Stromtrasse: Front der Ablehnung

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Stromtrasse: Fron der Ablehnung
Landrätin, Bürgermeister und Bauernverband haben in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Bedenken zusammengefasst und sie Tom Wagner von Tennet übergeben ...
Stromtrasse: Fron der Ablehnung
Bodenerwärmung oder nicht und wenn ja, um wie viel Grad? Das waren Themen, die vor allem die Vertreter der Bauern interessierte, wie den Kreisvorsitzenden des Bauernverbands Alois Kraus und die ...
Siegfried Sebelka

Einen harten Stand hatten Vertreter des Netzbetreibers Tennet beim Info-Forum zu einer Stromtrasse durch den Landkreis. Es gab sogar ein Betreteverbot.

Einen harten Stand hatten die Vertreter des Netzbetreibers Tennet beim Info-Forum zu einer möglichen Erdkabel-Stromtrasse des SuedLinks durch den Landkreis. Sie trafen bei der Informationsveranstaltung über das „zentrale Leitungsbauvorhaben der Energiewende“ am Mittwoch in Albertshofen auf eine Front der Ablehnung.

Koalition

Eine „Koalition“ aus Landrätin Tamara Bischof, den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden, dem Bund Naturschutz und dem Bauernverband, verstärkt durch den Landtagsabgeordneten Otto Hünnerkopf, forderte in der Gartenlandhalle, was manche Bauern auf Schildern bei sich trugen: „Keine Stromautobahn im Landkreis Kitzingen.“

Betreteverbot übergeben

Den Höhepunkt des Widerstands gegen den Abschnitt des Korridors mit der Nummer 127, in dem die Trasse durch den Landkreis verlaufen könnte, markierte der Bauernverbandsvorsitzende Alois Kraus. Der bezeichnete die Flächen nach dem Einbau der Leitungen und wegen der Erwärmung des Bodens als „wertlosen Todesstreifen“.

Tom Wagner als dem Vertreter des Netzbetreibers gab er auf einem Schild die Botschaft mit: Betreteverbot für den Landkreis.

80 Prozent Landwirte

Auch wenn das wohl eher symbolisch gemeint war, klar war schnell, woher der Widerstand kommt. Mindestens 80 Prozent der gut 100 Besucher waren Landwirte. Dass die zu deutlichen Aussagen neigen, bekam das Tennet-Team zu spüren. Die Kritik ging am Termin der Veranstaltung los. Um 17 Uhr könnten viele Bauern nicht kommen, weil sie noch viel zu tun haben. „Reine Absicht“, vermutete ein Teilnehmer. Ein weiterer sprach dem Netzbetreiber die Seriosität ab und unterstellte ihm reines Gewinnstreben.

Mit allen Mitteln

„Wir werden mit allen Mitteln gegen die Trasse kämpfen“, hatte Gertrud Schwab als ehemalige Kreisbäuerin angekündigt und Kraus machte deutlich, dass die mögliche Trasse die landwirtschaftlich wertvollsten Böden treffen würde. Kein Wunder, dass es in der Diskussion um die Frage von Entschädigungen ging. Die nicht alle zufrieden stellende Antwort: „Die orientiert sich an der Entschädigungspraxis bei erdverlegten Leitungen.“ Dass beim Widerstand auch der Bund Naturschutz dabei ist, sagte Klaus Petter.

Ebenfalls mit Kritik – diesmal an der Informationspolitik des Netzbetreibers – startete Landrätin Tamara Bischof. Sie sei wie die Bürgermeister völlig überrascht worden von den Plänen, die Ende September aufgetaucht sind. Nach seiner Entscheidung der Großen Koalition im Jahr 2015 sei sie davon ausgegangen, dass der Landkreis außen vor sei. „Wieso planen sie etwas, was die Politik gar nicht will?“, fragte sie und bekam die Antwort. Der politische Wille könne zwar vorhanden sein, finde sich nicht in dem Gesetz, an das sich Netzbetreiber zu halten hätten.
Gemeinsam mit den Bürgermeistern aus Dettelbach, Mainstockheim, Buchbrunn und Biebelried überreichte Bischof dem Teamleiter eine gemeinsame Erklärung. In der wird (wie berichtet) auf die starke Belastung des Landkreise durch Infrastrukturmaßnamen wie Autobahnen ebenso hingewiesen wie auf Bodendenkmäler, Schutzgebiete und die schon erwähnten Belastungen der Landwirtschaft. Unterm Strich sieht die Erklärung „zahlreiche Ausschlusskriterien“ für die Trasse.

