Einfach umsägen geht bei so einem riesigen Baum nicht. Die „Baumkletterer“ Johannes Kuhn und Sascha Mohl müssen bis in den Baumwipfel klettern, um eine alte Eiche in Kitzingen zu fällen.
Ein Blitz besiegelte ihr Ende. Die alte Eiche auf einem Grundstück in der Mainstockheimer Straße in Kitzingen wurde knapp 100 Jahre alt – jetzt musste sie gefällt werden. „Vielleicht hätte sie noch fünf Jahre gelebt, vielleicht zehn“, schätzt Johannes Kuhn. Vielleicht aber auch kürzer. Und dann wäre es brenzlig geworden: Beispielsweise, wenn ein Ast auf die knapp 30 Meter tiefer liegende Straße gekracht wäre. „Bei Unfällen und Schäden durch den Baum haftet der Grundstücksbesitzer“, erklärt Kuhn. Deshalb musste die alte Eiche nun weichen.
Eine Aufgabe für Profis – so wie Johannes Kuhn (24) und Sascha Mohl (22). Die beiden sind als Forstwirte bei der Stadt Iphofen angestellt. Zusätzlich sind sie immer wieder als „Baumkletterer“ unterwegs. Die Aufgabe: Hohe Bäume pflegen oder – wie am Montag – fällen. Eine Aufgabe die in Zukunft ruhig häufiger anstehen darf, meint Kuhn: Irgendwann wollen sie sich als Baumkletterer selbstständig machen.
Dass Johannes Kuhn das erzählen kann, beweist, dass er an diesem Tag am Boden bleiben muss, während sich Kollege Sascha Mohl 30 Meter über ihm durch die Äste hangelt. „Wir wechseln uns aber immer ab“, versichert Kuhn. Denn die wirklich schöne Arbeit ist natürlich die im Baum. „Das ist einfach mein Traumberuf“, hatte Sascha Mohl im Vorfeld erzählt. „Das kann man kaum beschreiben. Man fühlt sich so frei.“
„Im Baum hat man eine ganz andere Wahrnehmung. Da sieht man Dinge, die man von unten gar nicht erkennt“, bestätigt Kuhn. Deshalb müssen sich auch alle nach Demjenigen im Baum richten. Und deshalb bestimmt heute auch Mohl, welcher Ast zuerst abgeschnitten wird. Er befestigt den dicken Gurt und die Eisenketten des Kranes am Gehölz. Mit einem Ruck fliegt die Kettensäge an. Auf den Stamm gelehnt, die Säge über den Kopf haltend, sägt er den 40 Zentimeter dicken Ast durch. Es knarrt und ächzt vernehmlich. Dann kracht es. Der fünf Meter lange Ast schwingt durch – nur knapp an Mohls Kopf vorbei.
Nach kurzem Schrecken macht sich unten Erleichterung breit. Auch bei Michelle Fröhlich (21), Sascha Mohls Freundin. Wann immer es geht, schaut sie ihrem Freund bei der Arbeit zu. Ein bisschen Angst habe sie ja schon. Dass er einen Beruf gefunden hat, der ihm Spaß macht, findet sie aber gut. Deshalb sagt sie mit fränkischer Gelassenheit: „Des bassd schon.“
Derweil ist es tatsächlich ein sehr gefährlicher Job. „Wenn was passiert, muss ich in wenigen Minuten im Baum sein“, bestätigt Kuhn. Falls der Kollege vom schweren Gehölz getroffen wird, droht innerhalb kürzester Zeit der Tod. „Wenn man ohnmächtig wird und in den Seilen hängt, wird die Blutzirkulation unterbrochen“, erklärt Kuhn. Dann bleibt das Herz stehen. „Deswegen sind wir immer höchst konzentriert.“
Besonders gefährlich sind große Laubbäume. Wie eben die alte Eiche in der Mainstockheimer Straße. Denn hier gibt es viele Verästelungen. Jeder von ihnen schwer genug, um eine Mann ernsthaft zu verletzen. „Es ist deswegen wichtig, dass wir uns mit Hölzern auskennen“, erklärt Kuhn. Einfach nur gut klettern zu können – das reiche nicht.