Wir leben in einer Welt in der ein Ereignis sofort durch das nächste übertroffen wird. Die Präsentation des neuen HSV-Trainers ist dafür nur ein Beispiel.
Der Hamburger SV ist nicht nur gemessen am eigenen Selbstverständnis ein besonderer Klub. Als einziges Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga ist er noch nie abgestiegen. So etwas elektrisiert die Leute, mehr noch scheint es die Medien zu bewegen, die in der zum Dauerzustand gewordenen Krise des Klubs nicht müde werden, diese Besonderheit zu betonen.
Man hat das Gefühl, wenn der Abstieg doch eines Tages wie ein Naturereignis über die Hansestadt kommen sollte, dann sei es geschehen um den stolzen Verein. Es klingt, als würde man über einen Menschen sagen, er sei noch nie gestorben, und wenn es doch mal passiert, . . . nun ja.
Als „Dino der Liga“ wird der HSV gerne bezeichnet, was ein etwas schiefes Bild ist, denn die Dinosaurier sind seit etwa 65 Millionen Jahren ausgestorben – andererseits war auch ihr Niedergang Folge einer Naturkatastrophe, unvermeidbar also, als ein Meteorit auf der Erde einschlug.
In Hamburg haben sie ihr Schicksal nun in die Hände des Mannes gelegt, dem sie allem Anschein nach zutrauen, es selbst mit einem Meteoriten aufnehmen zu können. Glaubt man den Experten, dann steht Bernd Hollerbach bei seiner Mission kaum mehr zur Verfügung als eine Axt.
Damit hat er schon als Spieler eifrig geholzt. Legendär die Wetten der Fans vor jedem Spiel im Volksparkstadion, wieviel Minuten wohl vergehen, bis der Würzburger sich die Gelbe Karte abholt; oft genug lagen die Werte im einstelligen Minutenbereich. Hollerbach-Lotto nannten sie es. Disziplin und Leidenschaft waren Hollerbachs Tugenden als Spieler – darauf legt er auch als Trainer Wert.
Man hat dem Mann, zu dessen Vita es zwingend zu gehören scheint, „Metzgerssohn aus Rimpar“ zu sein, nach seinem selbst gewählten Ausstieg letzten Sommer bei den Würzburger Kickers reichlich Häme hinterhergetragen; etwas von diesen Rufen hallt bis zum HSV. Ich will das nicht kommentieren. Meine persönlichen Erfahrungen mit Bernd Hollerbach beschränken sich auf ein paar flüchtige Begegnungen Anfang der 1990er Jahre bei der Bundeswehr in Hammelburg.
Schon damals war Hollerbach ein kleiner Star. Nun, bei seiner Ankunft in Hamburg, wurde er beinahe messianisch empfangen. Die „Hamburger Morgenpost“ räumte pflichtschuldigst die Titelseite frei, und die „Bild“ hängte die Geschichte höher als die Romanze des liebestollen Ex-Kanzlers Schröder. Ich frage mich, ob es am Wochenende nicht ein Votum der SPD für Koalitionsgespräche gab.