Prio 3 im Impfzentrum
Dr. Michael Bedö erinnert an den Fall des Ansbacher Kollegen, der für die Frau eines Kollegen eine zusätzliche Dosis aus der Impfampulle entnommen haben soll. Die Staatsanwaltschaft prüft den Anfangsverdacht einer vorsätzlichen Körperverletzung. „Die Priorisierung hatte für manche Kollegen einen bedrohlichen Charakter“, sagt Bedö. Ohne sie könne man flexibler und befreiter arbeiten.
Für Dr. Kolbert kam die Freigabe hingegen zu früh: Damit habe die Politik Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden konnten. Die Anfragen der Patienten, die meinten nun auch sofort Impfstoff bekommen zu könne, hätten die Ärzte an der Basis abarbeiten müssen.
Während die Priorisierung bei den Hausärzten aufgehoben ist, bleibt sie im Impfzentrum in den Marshall Heights weiterhin die Richtschnur. Die Gruppen 1 und 2 sind vollständig geimpft, berichtet BRK-Kreisgeschäftsführer Felix Wallström. Derzeit erhielten Personen aus der Prio 3 ihre Zweitimpfung. Biontech, Moderna und Astrazeneca werden dafür eingesetzt. Das Problem für die Mitarbeiter vor Ort: Sie wissen vor der Impfung nicht, für welchen Stoff sich die Menschen entscheiden. Entsprechend heikel ist die Vorratshaltung. Zum Glück würde sich nach der Beratung etwa die Hälfte für einen MRNA-Stoff beziehungsweise für Astrazeneca aussprechen. Der Grund? „Länder wie die USA fordern bei der Einreise, dass der gleiche Impfstoff zweimal verwendet wurde“, so Wallström, der sich deutlich höhere Liefermengen wünscht.
Entgegen der ursprünglichen Ankündigung wird es auch in der kommenden Woche „nur“ Zweitimpfungen im Impfzentrum geben. „Dabei hätten wir genug Kapazitäten, um parallel Erstimpfungen durchzuführen“, versichert er. Teilweise haben die Mitarbeiter Leerlauf, weil es an den Liefermengen fehlt. „Das anzusehen, tut wirklich weh“, sagt Wallström.
Und die jungen Patienten?
Auch Dr. Kolbert berichtet von diesem Flaschenhals. Keine Schmerzen hat Dr. Tobias Freund. In seiner Kitzinger Gemeinschaftspraxis mit Dr. Hock sind alle Risiko-Patienten durchgeimpft. „Wir versuchen, die Termine mit Augenmaß zu vergeben“, berichtet er. Im Einzelfall werden auch jüngere Patienten, die aus beruflichen Gründen viele Kontakte haben, geimpft. „Das ist mittlerweile moralisch vertretbar“, sagt er.
Vereinzelt kämen auch Anfragen von Eltern, die ihre minderjährigen Kinder impfen lassen wollen. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer ist für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat am Donnerstag dieser Woche allerdings keine generelle Impfempfehlung für gesunde Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren ausgesprochen. Sie empfiehlt solche Impfungen aber für Zwölf- bis 17-Jährige mit bestimmten Vorerkrankungen.
„Die Impfung ist nicht nur für jeden Einzelnen, sondern auch für die Gemeinschaft wichtig.“
Dr. Tobias Freund, Hausarzt Kitzingen Dr. Freund hat bereits eine 16-Jährige geimpft, deren Familienmitglied ein Risiko-Patient ist. Von einer geringen Nachfrage für diese Altersklasse berichtet Dr. Bedö in Mainbernheim. Wichtig sei in diesen Fällen ein ausführliches Gespräch mit den Eltern, „um sie über den Sinn und Nutzen der Impfung aufzuklären.“ Dr. Kolbert will sich weiter an den Richtlinien der STIKO orientieren. „So lange vor dort keine entsprechende Empfehlung vorliegt, lehnen wir diese Impfungen ab.“
Vom Sinn und Zweck der Corona-Impfungen scheinen derweil immer mehr Erwachsene überzeugt zu sein. Auf rund 80 Prozent schätzt Dr. Kolbert den Anteil seiner Patienten, die sich impfen lassen wollen; von einer steigenden Nachfrage berichtet auch Dr. Freund. Skeptiker gebe es nur noch wenige.
„Die Impfung ist ja nicht nur für jeden Einzelnen, sondern auch für die Gemeinschaft wichtig“, erinnert er und spricht von einem solidarischen Akt. Ängste könne er zerstreuen, sagt Dr. Freund: „An Corona zu erkranken, ist sicher gefährlicher als die Impfung.“