Ein Franke holt bei den Special Olympics zweimal Gold: Stefan Weidners Freudentränen in Abu Dhabi, Dubai und daheim in Würzburg.
Er dreht auf. DJ Rumba-Finger aus Jamaika hat seinen Truck mit Sound- und Lichtanlage direkt am Eingang zu den Mainfränkischen Werkstätten in Würzburg, Ohmstraße, geparkt. Von hier aus schickt er seine Beats in die Menge. Und die wächst rasch auf ein paar hundert Leute an. Rollstuhlfahrer und Plakatträger, Fähnchenschwenker und fröhlich Schwofende - alle strahlen um die Wette, Vorfreude und Aufregung vermischen sich. Nach zwei Wochen in den Vereinigten Arabischen Emiraten soll gleich ihr Olympiasieger heimkehren - mit zwei Goldmedaillen!
In aller Herrgottsfrüh war Peter Estenfelder (Technischer Leiter der Mainfränkischen Werkstätten) zusammen mit Stefan Weidners Familie zum Frankfurter Flughafen gefahren. Dort landete das Flugzeug der deutschen Special-Olympics-Delegation. An Bord war einer der erfolgreichsten Athleten bei den Weltspielen für Menschen mit geistiger Behinderung: Stefan Weidner. Der 42-Jährige aus Ger-brunn bei Würzburg hatte zunächst in der Disziplin 1600 Meter Freiwasserschwimmen mit 26,18 Minuten die Goldmedaille geholt und stand ein paar Tage später mit der 4x100-Meter-Staffel erneut ganz oben auf dem Treppchen. Zudem holte er über 800 Meter Freistil einen vierten Platz.
Während Peter Estenfelder und Familie Weidner mit ihrem "Goldjungen" zurück nach Würzburg fahren, verwandelt sich der Hof der Mainfränkischen Werkstätten in eine Party-Meile. Deren Organisator Thorsten Dennerlein (Lagerist) hält per Handy Kontakt zu Peter Estenfelder und heizt die Stimmung in Würzburg an, indem er alle paar Minuten die aktuelle Position des Kleinbusses bekanntgibt. Und dann kommt der große Moment. Der Van fährt die Auffahrt hoch, jemand schreit: "Er kommt!", DJ Rumba-Finger dreht noch mehr auf: "Ein Hoch auf uns, auf dieses Leben, auf den Moment, der immer bleibt", dröhnt es aus den Boxen. Die Menge jubelt und schwenkt enthusiastisch selbst gemalte Fähnchen mit Aufschriften wie "Goldjunge", "WÜ love you" oder "Welcome back".
Stefan Weidner steigt mit sportlichem Schwung aus dem Wagen - und hält sich erst einmal die Hand vors Gesicht. "Unglaublich", lautet sein erster Kommentar wenige Augenblicke später. Niemand hat ihm etwas verraten, der Empfang vor den Mainfränkischen Werkstätten, wo er seit sechs Jahren in der Kabelmontage arbeitet, ist eine echte Überraschung.
"We are the Champions, my friends": Freddie Mercurys Worte hallen übers Areal, als Kollegen, Betreuer, Freunde, Christoph Deckert (Wohnheim-Leiter) und Dieter Körber (Geschäftsführer der Mainfränkischen Werkstätten) Stefan Weidner in die Arme schließen. Der 42-Jährige im "Germany"-Trikot ist sichtlich gerührt und lässt jeden, der möchte, die Goldmedaillen berühren, die an seinem Hals hängen. Er lächelt in unzählige Handy-Kameras und antwortet geduldig auf alle Fragen. Ja, heiß sei es in den Emiraten gewesen, und er habe Menschen "von überall her, aus Afrika, Australien und der ganzen Welt" getroffen. Viele andere Schwimmer hätten im gleichen Hotel gewohnt, der Team-Geist sei "echt toll" gewesen, ebenso wie die Atmosphäre bei den Wettkämpfen.
Und natürlich hoffe er, bei den Weltspielen 2023 in Berlin wieder dabeisein zu dürfen.
Auf die Frage, was sein schönstes Erlebnis war, nennt er nicht etwa die Medaillengewinne, sondern sagt: "Die Eröffnungsfeier. Die war wunderschön. Als die Fackel aufgeflammt ist, musste ich richtig heulen."