Der Tourismus im Frankenwald wurde von Statistikern unter die Lupe genommen. Die Übernachtungszahlen waren rückläufig. Dennoch sehen die Verantwortlichen keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken.
4,7 Prozent weniger Gästeankünfte, 8,1 Prozent weniger Übernachtungen. Der Blick in die 2014er-Tourismusbilanz des Statistischen Landesamtes für den Landkreis Kronach schmerzt die heimischen Gastronomen. Auch der Geschäftsführer des Frankenwald Tourismus Service Centers, Markus Franz, verschließt die Augen vor diesem Rückgang nicht. Allerdings kennt er Gründe für diese Entwicklung - und er weiß er auch: "Über Zahlen kann man trefflich streiten."
Die nackten Werte müsse man nicht beschönigen, betont Franz. Der Städtetourismus boome - auch in Franken - seit Jahren. Er werde inzwischen noch mehr kommuniziert und vermarktet. "Da stellt sich manchem schon die Frage, gehe ich drei Tage zum Shoppen nach München oder Berlin, oder fahre ich lieber drei Tage aufs Land", meint der Geschäftsführer. Selbst Städte wie Hof (plus 1,7 Prozent Gäste und plus 3,6 Prozent Übernachtungen) würden davon profitieren.
Hinter die Zahlen blicken Allerdings warnt Franz davor, solche Werte ungefiltert zu betrachten. So hänge die Übernachtungszahl auch von den Betten ab, die zur Verfügung stehen. Da sei im Frankenwald ein Rückgang zu verzeichnen, sei es weil Betriebe geschlossen wurden oder ihre Betreiber die Zahlen einfach nicht gemeldet haben. Alleine für den Landkreis Kronach seien diesmal fünf Betriebe aus der Statistik verschwunden (jetzt noch 50). Und weniger Betriebe beziehungsweise Betten bedeuteten eben auch weniger Gäste.
Weiter müsse berücksichtigt werden, dass in der Bilanz nur größere Betriebe und Campingplätze erfasst werden. Was sich bei den kleineren Betrieben tue, tauche in der Statistik nicht auf. Man dürfe weiterhin nicht alles über einen Kamm scheren. Wenn ein wichtiger Tourismusort der Region, wie Steinwiesen, 34,4 Prozent weniger Übernachtungen verzeichne und die Kreisstadt ein Minus von 4,9 Prozent zu Buche stehen habe, ziehe das eben die Statistik für ganze Region mit nach unten.
Ein klares Bild der Region zeichnen Um den Reisenden den Urlaub im Frankenwald wieder schmackhafter zu machen, ist für Franz eines wichtig: "Das klare Bild der Gesamtregion ist nach außen hin noch nicht so greifbar. Wir haben hier ganz, ganz viel, aber jetzt müssen wir uns fragen, was hängen wir ins Schaufenster." Es bringe nicht viel, ein markantes Thema eines Ortes her auszugreifen; man brauche etwas, dass sich als Leitbild auf den gesamten Frankenwald projizieren lasse und Anknüpfungspunkte für örtliche Zugpferde biete. Mit dem Wandern sei dieses Thema gefunden. Kompetente Information, Qualität sowie wanderfreundliche Gastgeber und Infrastruktur - wie beim Wandermarathon erlebt - müssten die Aushängeschilder der Region sein.
Präsentieren wird sich der Frankenwald damit wieder bei der ITB in Berlin vom 4. bis 8. März. Allerdings räumt Franz ein, dass die weltgrößte Tourismusmesse für das heimische Tourismus Center mehr dazu diene, Kontakte zu knüpfen und Kooperationen anzukurbeln, als Gäste zu gewinnen. Bei diesem riesigen Ereignis würden die Besucher die deutschen Angebote eher streifen, damit sie die Stände der exotischen Ziele aus der großen, weiten Welt nicht verpassten. Der Frankenwald gewinne seine Interessenten bei anderen Veranstaltungen.
Doch auch wenn es weniger um die Kundschaft geht, haben Franz und seine Mitarbeiter einen randvollen Terminkalender. Zu besprechen gibt es mit dem Fachpublikum genug, um die Weichen für den Frankenwald-Tourismus zu stellen. "Von 10 bis 18 Uhr haben wir im Halb-Stunden-Takt Gespräche", sagt der Geschäftsführer, der sich auf arbeitsreiche Tage einstellt.
Das sagt der Gastronom Bob Neubeck, Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands sowie Inhaber des Apart-Hotels in Steinwiesen, kennt die Entwicklungen in der heimischen Tourismusbranche. Die Zahlen zeichnen einen Rückgang aus, wie er weiß. "Das aber nix geht, ist auch Blödsinn", wehrt er sich gegen einen Abgesang auf den Frankenwald-Tourismus.
Frankenweit befinde sich die Entwicklung der Tourismusbranche gegenüber dem Vorjahr sogar leicht im Plus, betont Neubeck. Er spricht von Städten wie Nürnberg oder Bamberg, die auf ein breites Interesse stießen. Der Städtetourismus im Frankenland könne sich durchaus sehen lassen.
