Wer von Frankenwein redet, kommt höchstwahrscheinlich nicht gleich auf Alzenau. Doch ein Besuch im nordwestlichsten Zipfel Bayerns lohnt sich, ist ein Geheimtipp.
„Wir blicken oft nach München, flaggen gern Weißblau.“
Walter Scharwies, Altbürgermeister Alzenau
Wer von Frankenwein redet, kommt höchstwahrscheinlich nicht gleich auf Alzenau – wenn überhaupt: Im nordwestlichsten Zipfel Bayerns wird gebabbelt, nicht geredet. Im nahen Frankfurt sind Äppelwoi und Bembel spätestens seit Heinz Schenk und dem Blauen Bock weltbekannt.
Und doch: Wer jetzt zum Ende der Ferien noch nach einem Ausflugsziel sucht – die Weinregion Alzenau ist ein Geheimtipp, steckt voller Überraschungen. Zum Beispiel hatte Schauspieler Günter Strack dort Weinberge, weil seine Mutter aus Wasserlos stammte. Als die Deutsche Weinkönigin Josefine Schlumberger neulich Franken besuchte, bei Armin Heilmann im Alzenauer Ortsteil Michelbach Station machte, war sie hin und weg. „Erst war ich überrascht, wohin mich das Navi führt. Aber was ich dort gesehen habe, die Mischung aus Weinbergen und Wald, Obstanbau und Ackerbau, hat mich begeistert.“
Kleinste Weinregion Frankens
Ihre Begleiterin, die Fränkische Weinkönigin Christina Schneider, ist fast schon Stammgast im Reich von Weinbauvereins-Chef Klaus Gündling und Bürgermeister Alexander Legler; sie hat Gefallen gefunden an der kleinsten Weinregion Frankens mit 90 Hektar Rebfläche.
Die 22-Jährige muss lachen, als sie die Geschichte von der Einweihung des terroir-f-Punktes im Juni erzählt. „Ich habe die drei großen Fahnen im Apostelgarten zwar von weitem gesehen, aber trotz mehrerer Versuche den Fahrweg nicht gefunden. Also bin ich mit Pumps den Weinberg hochgestiefelt. Und nachdem ich das in meiner Rede erwähnt hatte, haben es mehrere Ehrengäste nachher aufgegriffen und gesagt, dass es ihnen ebenso ergangen ist.“
Überzeugte Bayern
Zu den kleinen Überraschungen gehört: Die Alzenauer produzieren zwar Frankenwein, sind aber überzeugte Bayern. Die Alzenauer Burg gehört dem Freistaat, der Staatliche Hofkeller hat im Ortsteil Hörstein Rebflächen, der Fußballverein heißt Bayern Alzenau. „Sprache und Mentalität sind anders als im übrigen Franken, der Spessart bildet eine Barriere. Wir blicken oft nach München, flaggen gern Weißblau“, verdeutlicht Altbürgermeister Walter Scharwies.
Dementsprechend groß wird gefeiert, dass Alzenau 1816 infolge des Münchner Vertrages vom hessischen Darmstadt an Bayern überging. „Vivat, es lebe unser geliebter König“, hieß es vor 200 Jahren. Als Horst Seehofer anlässlich des Jubiläums mit seinem Kabinett in der Burg Alzenau tagte, quasi Hof hielt, durfte sich der Ministerpräsident über viel Zuneigung „seines Volkes“ freuen.
2015 war Gartenschau
Erst ein Jahr zuvor, 2015, war Gartenschau in Alzenau: Das Gelände am Flüsschen Kahl ist weitläufig, ein Blumenmeer, ideal für einen Ferientag. Es gibt dort Spielplatz, Kiosk, Hängematten, eine Kneipp-Anlage. „Ganz schön kalt“, fand Christina Schneider das Wasser beim Praxistest, „aber gut für die Lebensgeister“.