Ausgehen in Kronach: Wo noch die Korken knallen

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In den vergangenen Jahren haben einige Clubs im Kreis Kronach dicht gemacht. Kann man dennoch ordentlich ausgehen? Foto: Paul Zinken/dpa
In den vergangenen Jahren haben einige Clubs im Kreis Kronach dicht gemacht. Kann man dennoch ordentlich ausgehen? Foto: Paul Zinken/dpa
Kein Gasthof, kein Restaurant: Auf dieser Grafik ist die Anzahl der Bars, Kneipen, Treffs im Landkreis aufgeführt. Also die Orte, die man nicht zum Essen- sondern Ausgehen besucht. Als Quelle für die Zahlen dienten kommunale Verwaltungen und Kenner der Region. Dennoch können sie nicht ganz exakt sein.
Kein Gasthof, kein Restaurant: Auf dieser Grafik ist die Anzahl der Bars, Kneipen, Treffs im Landkreis aufgeführt. Also die Orte, die man nicht zum Essen- sondern Ausgehen besucht. Als Quelle für die Zahlen dienten kommunale Verwaltungen und Kenner der Region. Dennoch können sie nicht ganz exakt sein.
 

Die Tage vieler Stammdiskotheken im Landkreis sind gezählt. Die Freitag- und Samstagabende rentierten sich für die Betreiber nicht mehr. Aber irgendwo muss es doch geblieben sein, das feiernde Volk. Nur wo?

Zum Jahreswechsel ging im Rothenkirchener "Brünnla" das Licht aus. Hatte sich der Betreiber, der Live-Veranstaltungsservice, verkalkuliert? Oder gibt es eine generelle Entwicklung im Kreis Kronach, aufgrund derer Diskotheken keine Zukunft haben?

Manches spricht dafür: Vor knapp über einem Jahr schloss das Sunset in Hummendorf. Und das Café Kitsch in Kronach - früher Stammdisko vieler Landkreisbewohner - bietet seltener Feiern an, hat den Schwerpunkt gewechselt. Zur Ausgeh-Situation im Kreis Kronach kommentierte ein Leser auf unserer Facebook-Seite: "Wirklich viel gibt es da leider nicht mehr. Alle paar Wochen Dreefs - ansonsten wird's schwierig in der näheren Umgebung!"

Ein anderer Leser widerspricht, er sehe viel Tanzbares im Landkreis. Nur habe sich die Struktur verändert. "Früher sind wir Freitags ins Kitsch und Samstags ins Brünnla und später auch ins Sunset. Fünf Mal im Jahr waren Konzerte in der Zecherhalle. Das war's", sagt er. Heute seien fast jedes Wochenende Events in wechselnden Orten des Landkreises: Marktrodach, Steinwiesen, Wallenfels...

Die neue Freundin online zeigen

Das "Kitsch" ist heute ein anderes als vor fünf Jahren. Von einem wirtschaftlichen Dahinscheiden sei aber nicht zu sprechen, sagt Geschäftsführerin Tanja Welsch. Die Umsätze in dem Lokal mit 20 Jahren Tradition seien stabil, eher steigend. "Aber wir haben unsere Ausrichtung verändert", sagt Welsch. Heißt, etwas Abstand von der Disco - nur noch am letzten Freitag im Monat - hin zu mehr Festen, Geburtstagen, Hochzeiten. Und wieso?
Seit einigen Jahren gebe es vor allem östlich der Landesgrenze viele Billiganbieter im Party-Segment.

"Jedes Wochenende ist irgendwo eine Feier mit besonders günstigen Angeboten" schätzt Tanja Welsch. Für junge Gäste sei das attraktiv und zu konkurrieren für sie als Betreiber unrentabel. Hinzu komme, dass es heute schlicht weniger junges Volk in der Kreisstadt gebe. "Hoch her geht es nur um Weihnachten und Ostern. Wenn die Studenten heimkommen", meint die Chefin des Kitsch.

Sie hat auch eine Theorie, warum das abendliche Weggehen an Relevanz verlor: Vor zehn Jahren, da habe man eine neue Jeans, einen neuen Motorroller oder eine neue Freundin noch öffentlich vorführen wollen. "Dafür gibt es jetzt doch Facebook."

Mit dem Trend gehen

Trends haben eine kurze Lebenszeit. Das zeigen die Hitparade, die Modewelt und "Water-Challenges" in sozialen Netzwerken, die nach vier Wochen Dauerschleife wieder vergessen sind. "Die Leute sind unglaublich schnell gelangweilt", meint Tobias Heinlein. Diese These überträgt er auf das Ausgehverhalten im Kreis Kronach: Wer als Veranstalter Erfolg haben wolle, müsse sich an die Schnelllebigkeit des Marktes anpassen.

Heinlein ist einer der Betreiber des Kronacher Veranstaltungsbetriebs "Parti GmbH". Die Firma veranstaltet im Jahr rund ein Dutzend Feiern in den Landkreisen Kronach und Lichtenfels. Dafür mietet sie wechselnde Lokalitäten an. "Nur so können wir schnell und flexibel agieren. Eben so, wie der Markt es verlangt", sagt Heinlein. Wenn es ein Holi-Farbenfestival geben soll, mietet die Firma eine andere Location an als für eine Faschingsfeier. "Ein Disco-Betreiber kann das nicht. Er kann anders dekorieren - aber wenn er seinen Laden umbauen will, kostet das gleich zigtausende Euro."

