Viel Bier und eine Bundesministerin

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Zum Wohl: Ilse Aigner (rechts) stößt mit den Veranstaltern und Ehrengästen an - von links Dr. Anja Weisgerber und Dr. Otto Hünnerkopf. Foto: Thomas Meyer
Zum Wohl: Ilse Aigner (rechts) stößt mit den Veranstaltern und Ehrengästen an - von links Dr. Anja Weisgerber und Dr. Otto Hünnerkopf.  Foto: Thomas Meyer

Die Messlatte lag ziemlich hoch: Beim "Tag des Bieres" in Gnodstadt, den die Braumeister Sebastian und Martin Rank am Freitag zum 17. Mal ausrichteten, standen schon alle möglichen Bayerischen Minister am Rednerpult, das immer noch aus drei Bierkisten zusammengezimmert ist. Die Monika Hohlmeier war schon da - und im letzten Jahr die Christine Haderthauer. Diesmal setzten die Veranstalter noch einen drauf und präsentierten zum ersten Mal eine Bundesministerin als Festrednerin: Ilse Aigner.


In der festlich geschmückten Halle der Brauerei Düll gab es schon eine Stunde vor Aigners Einzug keine Sitzplätze mehr. Alles wartete auf die 49-Jährige CSU-Polikerin aus Oberbayern. Die ledige Katholikin löste 2008 Horst Seehofer im Amt als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ab.

An der Decke hingen weiß-rote fränkische Fahnen. Die Luft roch nach Bier, Kraut und Bratwürsten. Die Leute unterhielten sich lautstark. Manche rechneten bis zum Schluss noch mit einer kurzfristigen Absage der Bundesministerin. Andere diskutierten schon einmal die Themen, die sie von ihr erwarteten, wie Pferdefleischskandal, Wegfall der Fördermittel und Kontingente für deutiche Landwirte, Monokulturen oder Bevormundung durch Brüssel.

Im Herbst stehen Wahlen an.
Abgesehen von der Anziehungskraft Aigners und des guten Bieres in Gnodstadt war vielleicht auch das ein Grund für viele, nach Gnodstadt zu kommen, um zu sehen oder gesehen zu werden. Dem Vorwurf, dass der "Tag des Bieres" eine Wahlveranstaltung der CSU sei, widersprach allerdings der Braumeister Sebastin Rank energisch in seinem Grußwort: "Dies wurde mir gerade in den letzten Tag vorgeworfen und hat mich sehr geärgert; wir feiern hier immer noch den Erlass des Bayerischen Reinheitsgebotes vom 23. April 1516. Das steht im Mittelpunkt."

Den Kontakt zur hochkarätigen Gastrednerin hatte, wie immer, MdL Dr. Otto Hünnerkopf hergestellt, der das zweite Grußwort entbot.
Ilse Aigner zog pünktlich um 19.30 Uhr unter lautem Beifall in die Festhalle ein. Begleitet wurde sie von ihrer Berliner Pressereferentin und drei Leibwächtern des Bundeskriminalamts (BKA), die sich rasch in der Halle verteilten, sich in ihren dunkelgrauen Anzügen aber doch, gewollt oder nicht, auffällig vom Publikum abhoben.
Aigner selbst trug einen dunkelbraunen Hosenanzug. Sie zeigte sich herzlich und lachte viel. Zunächst aber stärkte sie sich mit einem zünftigen Essen, das aus Fränkischen Bratwürsten mit Sauerkraut und Brot bestand, dazu gab´s Gurkensalat und ein Bier. Danach wäre so manch anderer reif für ein Nickerchen gewesen, nicht aber die Ministerin, die sich energisch ans Rednerpult begab und fast eine Stunde frei, ohne Manuskript, sprach.
Rollende Rs sind bei ihrem oberbayerischen Dialekt natürlich Pflicht, die Stimme blieb stets energisch und sachlich. Eine Bierzeltrednerin ist Ilse Aigner sicher nicht. Höhepunkte, die Emotionen bei den Zuhörern hervorriefen, fehlten in ihrer Rede. So gab es immer wieder in verschienen Ecken kleine private Diskussionsnester. Ein alter Landwirt rief dazwischen: "So ein Schmarrn, ihr macht doch alles, was Brüssel euch vorsagt."

Für den Zwischenruf erntete der Mann sogar einen fliegenden Bierdeckel und Geschimpfe. Ilse Aigner blieb sachlich-ruhig und meinte: "Stellen Sie sich vor, sie haben eine Großfamilie mit 27 Kindern und Sie wollen sich auf ein Fernsehprogramm einigen; so ist die Arbeit in der EU."

Sie erinnerte daran, dass Deutschland das jetzt einzige Land ohne Produktivitätsförderung sei - und dass es beim Wasser keine Pflicht zur Privatisierung gäbe. Sie brach eine Lanze für die Wertschätzung unserer Lebensmittel und meinte: "Ich habe das mal prüfen lassen. Jeder von uns wirft jährlich 82 Kilo gute Lebensmittel weg. Und auf den Parkplätzen der Discounter stehen teure Wagen."

Dann kam das rollende R wieder voll zum Einsatz: "Ist doch wahrrr! Der Mensch, der die Lebensmittel herstellt, muss doch auch von seiner Arbeit leben können." Damit sprach sie einem Landwirt aus der Seele, der meinte: "Ich habe damals Milchkontingente für viel Geld gekauft, jetzt sind die weg und wertlos."

Aigner erinnerte an die Jugendarbeitslosigkeit in unseren Nachbarländern, die zwischen 25 und 50 Prozent liegt. In Deutschland und speziell in Bayern sieht sie aber noch keine Probleme für den Nachwuchs und meinte: "In Bayern kommen schon 42 Prozent der Studenten nicht mehr über das Abitur; die Bildung und die Ausbildung der Kinder muss sich nämlich an ihnen orientieren und nicht mehr nach den Wünschen der Eltern richten."
Zeit für Diskussionen oder kleine Gespräche hatte Ilse Aigner keine. Sie dirigierte noch mit sichtlichem Vergnügen die Rodheimer Musikanten zum Bayerischen Defiliermarsch und zog dann schnell mit ihren Begleitern aus der Halle.