Wie würde das Alltagsleben in Kronach wohl aussehen, wenn es keine ehrenamtlich Engagierten gäbe.
Politiker übernehmen Verantwortung. Angestellte übernehmen Verantwortung. Firmenchefs übernehmen Verantwortung. Sie alle verdienen ihr Geld damit, den "Laden" am Laufen zu halten. Allzu gerne vergessen wir dabei eine andere große Gruppe, die unser ach so selbstverständliches gesellschaftliches Leben erst möglich macht - und das ohne eine Entlohnung. Die Rede ist von den Ehrenamtlichen. Wie sähe es wohl aus, wenn sie nicht da wären? Machen wir doch das Gedanken-Experiment und spazieren durch solch ein Kronach.
Ganz alltägliche Probleme
In der Kreisstadt herrscht geschäftiges Treiben. Auch an der Grundschule. Quietschende Reifen. Vollbremsung. Ein Fahrer schimpft hinter der Scheibe. Fast wäre ihm ein Kind vors Auto gelaufen ist. Dabei ist er doch selbst in Gedanken versunken auf den Zebrastreifen zugefahren. Kein Signal weckte seine Aufmerksamkeit für die Gefahr, niemand bremste den Schüler. An der Bushaltestelle geht es heute ohnehin chaotisch zu. Die Kleinen huschen durcheinander, schubsen sich, balancieren auf der Bordsteinkante. Kein freiwilliger Schulweghelfer hat die Situation im Blick. Die sind nämlich nicht da, sie sind ja Ehrenamtliche.
Nicht weit entfernt von den herumtollenden Kindern warten schon einige Senioren im Altenheim. Sie haben keine Angehörigen. Die Pfleger sind bemüht, doch für ein tiefgreifendes, persönliches Gespräch fehlt ihnen im stressigen Arbeitsalltag oft die Zeit. Der Besuchsdienst schließt diese Lücke, hat ein offenes Ohr und bietet menschliche Wärme. Aber nicht heute, denn die Ehrenamtlichen sind ja nicht da.
Geschichte geht verloren
Das sind sie auch nicht für die historisch Interessierten, die gerne mehr über die Stadt Kronach, die Festung und deren Geschichte erfahren möchten. Mehr als eine Aufwandsentschädigung springt für ehrenamtliche Führer nicht heraus. Und viel über die historischen Hintergründe wüssten sie in unserem Szenario ohnehin nicht zu berichten. Die Informationen liegen ihnen schließlich nicht vor. Es kümmert sich ja kein Heimatpfleger mehr darum, tagelang die Textquellen zu durchforsten und Denkmäler wieder herrichten zu lassen.
Öde wird nicht nur die Besichtigungstour, sondern auch der Gang auf den Fußballplatz an der Hammermühle. Der Ball holpert bei den "Rothosen" über das nicht abgesteckte, unebene Spielfeld.
Auf dem Gelände liegen noch die Abfälle der Zuschauer vom vorherigen Heimspiel, und auf dem Platz geht's ohne Taktik heillos durcheinander. Ein Foul, kein Pfiff, alle streiten. Kein Wunder, findet sich doch weder ein Platzwart, noch ein Trainer, geschweige denn ein Schiedsrichter auf dem Spielfeld ein.
Während es dort lautstark zugeht, bleibt es in der Stadtpfarrkirche still. Keine Band spielt im Gottesdienst, kein Gläubiger spricht die Fürbitten, kein Ministrant unterstützt den Pfarrer. Die Kleinen warten derweil nebenan darauf, beim "Kinder-Abenteuerland" Gott und die Gemeinschaft zu erfahren, aber kein Erwachsener nimmt sich heute Zeit für sie.