Weshalb Fasching gerade in katholischen Gegenden am heftigsten begangen wurde
Direkt die ersten Sätze von Daniela Sandner haben es in sich. Denn die wissenschaftliche Leiterin des Deutschen Fastnachtmuseums im unterfränkischen Kitzingen macht klar, dass ein weit verbreiteter Volksglaube falsch ist: „Die Fastnacht ist kein heidnisches Fest, sondern ein christliches. Es war lange Zeit die letzte Gelegenheit, um vor der 40-tägigen Fastenzeit noch einmal ausgelassen zu feiern.“
Und das hatte in der Vergangenheit, als die Faschingsbräuche entstanden, noch eine ganze andere Dimension als heute. „Die Fastenzeit war ein krasser Einschnitt im Wirtschaftsjahr, vor allem der Metzger. Über einen Monat lang hatten sie keine Einnahmen“, erklärt die 32-jährige Volkskundlerin. Denn man verzichtete nicht etwa "nur" auf Fleisch, sondern auch auf tierische Fette, Eier und auch auf den Geschlechtsverkehr.
„Ums Fleisch geht es auf allen Ebenen“, bringt es eine Narrenfigur in der Multimedia-Show des Museums auf den Punkt. So wundert es nicht, dass Metzger in der Frühen Neuzeit die ersten Brauchträger waren, in Nürnberg den ersten organisierten Umzug zur Fastnachtszeit in Franken auf die Beine stellten, wie die Wissenschaftlerin erklärt. Das war 1449, rund 100 Jahre feierte man seitdem den sogenannten „Schembartlauf“, sogar mit Mottowägen – solange, bis die Figur des Pfarrers Andreas Osiander neben die des Teufels gesetzt wurde. Das war dem Stadtrat zu viel und er verbot vorerst den Umzug.
Ein bezeichnendes Beispiel, war die Fastnacht doch das Fest der Tabubrüche. „Deswegen wurde in den Stadtchroniken auch gerne darüber berichtet, dass Fastnacht gefeiert wurde“, wie Daniela Sandner erklärt. Da wurden nicht nur allerlei Entgleisungen festgehalten, sondern auch besonders mutige oder kritische Vorstöße.
Die frühesten Zeugnisse der Fastnacht gehen im Fränkischen auf Quellen aus dem 16. Jahrhundert zurück. Das Besondere: „Die Obrigkeit hatte keinen Zugriff auf diejenigen Personen, die Kritik übten. Denn sie waren verkleidet und damit nicht zu erkennen.“ Darin hat der Begriff „Narrenfreiheit“ seinen Ursprung.
Kritisiert wurde damals wie heute Politisches, aber auch das Dorfgeschehen. „Grundfigur ist der mittelalterliche Narr, der Missstände aufdeckt. Der Hofnarr war beispielsweise nicht nur ein Belustiger, sondern auch politischer Ratgeber. Er hat sich Einiges erlauben dürfen, wofür sonst Köpfe gerollt wären“, erläutert Daniela Sandner.
Wie sich die verschiedenen Faschingsbräuche in ganz Deutschland entwickelten, ist extrem regional geprägt. Eine Rolle spielten historisch-politische Gegebenheiten oder die strukturelle, landwirtschaftliche und kulturelle Situation.