut sich der Dirigent.


Wieso gibt es den Tag der Franken?

Im Oktober 2004 wurde durch eine Petition im Bayerischen Landtag erstmals versucht, einen Tag der Franken durchzusetzen. Der lange Weg dorthin war schließlich erfolgreich, nachdem alle fränkischen Abgeordneten der großen Parteien CSU und SPD sich vereint mit Nachdruck für den Festtag einsetzten. Am 18. Mai 2006 stimmte der Bayerische Landtag der Einführung des Festtags zu und bestätigte den 2. Juli als geeigneten Termin.
Mit der jährlichen Festveranstaltung soll an die Gründung und das Wirken des Fränkischen Reichskreises erinnert und das Bewusstsein der Menschen für die wechselvolle eigene Geschichte gestärkt werden.
Der Tag der Franken wird seit dem Jahr 2006 jährlich am 2. Juli oder am darauf folgenden Wochenende begangen. Die zentrale Festveranstaltung wird abwechselnd in und von den drei fränkischen Bezirken Bayerns ausgerichtet.


Historisches Datum

Der Tag der Franken erinnert an ein historisches Datum: Am 2. Juli des Jahres 1500 wurde auf dem Reichstag von Augsburg das Heilige Römische Reich Deutscher Nation in sechs Reichskreise eingeteilt. Das anfänglich Reichskreis Nr. 1 genannte Gebiet umfasste hauptsächlich den Bereich der Hochstifte Bamberg, Würzburg und Eichstätt, die beiden zollerischen Fürstentümer Ansbach und Kulmbach sowie die fünf Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Windsheim, Schweinfurt und Weißenburg, das Fürstentum Hohenlohe, die Grafschaft Henneberg, sowie einige Kleinterritorien.

Ab 1522 wurde der Reichskreis erstmals als Fränkischer Reichskreis bezeichnet, der bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahre 1806 bestand. Im Fränkischen Reichskreis waren etliche selbstständige Herrschaftsgebiete vertreten.

Im Dritten Reich missbrauchten die Nationalsozialisten die Frankentag für ihre politischen Zwecke.
Quelle: Wikipedia

Zuschuss zur Anschaffung

Kreiskulturreferentin Gisela Lang erinnert sich: Der Musikverein Hesselbach erhielt 1986 Zuschüsse aus der Trachtenförderung des Landkreises nach den bis dahin seit dem 23. Mai 1977 (Erstantrag des Musikvereins Neuses zur Anschaffung von zehn "Flößertrachten") geltenden Richtlinien in Höhe von 100 Mark pro Tracht mit der Vorgabe, dass sich die örtliche Gemeinde in gleicher Höhe an der Maßnahme beteiligt.

Voraussetzung war seinerzeit die Anerkennung der neu zu beschaffenden Tracht durch Bezirkstrachtenberater Konrad Böhm, der den Hesselbachern zu hellen, hirschledernen Kniebundhosen, rotem Wams und brauner Jacke riet.

"Der Antrag der Hesselbacher war auch eine meiner ersten Amtsaufgaben, denn es war in Anbetracht der doch recht hohen Beschaffungskosten dringend eine Erhöhung des Zuschusses auf 20 Prozent der Beschaffung (höchstens 150 Mark) nötig, was auch so vom Kreistag beschlossen wurde", berichtet Lang.

"Gleichzeitig hat aber auch unter Mithilfe des Kreiskulturreferats eine rege Diskussion über die "Bodenständigkeit" der Trachten begonnen und ich erinnere mich noch an eine ziemlich heftige Veranstaltung im Klöppelmuseum Nordhalben. Dass die Franken im Landkreis Kronach keine - wie im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts oft geschehen - alpenländische Tracht übernehmen sollen, darin war man sich einig, aber die von mir vorgeführten Kleidungsstücke, die ich aus einer Altkleidersammlung gerettet hatte, wurde als ,untragbar‘ und ,unzumutbar‘ kritisiert", blickt die Kreiskulturreferentin zurück.


Erneuerte Frankenwaldtracht

Erst in den 90er Jahren wurden diese Fundstücke zur Vorlage für eine nach alten Vorbildern und in Handarbeit hergestellte Tracht. Bis dahin hatte man eine erneuerte Frankenwaldtracht entwickelt und die gerade bei Trachtengruppen oder Musikvereinen nicht mehr so geschätzte "Uniformierung" wenigstens insoweit abgemildert, dass man zwar ein stimmiges und Zugehörigkeit klärendes Gesamtbild der jeweiligen Gruppen erreichte, allerdings bei der Machart durchaus vom Material her Unterschiede möglich sein sollten, was bei den Damentrachten natürlich etwas einfacher war durch unterschiedliche Blusen- und Schürzenauswahl.

"Ich erinnere mich an eine 93-Jährige, von mir seinerzeit interviewte Frau aus Posseck, die mir erzählte, dass früher die Stoffhändler durchs Dorf zogen und jede Frau, die etwas auf sich hielt und die Mittel dazu hatte, dem Verkäufer gleich den ganzen Stoffballen abgekauft hat, damit keine andere im Dorf den gleichen Rock oder ein gleichfarbiges Mieder nähen konnte", blickt Gisela Lang mit einem Schmunzeln zurück.

"Gerne hätten wir seitens der Heimat- und Trachtenforschung an diesem Thema weitergearbeitet, aber nach dem so genannten Fürstenfeldbrucker Urteil wurden 1995 auch im Landkreis Kronach die Zuschussvergaben zurückgenommen und damit die Beratung, insbesondere der übergeordneten Stellen, auf ein Minimum reduziert. Heute können die Fachstellen nur noch auf das Interesse am Schönen, den Sinn für Althergebrachtes und den Mut zum Ungewöhnlichen (und manchmal etwas beschwerlicher zu Erreichenden) hoffen", bedauert Gisela Lang.