Wenn Purim auf Fastnacht trifft

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Ausstellung Jüdisch Jeck im Deutschen Fastnachtmuseum
Diese Fastnachts-Maske aus der Rhön sollMose darstellen und wird ungefähr auf das Jahr 1850 datiert. Sie ist eines derExponate der Ausstellung „jüdisch Jeck,Fastnacht und Purim ...
Ausstellung Jüdisch Jeck im Deutschen Fastnachtmuseum
B4700/_- (Deutsches FastnachtMuseum Kitzingen, Sammlung Prof. Friedrich Münch)
In Zusammenarbeit mit dem Förderverein ehemalige Synagoge und dem Deutschen Fastnachtmuseum ist die Sonderausstellung entstanden ...
Siegfried Sebelka

Von wegen, an Aschermittwoch ist alles vorbei. In Kitzingen ist das nicht so. Im Deutschen Fastnachtmuseum gibt es eine außergewöhliche Sonderausstellung.

Von wegen, an Aschermittwoch ist alles vorbei. In Kitzingen ist das nicht so. Da ist Fastnacht, Fasching, Karneval eine Ganzjahresveranstaltung, zumindest im Deutschen Fastnachtmuseum. Da geht es um Geschichte, Tradition und Forschung. Jetzt gibt es eine neue Sonderausstellung.

Alte Fotos

Feiern mit Essen, Trinken und Verkleiden ähneln sich. Das zeigt das Foto einer kostümierten Klasse aus Rimpar mit Lehrerin aus den 30er Jahren. Haben sich die Kinder für die christliche Fastnacht oder das jüdische Purimfest herausgeputzt? Selbst Fachleute sind sich da nicht einig. Warum das nicht so einfach ist, zeigt die Sonderausstellung im Deutschen Fastnachtmuseum in Kitzingen.

„Jüdisch jeck, Fastnacht und Purim – eine Annäherung“ heißt die Ausstellung, die vom 14. März bis 12. Juli zu sehen sein wird. Sie ist in Zusammenarbeit mit dem Förderverein ehemalige Synagoge, dem Fastnachtmuseum und dem Lehrstuhl für Europäische Ethnologie an der Uni Bamberg entstanden. Sie liefert Einblicke in ein weitgehend brach liegendes Forschungsgebiet, zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Feste.

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Alles fing mit einer Grafik an

Dabei sah es zunächst nicht nach einer Sonderausstellung aus. Wie Museumsleiterin Daniela Sandner sagte, hat alles mit einer einzigen Grafik aus dem Archiv des Museums angefangen. Die zeigt einen Purim-Ball in Prag. „Am Ende sind es über 60 Exponate. Der Ausstellungsraum wird voll“, so Sandner.

Am Anfang stand laut Margret Löther vom Förderverein die Anregung der Kitzinger Kulturreferentin Brigitte Endres-Paul. Die hat die beiden wichtigen Kitzinger Kulturträger zu überzeugen versucht, doch was gemeinsam zu machen. Nicht so einfach, wenn sich das Fastnachtmuseum um seine eher leichten Themen und der Förderverein um die durch den Holocaust belastete Geschichte der Juden befasst.

Die Verbindung heißt Purim

Und doch sind Sandner, Löther und ihrer Mannschaft vom Förderverein zusammengekommen. Die Verbindung heißt Purim. Das jüdische Fest hat viel mit Fastnacht und Karneval zu tun, wenn auch mit ganz anderen Hintergründen.

Um die Idee umzusetzen, begab sich Sandner mit ihrer Mitarbeiterin Romana Wahner, dem Förderverein und den Studierenden aus Bamberg auf Spurensuche. Das Ergebnis: Die Ausstellung mit vielen Exponaten steht. Die kommen aus der Region, ein Klassenfoto aus Mainstockheim ist dabei, aber auch aus den USA oder vom Bodensee.

Die Geschichte

„Sie zeigen die einzigartige Verknüpfung von Karneval und jüdischen Festformen“, so die Museumsleiterin. Das Purim-Fest, das heute noch intensiv – einschließlich Wodka bis zum Umfallen – gefeiert wird, und die damit verbundene Esther-Geschichte nehmen die Hauptrolle ein.

Die Geschichte geht, kurz gefasst, so: Die schöne Jüdin Esther wird in biblischen Zeiten vom persischen König zur Frau gewählt. Doch da gibt es einen hinterlistigen Oberbeamten, den Wesir Haman, der die Juden töten will. Die schlaue Esther verhindert das.

Alle verkleiden sich

Aus Freude über dieses Ereignis feiern die Juden das Purim-Fest. Erwachsene und Kinder verkleiden sich. Es wird gegessen, getrunken und es gibt Umzüge, „die glatt als Karnevalsumzüge durchgehen könnten“, so Sandner: „Schauen Sie mal auf den Videokanal Youtube.“

Das Fastnachtmuseum zeigt, wie man das Purimfest feiert. Zu sehen sind traditionelle Esther-Rollen, lärmende Ratschen, Fotografien und historische Grafiken. Dass klassische „Judenfiguren“ auch Teil der Fastnacht sind, zeigen die Holzmasken aus der Rhön, die als „Rhöner Jüden“ erstmals in Kitzingen zu sehen sein werden.

Judentum und Fastnacht

Wie stark Juden bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts in Fastnacht und Karneval eingebunden waren, zeigen Biografien bedeutender jüdischer Karnevalisten. Es geht aber auch um Albert Ehrhardt, der als erster Sitzungspräsident in den 80er Jahren die Fastnacht in Franken präsentierte und der der jüdischen Gemeinde in Nürnberg angehörte.

Auch die Kinder werden nicht nur in einer Spielecke auf ihre Kosten kommen, sondern auch beim Puppentheater (siehe Infobox). Zudem wird eine Begleitpublikation zur Ausstellung erscheinen. Die allerdings ist, wie die Ausstellung selbst, noch in Arbeit. Und noch etwas wird nicht zu kurz kommen, verspricht Sandner: Der legendäre jüdische Humor.

jüdisch jeck, Fastnacht und Purim – eine Annäherung

Ausstellung: Die Exponate sind ab 14. März (bis 12. Juli) im Raum für Sonderausstellungen im Fastnachtmuseum, Luitpoldstraße 4, zu sehen. Geöffnet: Dienstag bis Sonntag, 13 bis 17 Uhr. Rahmenprogramm: Zu der Ausstellung gibt es drei Veranstaltungen. Puppentheater: „Die schlaue Esther“ heißt das Stück, das das einzige jüdische Puppentheater „bubales“ aus Berlin am Montag, 6. März, in der Alten Synagoge zeigen wird. Um 10 und 13.30 Uhr werden gut 200 Kitzinger Kinder die jüdische Erzählung aus dem alten Persien erleben können: Die Puppen wandern anschließend in eine Vitrine der Sonderausstellung. Lesung 1: „Wenn der Rabbi Tacheles redet“ heißt der Streifzug durch den jüdischen Humor, den Diethard Bischof am Sonntag, 26. März, 18 Uhr, im Fastnachtmuseum unternehmen wird.

Lesung 2: „Geht's nicht vom Herzen, geht's vom Magen“. Am Samstag, 1. April (kein Scherz), um 18 Uhr gibt es Heiter-besinnliches zu Purim und Fastnacht mit Hans Driesel. Die Musik machen Hans und Lissy Heilgenthal.

Schirmherrin: Mit Charlotte Knobloch hat die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern die Schirmherrschaft übernommen. Die hat übrigens ihren Mann bei einem Purim-Ball kennengelernt.