Die Landwirtschaft soll vielfältiger werden. Wild und regionale Kräuter rücken deshalb wieder in den Fokus.
Dampf steigt aus Kochtöpfen. Das würzige Aroma von Pfeffer, Wacholderbeeren und Lorbeerblättern verbindet sich mit dem süßlich, schweren Geruch von Rotwein. Von irgendwoher mischt sich der Duft frisch geschnittener Kräuter hinzu. Dazu verbreitet der Gasherd wohlige Wärme. Wer jetzt keinen Appetit bekommt, muss entweder gerade viel gegessen haben – oder Vegetarier sein.
Im „Schwab's Landgasthof“ sind an diesem Tag 21 Menschen zusammen gekommen, um etwas über das Kochen von Wild zu lernen. Einige, wie der junge Koch Matthias Pfeuffer aus Markt Bibart, stammen aus der Gegend. Andere, wie Helga von Garrel, Jägerin in Bischofsheim in der Rhön, sind von weit her angereist. Zwei Besucher sind extra aus Oberbayern gekommen, um sich von den Küchenmeistern Joachim Schwab und Robert Heeger Tipps und Tricks geben zu lassen.
Der Hintergrund: Die Bayerische Landwirtschaft soll vielfältiger werden. „Diversifizierung“ ist das Schlag- wort. Um gegen Großbetriebe im In- und Ausland zu bestehen, sollen sich die Bauern durch eine breitere Produktpalette unabhängiger machen von Marktschwankungen. „Man muss auch wieder mehr die regionalen Ressourcen nutzen und besser präsentieren“, erklärt Ruth Halbritter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen.
Dazu gehören eben auch Wild und lokale Kräuter. „Es ist doch so schön“, sagt sie mit einem Strahlen in den Augen, „Wir haben alles, was wir brauchen, hier vor Ort – wir müssen es uns nur wieder aneignen.“ Das kann auch Petra Uhl, Kräuterführerin und Ortsbäuerin von Mainsondheim, nur bestätigen. Soviel Wissen sei verloren gegangen, „aber das Interesse daran wächst wieder!“ Uhl hatte zuvor einen Vortrag über die heimischen Kräuter gehalten. Über vitalisierende Brenneselsamen, über die herzstärkende Wirkung von Weißdorn, die Förderung der Verdauung durch Schlehe und den Irrglauben, Vogelbeeren seien immer giftig.
„Die Natur gibt unser immer das, was wir brauchen“, hebt Uhl hervor.
Für sie sind die heimischen Kräuter mehr als nur Pflanzen: „Sie sind Mittel zum Leben.“ Mit diesem Schatz sollte man auch verantwortungsvoll umgehen. Deshalb erklärt sie den Zuhörern, wann und wie Kräuter gepflückt werden sollten. Zwischen November und Februar ist Schonzeit – „Auch die Natur muss sich schließlich ausruhen.“
Petra Uhl ist begeistert von „ihren“ Kräutern. „Manchmal spreche ich auch mit den Pflanzen.“ Mitte der 2000er hat sie deshalb die Kräuterkunde als ihr zweites Standbein als Landwirtin auserkoren. Seitdem kann sie selten an den Kräutern vorbei gehen. „Mein Mann sagt immer, er fährt nicht mehr mit mir Auto, weil ich überall anhalten will und nach frischen Kräutern schaue“, erzählt Uhl mit einem Lachen.