Wie Wagner sagte, werden diese Bedenken ebenso in den Planung einfließen wie Anregungen, und Informationen, die per Internet oder auf anderen Weg kommen werden. Ziel der jetzt laufenden freiwilligen Informationskampagne sei eine Optimierung der Korridore, die bisher vor allem auf Daten des Geografischen Informationssystems (GIS) basieren.

In Albertshofen gab es neben der etwa einstündigen Fragestunde jede Menge Informationen. Zunächst eine Stunde lang an Infoständen und dann in drei Vorträgen von Tim Wagner, Christian Koch von der Bundesnetzagentur und Hanka Weichenmüller für die Planer. Nach fast drei Stunden war es vorbei. Dass es am Ende – wenn auch verhalten – Beifall gab, zeigt, dass die frühe Bürgerbeteiligung so schlecht doch nicht gewesen sein kann.

Der SuedLink in Stichworten

Hintergrund: Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie soll Ersatz aus den Windparks im Norden kommen. Für ein Gelingen der Energiewende müssen Stromnetze ausgebaut werden. Eine Gleichstromleitung aus dem windreichen Norden Deutschlands in den stromverbrauchsreichen Süden soll das regeln.

Die wird nach einem Beschluss des Bundestags – nach massiven Protesten gegen die überirdischen „Monstertrassen“ – unterirdisch verlaufen.

Der SüdLink: Der SüdLink, die Hauptschlagader der Energiewende, besteht aus zwei Netzausbauprojekten. Beide Hochspannungsgleichstromübertragungsleitungen (HGÜ) führen von Wilster in Schleswig-Holstein nach Süden. Ein Strang endet bei Grafenrheinfeld, der andere bei Großgartach in Baden-Württemberg. Problem: Von Grafenrheinfeld aus gibt es einen Erdkabelkorridor, der durch den Landkreis führt.

Die Technik: Für die Kabeltrasse wird ein bis zu 30 Meter breiter Streifen benötig. In der Bauphase können es bis 50 Meter sein. Die Kabel werden in einer Tiefe von bis zu zwei Metern verlegt. Im Kern haben sie eine Spannung von 320 Kilovolt eine Temperatur von 70 Grad, außen am PE-Mantel noch 30 Grad. Die Erdoberfläche über der Trasse könnte ein Grad wärmer werden.

Die Leistung: Die beiden Verbindungen von SuedLink sollen jeweils eine Übertragungskapazität von zwei Gigawatt haben. Dies ist etwa die Leistung von vier Atomkraftwerken oder der Bedarf von zehn Millionen Haushalten.

Zeitrahmen: SuedLink könnte ab 2021 gebaut werden und 2025 in Betrieb gehen – wenn alles nach Plan läuft.

Kosten: Es gibt unterschiedliche Zahlen. Die Betreiber haben rund zehn Milliarden Euro für die 700 Kilometer lange Kabel-Verbindungen angesetzt. Als Freileitung wären es nur drei Milliarden gewesen. In Albertshofen hieß es: Ein Kilometer Freileitung kostet 1,4 Millionen Euro, Erdkabel, das drei bis achtfache, je nach Gelände. Bezahlen wird alles der Verbraucher. Die Kosten werden für 40 Jahre auf den Strompreis umgelegt.

Weiterer Ablauf: Die ersten Vorschläge für mögliche Erdkabel-Korridore der Arbeitsgemeinschaft SuedLink liegen auf dem Tisch. Bis Ende November können Bürger im Internet Anregungen zur Planung abgeben und Forderungen stellen. Ziel der Netzbetreiber ist es, im Frühjahr 2017 mit Korridorvorschlägen ins offizielle Verfahren einzutreten. Darin wird der raumverträglichste Korridor verbindlich festgelegt. Die weitere Feinplanung für das Leitungsvorhaben erfolgt in dem sich anschließenden Planfeststellungsverfahren, etwa Ende 2018.

Informationen und Anregungen: Unter www.suedlink.tennet.eu stellt Tennet ein Portal zur Verfügung, in das jeder Bürger Bedenken eintragen kann. Schriftlich geht das unter suedlink@tennet.de.