Neue Bahntrasse im Landkreis Kitzingen?

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Die Dunkeltalbrücke bei Goldisthal in Südthüringen ist sicher eine Spur zu groß. Aber eine neue Bahnbrücke könnte sich tatsächlich über das Maintal im Kitzinger Land spannen. Foto: Michael Reichel dpa
Die Dunkeltalbrücke bei Goldisthal in Südthüringen  ist sicher eine Spur zu groß. Aber eine neue Bahnbrücke könnte sich tatsächlich über das Maintal im Kitzinger Land spannen.   Foto: Michael Reichel dpa

Die EU sieht möglicherweise Geld für den Ausbau der Bahnstrecke Frankfurt - Wien vor. Damit könnte ein Neubau der ICE-Trasse durch den Landkreis Kitzingen wieder ins Spiel kommen.

Rudolf Trunk wird mit seinem Vorhaben auf viel Widerstand treffen: Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Würzburger IHK strebt einen Vorstoß der nordbayerischen Kammern an, einen Neubau der Bahnstrecke zwischen Rottendorf und Iphofen wieder ins Gespräch zu bringen. "Andernfalls ist eine schnellere ICE-Verbindung zwischen Würzburg und Nürnberg nicht möglich." Für die Wirtschaft sei genau das aber wichtig. Im Kitzinger Land sah man das schon in der Vergangenheit anders.

Rudolf Trunk sieht viele Vorteile

Bereits Anfang der 90er Jahre gab es Pläne für eine Streckenvariante, die bei Rottendorf aus der Bahnlinie ausfädeln, zwischen Marktsteft und Sulzfeld den Main queren und östlich von Iphofen wieder in die bestehende Trasse münden sollte.
2002 wurden diese Pläne unter anderem auf Druck des Landkreises Kitzingen aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen. "Dabei wäre es für den Landkreis mehr Gewinn als Schaden", findet Trunk. Die neue Strecke hätte Kapazitäten für den Güter- und Fernverkehr, so dass Kitzingen - und andere Ortschaften an der Strecke - ihr Lärmproblem los hätten. "Der Güterverkehr könnte komplett um die Stadt herumfließen und die Bestandsstrecke würde zu Gunsten des Nahverkehrs entlastet.

Diese Auswirkungen wären durchaus positiv für Kitzingen, findet Oberbürgermeister Siegfried Müller. "Aber es gäbe so viele Folgen, die auch nachteilig sein können, und noch mehr ungeklärte Fragen. Es wundert mich schon, warum Herr Trunk so einen Vorstoß wagt, ohne mit den Kommunen Kontakt aufzunehmen." Gegen die alten Pläne sei damals vehement gekämpft worden. Aus Sicht Kitzingens vor allem deshalb, weil die Trasse durch das städtische Trinkwasserschutzgebiet geführt hätte. "Die politische Stimmung dazu wird heute kaum anders sein." Die Stadt sei zwar durchaus gesprächsbereit - aber nur, wenn weder Schutzgebiete berührt, noch der Nahverkehr negativ beeinflusst würde.

Schwer wiederzubeleben

Genau das befürchtet jedoch Gerhard Schenkel, Bürgermeister von Sulzfeld: Kitzingen könnte über kurz oder lang von der Bahnlinie abgeschnitten werden. "Man muss sich nur da umsehen, wo alte Trassen verlaufen: Etwashausen, Gerolzhofen, Volkach. Es ist schwer, diese wiederzubeleben."
Trunk hält dagegen: "ICs und ICEs haben noch nie in Kitzingen gehalten und werden auch nie in Kitzingen halten. Auf die Regionalbahnen hätte eine Entlastung der Strecke nur positive Auswirkungen." Der Streckenverlauf selbst müsste natürlich neu geplant werden. "Wo die Schienen einst verlaufen sollten, gibt es heute ja vielleicht bebautes oder überplantes Gebiet."

Fakt ist jedoch: Irgendwo müsste man das Maintal überqueren - und vor allem das ist Schenkel ein Dorn im Auge. "Wir können uns nur auf die Pläne von 2002 beziehen - und da wären wir wieder im großen Verbund dagegen", ist er sich sicher. Schließlich würde die Trasse dann ein Ortolanschutzgebiet und Wasserschutzbereiche durchschneiden. Aber auch eine Brücke anderswo über das Tal sei eine "unglaubliche Verschandelung". Wenn Trunk die mainfränkische Wirtschaft im Blick habe, müsse er sich im Klaren sein, dass diese auch von der Landschaft lebe. "Das sind auch wirtschaftliche Interessen. Und natürlich eine Frage der Lebensqualität - diese erschöpft sich nicht in höher, schneller, weiter."

Die Verhältnismäßigkeit fehlt auch Marktstefts Bürgermeister Rudolf Riegler: "Das wäre Wahnsinn für uns! Und alles nur, damit der Zug ein paar Minuten schneller wird."
Manfred Engelhardt, Vorsitzender des Bund Naturschutzes im Kreis Kitzingen, wirft zudem den Landverbrauch in die Waagschale: "Der Bundesverkehrswegeplan missachtet doch derzeit schon den gewaltigen Renovierungsbedarf - gerade bei Straßen- und Bahnbrücken." Wenn Geld für "unnötige Neubaustrecken" da sein sollte, sei es besser, es in die Reparatur bestehender Wege zu investieren. "Land ist eine begrenzte Ressource, mit der man vorsichtig umgehen muss."

Immense Kosten

Eines könnte die Gemüter jedoch vorerst beruhigen: Selbst wenn es die Pläne in den Bundesverkehrswegeplan 2015 schaffen sollten, ist noch lange nicht klar, wie, wann und sogar ob überhaupt gebaut wird. Trunk: "Die Finanzierung steht auf einem anderen Blatt." Den rund acht Minuten Zeitersparnis auf dieser Strecke standen schließlich bereits Anfang der 90er Jahre Kosten in Höhe von 184 Millionen Mark gegenüber.

Auslöser der Diskussion
Europa Die EU-Kommission hat eine Liste mit Verkehrsprojekten vorgelegt, die aus dem
Programm "Connecting Europe" finanziert werden können. Dort taucht auch die Bahnstrecke Frankfurt - Würzburg - Passau - Wien auf, wodurch die Neubaustrecke zwischen Rottendorf und Iphofen unter Umgehung Kitzingens wieder aktuell werden könnte. Ebenso wie die so genannte Mottgers-Spange im Spessart, die den ICE-Verkehr weitgehend an Aschaffenburg vorbeileiten würde.

Ziel Die EU verfolgt ein integriertes europäisches Verkehrsnetz, um den Binnenmarkt zu stärken. Eine von zehn Hauptachsen ist der Straßburg-Donau-Korridor, der bislang über Stuttgart, München und Linz führte. Jetzt setzt die Kommission aber im deutschen Verlauf auf eine Doppelachse mit einer weiteren nördlichen Verbindung Frankfurt - Würzburg - Passau.

Plan Verkehrsminister Ramsauer ließ verlauten, bei der Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes 2015 werde man die Linie im Spessart sowie "gegebenenfalls weitere Vorschläge zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur in den Relationen Frankfurt - Fulda - Erfurt und Frankfurt - Würzburg" untersuchen.