Wenn Heinlein zehn Jahre zurückblickt, sieht er einen genügsameren Markt. Da hätten Clubs an drei Tagen in der Woche die jeweils gleichen Parties anbieten können und seien drei Mal voll geworden. Das habe auch mit der Mobilität zu tun. "Die meisten 18-Jährigen haben doch mittlerweile ein Auto. Das wird Freitagabend vollgemacht und es geht nach Bamberg, Coburg oder Bayreuth in die Großraumdisco."

Um mit der "Parti GmbH" erfolgreich zu sein, ist für Heinlein Flexibilität ein Schlüssel. Das Team plane Feiern nicht ein halbes Jahr im Voraus, sondern beobachte aktuelles Geschehen. Wenn im Veranstaltungskalender für die Region ein Wochenende noch wenige interessante Feiern biete, "dann gehen wir da rein", sagt er. Der eigentlich schmale Personalstamm werde nur kurzfristig aufgestockt. So sei man in der Lage, "in vier Wochen eine gute Feier genau zu planen und rentabel umzusetzen".

Mit dem "Brünnla" in Rothenkirchen schloss zum Jahreswechsel eine Traditions-Disko mit mehr als 30 Jahren Geschichte. Woran das lag, darüber können die Besitzerinnen Corinna und Mirja Treuner nur spekulieren. Ab 2013 führte der Tettauer Live-Veranstaltungsservice das Tanzlokal. Der ging pleite, nicht das "Brünnla", betonen die Schwestern.

Getränke dürften umsonst sein

Ein neuer dauerhafter Betreiber ist nicht in Sicht. "Wir haben aber einige Interessenten für Veranstaltungen", sagt Mirja Treuner. Die Schwestern sind selbst im besten Ausgeh-Alter. Sie sammeln im Bekanntenkreis Eindrücke: Man tanze selten an zwei Wochenenden hintereinander im selben Laden. Beliebt seien Abwechslung und niedrige Preise. "Die Getränke sollen am besten umsonst sein", sagt Corinna Treuner. Dass Gastronomen ihren Laden unterhalten müssten und Geld zum Leben bräuchten, werde vergessen.

Der Wandel fort von "stationärer" Gastronomie und hin zu Veranstaltern, die an wechselnden Orten feiern, sei logisch, weil er mit Risikominimierung einhergehe. "Aber wenn die Dorfdisco dann schließt, fehlt sie den Leuten auf einmal", weiß Mirja Treuner, die oft nach dem "Brünnla" gefragt wird.

Wo im Landkreis gehen Sie aus?

Auf eine Facebook-Umfrage zum Thema kamen viele Antworten unserer Leser. Hier eine gekürzte Auswahl:

"Riverside Café is immer voll und auch super!"

"Riverside, Cocono, Lupas, Citytreff, No.13, Kitsch..."

"... und da sitzen überall Grüppchen an Tischen und die Chance, neue Leute kennen zu lernen, geht gegen null... Würde man auch mal allein hingehen, weil man sich sicher sein kann, dass man ein paar Bekannte trifft? Es fehlt wirklich so etwas ,Dorfdisco'-artiges... da konnte früher auch jemand ,mal kurz tanzen gehen' und war den Rest des Abends in einer bis dahin fremden Gruppe ,verschwunden'..."

"Und wo gehen die Ü-40 hin?"

"...ins Bett ;D. Nein Quatsch, im Dreefs sind doch öfter mal Ü30-Feiern und im Crown Royal soll es angeblich auch bald wieder in regelmäßigen Abständen Ü30-Feiern geben. Ansonsten könntet ihr auch ins Limerick, Lichtblick oder Blueberry gehen."

"Früher 3 Discotheken direkt in KC und heute??? Heutzutage hat eher a Dorf ne Disco, als ne Kreisstadt wie KC. Selbst zum Shoppen muss man auswärts gehen. Kronach ist nur interessant, wenn Schützenfest oder mal Musiknacht ist. Man kann ja nur noch Essen oder in ne Kneipe gehen oder Kino."

"Kronach wird immer mehr eine Stadt für Rentner, die Ruhe wollen."

"Was is bloß aus Kronach geworden? Man sagte mal mit ganzem Stolz, ich bin Kronacher... Und jetzt is es fast peinlich, aus der langweiligsten, unattraktivsten Stadt Oberfrankens zu kommen... traurig."

"... jedoch sehe ich auch die teilweise überflüssige Bürokratie und Auflagen für Veranstaltungen als "Bremser"."

"Das Problem ist ja im Endeffekt auch nicht (nur), dass es zu wenig Bars, Diskos etc. gibt, sondern dass immer weniger junge Menschen hier wohnen. Wenn es genug Leute gäbe, müsste keine Bar/kein Club zu machen bzw. würde sicher auch mal was Neues aufmachen."

Die Liste der "Ausgehmöglichkeiten"


Kronach

Kitsch
Lichtblick
No. 13
The Blueberry Hill Pub
Weisntube
Limmerick
Riverside
Struwwelpeter
Hollys
Filmburg

Küps

Schöne Aussicht
Kiwi
Karambolage
Lichtblick

Ludwigsstadt

Liftstuben
Café Esprit

Marktrodach

Dreefs

Mitwitz

Enjoy

Nordhalben

Örnies Kegelstube

Pressig

Brünnla/Treuner (gelegentlich)

Steinbach am Wald

Efendi

Steinwiesen

Why not - The Pub
K2

Stockheim

Zecherhalle

Tettau

Hollywood

Teuschnitz

Bamboo

Wallenfels

Kulti