Warum ist das so? Kurze Wege zwischen den Sehenswürdigkeiten, eine gute Infrastruktur und die einfache Anreise mit dem Flugzeug seien Pfunde, mit denen beispielsweise eine Stadt wie Nürnberg wuchern könne. Ländliche Regionen wie der Frankenwald tun sich Neubeck zufolge auf Grund ihrer Struktur schwerer.
Bad Steben ist ein Lichtblick in der Region Aber auch innerhalb des Frankenwaldes selbst - und ebenso innerhalb anderer Mittelgebirgsregionen - macht er spürbare Unterschiede bei der Nachfrage aus. "Was die Zahlen bei uns noch etwas hochhält, ist Bad Steben", nennt er einen touristischen "Leuchtturm" in der Region. Dass es im Frankenwald bei den Übernachtungszahlen aktuell Einbrüche gibt, macht Neubeck auch an nicht kontrollierbaren Rahmenbedingungen fest. Wenn der Schnee fehlt, dann habe man im Winter eben schlechte Karten.
Der Familientourismus spiele zudem keine zentrale Rolle im Frankenwald. So spüre er auch im eigenen Hotel: "Die meisten Übernachtungen, die wir verloren haben, sind die der Kinder." Außerdem gebe es wenige Häuser in der Region, die sich speziell auf Familien ausgerichtet hätten. Muss die Gastronomie im Frankenwald hier gegensteuern? Neubeck meint: "Da muss jeder Unternehmer selbst wissen, wo er hin will." Aus rein wirtschaftlicher Sicht gibt er jedoch zu bedenken, dass bei Kindern sehr viel mit Ermäßigungen gearbeitet werden muss, um den actionreichen Angeboten anderer Regionen und Städte Paroli zu bieten. Zudem schmelze angesichts der demografischen Entwicklung der Markt im Familiensektor. Von daher müsse jeder Hotelier selbst sehen, ob sich Investitionen in diesem Bereich für ihn am Ende wirklich rechnen.
"Die Region hat sich mehr auf andere Zielgruppen ausgerichtet", lautet seine Einschätzung. Egal in welchem Bereich, also auch abseits des Tourismus', rät Neubeck grundsätzlich dazu, weniger über Einzelfaktoren zu diskutieren. Vielmehr sollten grundlegende Ansätze gesucht werden, um den Frankenwald voranzubringen.
Ältere, Aktive und Sportive, das sind die Zielgruppen, die Neubeck aktuell für den Frankenwald-Tourismus ausmacht. Hier seien die Verantwortlichen am Ball und würden die Angebote auch bewerben. Aber eines ist für ihn bei der Vermarktung eines solchen, neuen Weges klar: "Da kann man den Hebel nicht einfach umlegen."
Mehr aus der Statistik Weitere Einblicke in die StatistikLandkreis Kronach: Ankünfte von Gästen (2014): 66.630 aus der Bundesrepublik, 4169 aus dem Ausland; Übernachtungen insgesamt: 186.231.
Die einzelnen Orte stellen sich wie folgt dar:
Kronach: 18.741 deutsche Gäste, 1933 ausländische Gäste, 45.908 Übernachtungen.
Küps: keine Angaben.
Ludwigsstadt: 2483 deutsche Gäste, 90 ausländische Gäste, 6271 Übernachtungen.
Marktrodach: 961 deutsche Gäste, 12 ausländische Gäste, 4545 Übernachtungen.
Mitwitz: 10.505 deutsche Gäste, 589 ausländische Gäste, 33.023 Übernachtungen.
Nordhalben: keine Angaben.
Steinbach am Wald: 4742 deutsche Gäste, 263 ausländische Gäste, 11.701 Übernachtungen.
Steinwiesen: 7153 deutsche Gäste, 8 ausländische Gäste, 26.668 Übernachtungen.
Stockheim: 6164 deutsche Gäste, 812 ausländische Gäste, 10.192 Übernachtungen.
Tettau: 544 deutsche Gäste, 29 ausländische Gäste, 2693 Übernachtungen.
Teuschnitz: keine Angaben.
Wallenfels: 4852 deutsche Gäste, 17 ausländische Gäste, 12.355 Übernachtungen.
Weißenbrunn: keine Angaben.
Wilhelmsthal: 4452 deutsche Gäste, 89 ausländische Gäste, 15.944 Übernachtungen.
In den Nachbarkreisen stellt sich die Situation wie folgt dar:
Landkreis Kulmbach: 93.019 deutsche Gäste, 13.072 ausländische Gäste, 203.387 Übernachtungen.
Kulmbach: 36.426 deutsche Gäste, 4593 ausländische Gäste, 72.787 Übernachtungen.
Landkreis Lichtenfels: 167.511 deutsche Gäste, 5787 ausländische Gäste, 612.374 Übernachtungen.
Lichtenfels: 30.039 deutsche Gäste, 1572 ausländische Gäste, 70.807 Übernachtungen.
Bad Staffelstein: 110.080 deutsche Gäste, 3286 ausländische Gäste, 464.309 Übernachtungen.
Bamberg: 259.256 deutsche Gäste, 47.904 ausländische Gäste, 541.603 Übernachtungen.
Coburg: 53.743 deutsche Gäste, 7768 ausländische Gäste, 119.943 Übernachtungen.
Bayreuth: 123.415 deutsche Gäste, 22.561 ausländische Gäste, 330.247 Übernachtungen.