Das trendige Craft-Beer ist inzwischen auch auf Getränkekarten im Kreis Kronach zu finden - auch wenn es im Grunde schon immer auf diesen stand.
Die Liste ist lang. Sehr lang. 14 verschiedene Biersorten stehen derzeit auf der Getränkekarte des Brauhauses 's Antla in der Oberen Stadt. Eigentlich gibt es sogar noch einige mehr - aber da gibt es noch das Problem der begrenzten Lagermöglichkeiten. "Am liebsten wäre es mir, wenn wir irgendwann 25 verschiedene Sorten gleichzeitig anbieten könnten", sagt Markus Ott. Auf einem guten Weg ist er zumindest schon. Seit drei Jahren ist der 39-jährige Braumeister im Kronacher Wirtshaus mit den großen goldenen Buchstaben über der Eingangstür.
Die neuen Sorten gehen auf sein Konto, denn zuvor war die Auswahl deutlich kleiner. Durstige Gäste hatten die drei klassischen Alternativen: Helles, Dunkles, Weizen. Fertig. Zunächst ging es für Ott darum, sich in den neuen Job hineinzufinden, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.
Im zweiten Jahr flossen dann die ersten gebrauten Eigenkreationen aus den bauchigen gold-bronzenen Braukesseln. "Ich will, dass meine Kundschaft etwas tolles, qualitativ Hochwertiges zu trinken bekommt und ihnen zudem zeigen, was man alles mit Bier machen kann", sagt der gebürtige Hofer zu seiner Motivation.
Der Unterschied
Und so erweitern neben den Klassikern längst auch Namen wie "Dark Chocolate", Eisbock, Stout oder IPA die Getränkekarte. Was nur beim Blick auf die Flaschen-Etikette auffällt: Sie alle laufen unter der Marke "Craft-@". Craft-Beer. Der Bier-Trend aus Amerika hat es also inzwischen auch in den Kreis Kronach geschafft. Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Bier, wie es Otto Normaltrinker verzehrt und Craft-Beer?
Ott lehnt sich in seinem Stuhl einmal weit zurück, verschränkt die Arme und schaut kurz an die Decke. "Tja, was ist Craft? Das ist die Frage. Immer noch." Im Grunde genommen handele es sich dabei ja um nichts anderes, als um handwerklich hergestelltes Bier (siehe Infokasten). "Und das machen die kleinen Brauereien hier ja schon immer so. Der Ausdruck ist nur aus den USA rübergeschwappt."
Thomas Kaiser, Braumeister bei der Brauerei Kaiserhöfer, sieht das genauso: "Die wahren Craft-Beer-Brauer sind ja wir fränkischen Brauereien, die noch handwerklich arbeiten." Auf den Flaschen seiner Biere ist der Ausdruck "Craft" allerdings nicht zu finden. Könnte das zukünftig einmal anders aussehen? "Das müssten wir mal abklären", so Kaisers Bruder Uli, der sich vor allem um den Vertrieb kümmert. Angedacht sei es derzeit aber nicht.
Davon, dass sie die Kriterien für Craft-Beer locker erfüllen, ist er so überzeugt wie sein Bruder. "Was uns vielleicht von Brauereien unterscheidet, die sich Craft-Beer-Brauereien nennen, ist höchstens, dass wir nicht so sehr mit Hopfen, Hefen oder Malzen experimentieren", erklärt Uli Kaiser. "Wir haben sozusagen traditionelles Craft-Beer." Und ihr "Goldhopfen" gehe ja im Grunde auch in Richtung Craft-Beer. Denn diese Besonderheit zeichnet den in Deutschland noch immer recht schwammigen Begriff dann doch aus. Es ist fast immer hopfenbetont. Bei mehr als 350 verschiedenen Hopfensorten bietet sich da ein schier unerschöpfliches Experimentierfeld.
Eigenes Reinheitsgebot
Markus Ott stört sich aber daran, dass einige der Brauereien, die auf den Trend aufspringen, versuchen, amerikanische Sorten zu imitieren - also auch amerikanischen Hopfen zu verwenden. "Mein Indian Pale Ale ist aber aus deutschem Hopfen", erklärt er. Es sei einfach interessant, wie diese Bierart mit deutschem Hopfen schmeckt. Sechs bis acht Wochen dauert es, bis eine Craft-Beer-Sorte fertig ist.
Übrigens: Bier nennen darf er seine Neukreationen meist nicht, da sie nicht immer unter das deutsche Reinheitsgebot fallen. In die Gläser fließen sie somit offiziell als "bierähnliches Getränk".
Sorge, dass daher wie teilweise in amerikanischen Brauereinen technische Enzyme oder Aromen ins Bier gemischt werden und Mais statt Getreide zum Brauen benutzt wird, muss in Kronach aber niemand haben. "Ich habe für diese Sorten mein eigenes Reinheitsgebot, indem ich alles aus der Pflanze verwende", sagt Ott. So wandern auch schon mal Gewürze wie Kardamom oder Koriander in den Braukessel, im September Meerrettich und für das Weihnachtsbier Anis und Zimt.
Ob sein Bier nun auch wegen des Ausdrucks "Craft" getrunken wird, ist Ott egal. Hauptsache, er kann zeigen, welche Vielfalt an Aromen aus einem Bier herausgekitzelt werden können - vielleicht ja auch eines Tages mit 25 Sorten gleichzeitig im Ausschank.