Abschiebung: TV Unterrodach kämpft um seinen Trainer

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Mit Samad Alizada (rechts) hat der TV Unterrodach einen international erprobten Karate-Junior mit schwarzem Gürtel in seinen Reihen. Er kämpfte für sein Land Afghanistan im Junioren-Nationalkader und will nun in Deutschland bleiben. Vorsitzender Hartmut Fleischmann (im Hintergrund) ist entsetzt über die Ablehnung des Asylgesuches und will sich mit dem TVU für eine Asylgenehmigung einsetzen. Foto: K.- H. Hofmann
Mit Samad Alizada (rechts) hat der TV Unterrodach einen international erprobten Karate-Junior mit schwarzem Gürtel in seinen Reihen. Er kämpfte für sein Land Afghanistan im Junioren-Nationalkader und will nun in Deutschland bleiben. Vorsitzender Hartmut Fleischmann (im Hintergrund) ist entsetzt über die Ablehnung des Asylgesuches und will sich mit dem TVU für eine Asylgenehmigung einsetzen. Foto: K.- H. Hofmann

Samad Alizada aus Afghanisthan lebt seit Monaten in Marktrodach und hat sich im Turnverein bestens integriert. Nun soll der junge Mann abgeschoben werden.

"Es sah alles so gut aus und hätte so schön sein können", sagt der Vorsitzende des TV Unterrodach, Hartmut Fleischmann, in einem Gespräch mit unserer Zeitung über die neue Karateabteilung des Vereins und ihren talentierten Trainer. Hätte? Wieso hätte?

"Seit einigen Monaten haben wir eine neue Karategruppe in unserem fast 30 Abteilungen zählenden Turnverein", erklärt der Vorsitzende des drittgrößten Sportvereins im Landkreis Kronach. Beim TVU habe man sich sehr gefreut, dass in dieser Sparte ein junger Asylbewerber aus Afghanistan Fuß gefasst und im Verein Halt gefunden hat. "Er war schnell integriert, anders kann man dazu nicht sagen", so Fleischmann. Samad Alizada gehörte bis zum Jahr 2015 zum Nationalkader der Junioren in Afghanistan. Er hatte schon an verschiedenen Länderkämpfen teilgenommen. Kurz vor der Flucht aus seiner Heimat errang er noch die hohe Auszeichnung mit dem schwarzen Gürtel.


Terror erlebt

Fleischmann erzählt die Vorgeschichte dessen, weswegen er nun sehr traurig ist. Er wird Samad Alizada vielleicht bald wieder verlieren, denn für den Flüchtling liegt ein Ablehnungsbescheid seines Asylgesuches vor. Das heißt, Alizada steht vor der Abschiebung.

Er war gerade 17 Jahre alt, als er sich auf die Flucht gemacht hatte. Seine Eltern waren auf einer Fahrt in die 3,5-Millionen-Stadt Kabul erschossen worden, als er zwei Jahre alt war. Er wuchs dann bei seiner älteren, verheirateten Schwester auf. Vor vier Jahren gerieten sie in ihrem Heimatort im Westen Afghanistans wieder ins Visier der Taliban - aus Sicht Samad Alizadas eine terroristische, militärisch gut ausgerüstete Organisation, die keine Rücksicht auf Zivilisten nimmt und zu der auch andere verbündete islamistische Terrormilizen zählen.
Ein Bruder von ihm habe sich bei der afghanischen Polizei verpflichtet, erzählt der junge Mann. Der damalige Ehemann seiner Schwester sei attackiert worden, weil er mit der afghanischen Polizei zusammengearbeitet habe. Es sei zu verschiedenen Angriffen gekommen. Der junge Asylbewerber erzählt von einem nächtlichen Überfall auf das Haus, wobei er selbst durch vier Messerstiche schwer verletzt worden sei.

Danach begann die Flucht mit seiner Schwester und deren zwei minderjährigen Söhnen nach Deutschland. Im Oktober 2015 landeten sie schließlich in der Notunterkunft in der ehemaligen Firma Dreefs in Unterrodach. Seit Dezember wohnen sie in Zeyern, was durch Vermittlung der Marktgemeinde und auch von Hartmut Fleischmann ermöglicht wurde.


Gut integriert

Der TVU-Vorsitzende setzte sich von Anfang an für die Flüchtlingsfamilie ein. Er hat sehr schnell gespürt, dass hier der Wille zur Arbeit und zur Integration vorhanden ist. Vor circa einem Jahr schloss sich Samad Alizada dem Männerturnen beim TVU an und entpuppte sich auch sehr schnell als ein sehr guter Volleyballspieler.

Ab dem Frühjahr bis August 2016 arbeitete er im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs im Marktrodacher Bauhof. Seit September besucht er die Berufsschule in Kronach, weil auf dem Arbeitsmarkt deutsche Arbeitssuchende zuerst vermittelt werden müssen. Seit Anfang 2017 hat er eine kleine Jugend-Karategruppe im TVU aufgebaut. Diese läuft bis heute mit gutem Erfolg.

Nun droht Alizada ein weiterer Schicksalsschlag. Dazu berichtet Hartmut Fleischmann: "Ich war im Juli vergangenen Jahres mit Samad zur Anhörung seines Asylverfahrens in Schweinfurt. Mir fiel sehr schnell auf, dass das Ergebnis wohl schon von Anfang an festzustehen schien." Vor einigen Tagen habe der Afghane die Ablehnung seines Asylgesuches und zugleich die Abschiebeankündigung erhalten. "Für uns eine große Enttäuschung", meint Fleischmann. Allerdings werde der Betroffene Rechtsmittel einlegen. "Anwalts- und Prozesskosten sind jedoch sehr teuer", verrät der TVU-Vorsitzende.


Es geht nicht um Asylrecht, sondern um einen Sportkameraden

Nun will Fleischmann helfen. Er sagt: "Es geht mir nicht um das Für und Wider einer bestimmten Flüchtlingspolitik. Es geht um unseren Sportkameraden Samad. Wenn ich ihn im Verein um Hilfe gebeten habe, war er stets einer der Ersten und zeigte sich stets hilfsbereit. Wir werden ihn nicht im Stich lassen", versichert der Vorsitzende im Namen des TVU. Er habe auch von anderer Seite bisher nur Gutes über den jungen Mann gehört.

Zur Unterstützung des Karate-Trainers hat der TVU ein Spendenkonto eingerichtet. Freiwillige Spenden sollen für die Begleichung der Anwalts- und Gerichtskosten eingesetzt werden. Unter dem Stichwort "Solidarität mit Samad" bittet der TVU um Spenden auf das Konto bei der Raiffeisen-Volksbank Kronach- Ludwigsstadt: IBAN: DE90 7736 1600 0000 1120 20.