Neues Image für die Selbsthilfe im Landkreis Kitzingen

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Sie verschaffen sich den Überblick: Barbara Ettinger und Herbert Köhl sammeln gerade Informationen der einzelnen Selbsthilfegruppen, um diese im neuen Jahr in einer gemeinsamen Broschüre vorzustellen. Foto: Nina Grötsch
Sie verschaffen sich den Überblick: Barbara Ettinger und Herbert Köhl sammeln gerade Informationen der einzelnen Selbsthilfegruppen, um diese im neuen Jahr in einer gemeinsamen Broschüre vorzustellen. Foto: Nina Grötsch
Funktionstraining: Alle Übungen sind eigens auf Osteoporose abgestimmt. Die Selbsthilfegruppe trifft sich einmal wöchentlich.Foto: privat
Funktionstraining: Alle Übungen sind eigens auf Osteoporose abgestimmt. Die Selbsthilfegruppe trifft sich einmal wöchentlich.Foto: privat
 

Als neue Sprecherin der Selbsthilfegruppen hat Barbara Ettinger viel vor. Vor allem will sie aufzeigen, dass Selbsthilfe nicht nur etwas für Senioren ist.

Mehr oder weniger "reingerutscht" sei sie in die ganze Sache, erzählt Barbara Ettinger - und sieht dabei so aus, als hätte ihr diese Rutschpartie irgendwie Spaß gemacht. Die 62-jährige Kitzingerin ist die neue Sprecherin der Helfer- und Selbsthilfegruppen im Landkreis Kitzingen - und sprüht schon jetzt vor Tatendrang.

Bis vor wenigen Jahren wusste Barbara Ettinger nicht, was hinter dem Begriff Selbsthilfe steht. Sie war Krankenschwester in der Klinik Kitzinger Land, leitete dort die Endoskopie und genoss ihre Freizeit mit Familie und Enkelkindern. Doch dann hatte sie immer öfter mit Schmerzen zu tun. "Aber wie das so ist. Man tut alles ab und schiebt es auf den Stress", erzählt sie.
Auf einer Reha, die sie eigentlich wegen ihrer Lunge besuchte, ließ sich die Kitzingerin schließlich für eine Knochendichtemessung für 70 Euro überzeugen (übernimmt seit 2013 die Krankenkasse). 70 Euro, die sich als richtig investiert herausstellten: Barbara Ettinger bekam die Diagnose Osteoporose.

Schnell war ihr klar: Medikamente allein reichen nicht aus. "Ich muss was tun." Interessiert stürzte sie sich in alles Wissenswerte über diese Volkskrankheit. "Ich wollte alles wissen", sagt sie. Und so stieß sie beim Stöbern im Internet auf die Kitzinger Selbsthilfegruppe für Osteoporose. Sie besuchte eines der wöchentlichen Treffen - und war begeistert. Die Menschen dort kannten sich bestens mit ihrer Krankheit aus. "Sie haben viel mehr Zeit, als einem Arzt für einen zur Verfügung steht - und als Betroffene zudem auch reichlich eigene Erfahrung", erzählt Barbara Ettinger. Fortan war sie festes Mitglied der Gruppe. Sie erfuhr, dass man das wichtige Vitamin D am besten mit Quark oder einem Butterbrot zu sich nimmt und dass Bewegung und Sport eine positive Wirkung auf die Knochenstruktur haben und den Schmerz reduzieren.

Knapp 30 Personen besuchen aktuell die Treffen der Osteoporose-Selbsthilfegruppe in der St. Martin Schule. Eine Physiotherapeutin leitet das Funktionstraining, bei dem spezifische Übungen gemacht werden. Fehlt jemand mehrere Male, fällt das gleich auf. Man sorgt sich umeinander. "Es ist eine andere Atmosphäre als in einem Sportverein", sagt die 62-Jährige.

Seit September 2012 leitet Barbara Ettinger den Landesverband der Selbsthilfegruppen Osteoporose. "Viel Arbeit", sagt sie. Aber auch reichlich Erfahrung, die ihr jetzt als Sprecherin der Selbsthilfegruppen entgegen kommt. Ebenso wie die aus ihrer Funktion im Personalrat des Krankenhauses. Dazu kommt die gute Zusammenarbeit mit Herbert Köhl vom Sachgebiet Soziales und Senioren im Landratsamt und Sandra Thren von WirKT (Koordinierungszentrum Bürgerschaftliches Engagement Kitzingen). "Ich habe große Unterstützung und muss nicht das ausführende Organ sein", sagt die ehemalige Krankenschwester und freut sich auf ihre neue Aufgabe. Die ersten Pläne hat sie auch schon. Sie möchte alle 40 Gruppen persönlich kennen lernen und ihnen bei der Suche nach Räumlichkeiten oder anderen Fragen zu Seite stehen.

Zum anderen hofft sie, die Selbsthilfegruppen vom Image der Seniorenarbeit wegzubringen. Im Landratsamt sind die Selbsthilfegruppen im gleichen Sachgebiet wie die Senioren organisiert. Das heißt, wenn sich die Selbsthilfegruppen bisher präsentierten, dann auf den Seniorenwochen. Wenn man bisher nach einer Gruppe suchte, dann im Senioren-Wegweiser. "Das muss anders werden, schließlich haben wir ganz viele junge Mitglieder", erzählt Ettinger und nennt als Beispiele die Gruppen für Diabetes, Suchtkranke, Multiple Sklerose, Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) oder Adipositas (Fettleibigkeit). Ihr Ziel ist es jetzt, die Info-Faltblätter der einzelnen Selbsthilfegruppen in einem gemeinsamen Heft zusammenzufassen und dieses dann in Arztpraxen und an anderen öffentlichen Stellen auszulegen. "Es ist wichtig, dass die Leute wissen, dass es solche Gruppen überhaupt gibt", weiß Barbara Ettinger. Was dann fehlt, ist nur noch die Überwindung. Der Wille, selbst etwas zu tun, um seine Krankheit zu bekämpfen. Und der erste Schritt, die Gruppe aufzusuchen.


Selbsthilfe

Es gibt im Landkreis 14 Helfergruppen (z.B. "Eine Stunde Zeit") und 26 Selbsthilfegruppen - von Adipositas bis Zöliakie. Ein Einstieg ist jederzeit möglich, ebenso wie ein Schnupperbesuch. Einen Überblick gibt es im Internet unter www.kitzingen.de oder bei Herbert Köhl unter Tel. 09321/928-5010.

Die Mitgliedschaft in einer Selbsthilfegruppe bringt eine Menge positiver Veränderungen mit sich: Teilnehmer können mit ihrer Krankheit besser umgehen; sie wissen mehr über diese und deren Behandlungsmöglichkeiten; sie haben weniger Angst vor der Krankheit und erleben sie allgemein selbstbewusster.