K wie Käferbefall

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Achim Volkamer und Dieter Rammensee schauen sich die Fichtenbestände rund um Geiselwind an. Einige Exemplare sind schon vom Borkenkäfer befallen ...
Fotos: Ralf Dieter
Unten grün, oben braun: Ein typischer Fall für den Kupferstecher. Der hat schon etliche Fichten im Raum Geiselwind befallen.
Ralf Dieter

„Da kommt ein gravierendes Problem auf uns zu.“ Dieter Rammensee sieht nicht gerade wie ein ängstlicher Mann aus. Aber die Sorge um die Fichtenbestände im Landkreis Kitzingen ist ihm ins Gesicht geschrieben.

„Da kommt ein gravierendes Problem auf uns zu.“ Dieter Rammensee sieht nicht gerade wie ein ängstlicher Mann aus. Aber die Sorge um die Fichtenbestände im Landkreis Kitzingen ist ihm ins Gesicht geschrieben.

Etwa 300 000 Festmeter Fichtenholz gibt es noch im Landkreis Kitzingen – konzentriert auf die Gegend rund um Geiselwind. Relativ kühl ist es dort, relativ feucht. Früher waren das ideale Standortbedingungen für die Fichten. Aber der Klimawandel macht auch vor dem Steigerwaldvorland kein Halt. Es wird tendenziell wärmer. Und trockener.

„In Zukunft wird der Steigerwald fichtenfrei sein.“

Dieter Rammensee

Förster

Maximal eine Generation. Mehr Zeit gibt der Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Kitzingen den Fichten im Landkreis Kitzingen nicht mehr. Wenn es überhaupt noch so lange gut geht. Aktuell droht eine allseits bekannte Gefahr: der Borkenkäfer. In diesen Tagen fliegt er wieder aus. Rammensee und sein Kollege Achim Volkamer befürchten eine Massenvermehrung. Von den 300 000 Festmetern wird dann wieder ein bedeutender Teil verschwinden.

Der Borkenkäfer ist ein alter Bekannter im Steigerwald. Von 2006 bis 2009 hat er dort schon gewütet, rund 25 000 Festmeter vernichtet. Damals waren die Bäume wegen des Sturmes Kyrill geschwächt. Diesmal macht ihnen der heiße und trockene Sommer 2015 zu schaffen.

„Natürlich hat es im Winter und im bisherigen Frühjahr gut geregnet“, sagt Volkamer. Aber die Fichten bräuchten noch mehr Feuchtigkeit, um sich gegen den Schädling wehren zu können. „Durch Trockenrisse wurden insbesondere bei tonigen Böden Feinwurzeln durchtrennt“, erklärt er. Die Bäume können deshalb nicht so gut Feuchtigkeit aufnehmen wie normal.

Für den Borkenkäfer sind das gute Nachrichten. Er hat entweder in der Rinde oder im Boden überwintert und ist jetzt „heiß“ auf den Frühling. „Ab 16,5 Grad fliegt er aus“, erklärt Volkamer. Und dann wird sich zeigen, wie groß das Problem im Steigerwald wird. „Aus einem Käfer können bei einer Massenvermehrung mehr als 100 000 Käfer werden“, warnt Rammensee. Seine Befürchtung: Manchen Waldbesitzern ist die Dimension der Gefahr noch gar nicht richtig bewusst.

Längst ist das Monitoring der Forstämter angelaufen, längst sind die Waldbesitzer informiert und gewarnt. Dennoch beobachten Volkamer und Rammensee eine gewisse Lethargie – nach dem Motto: so schlimm wird es schon nicht werden. Dabei ist das rechtzeitige Handeln essenziell – und letztendlich verpflichtend. Regelmäßig müssen Waldbesitzer ihre Bestände auf einen möglichen Befall hin kontrollieren. Forstminister Helmut Brunner hat kürzlich alle Waldbesitzer im Freistaat genau dazu aufgerufen.

Die Symptome für einen Borkenkäferbefall sind relativ gut erkennbar: Sind die Bäume schon länger befallen, färben sich die Kronen braun. Die Rinde blättert ab. Ein frischer Befall ist am braunen Bohrmehl zu erkennen. Etwa 70 Prozent der Käferpopulation überwintert in der Rinde, der Rest im Boden. Steigen die Temperaturen über die 16 Grad Marke, fliegen die Käfer aus. „Zuerst befallen sie die liegenden Bäume, die vom Wind geworfen wurden oder Holzpolter“, erklärt Volkamer.

Diese Bäume können sich gegen den Befall nicht mehr mit der Produktion von Harz wehren, wie dies vitale Fichten tun.

Einen großen Sturm hat es im letzten Jahr nicht gegeben, aber einige Windwürfe sind bekannt. „Gerade dort macht es sich der Borkenkäfer gemütlich“, erklärt Rammensee. Von dort aus befällt er die umliegenden Fichten. Und dann ist kein Halten mehr. Was die Waldbesitzer tun können? Die befallenen Stämme aufarbeiten und dann möglichst schnell aus dem Wald bringen und mindestens 500 Meter vom nächsten Fichtenbestand lagern. „Das ist hier im Steigerwald gar nicht einfach“, weiß Rammensee. Deshalb überlegt er mit seinen Kollegen vom Amt, ob er nicht eine größere Fläche etwas außerhalb des Borkenkäfergebietes anmieten soll – für alle Fälle. Sollte die Abfuhr nicht möglich sein, kann man die Stämme entrinden und die Kronenteile durch einen Hacker zerkleinern lassen.

Spätestens im Mai werden die Schäden in den Fichtenbeständen deutlich. Und das deutschlandweit. Für die Waldbesitzer bedeutet der Borkenkäferbefall einen wirtschaftlichen Verlust. Die meisten Bäume sind noch nicht erntereif und müssen notgedrungen geschlagen werden. Weil das Problem in vielen Landesteilen gleichzeitig auftritt, werden auch keine hohen Preise zu erzielen sein. Rammensee befürchtet, dass der Festmeter-Preis von aktuell rund 90 Euro auf 60 bis 70 Euro fallen wird. „Da wird kurzfristig ganz schön Hektik aufkommen“, prophezeit er.

Langfristig sehen die Experten von Forstbetriebsgemeinschaft und Forstamt die Situation ein wenig entspannter. Der Waldumbau sei aufgrund der sich verändernden klimatischen Bedingungen auch im Steigerwald notwendig. „Wir müssen das Risiko künftig streuen“, erklärt Rammensee. Will heißen: Eine Vielfalt von Baumarten sollte gepflanzt werden. Schädlinge fühlen sich vor allem in Monokulturen wohl. Traditionell ist das Gebiet rund um Geiselwind mit großen Fichtenbeständen bestückt. Das wird sich ändern.

Eiche, Elsbeere, Hain- und Rotbuche, Linde, Kirsche, Spitz- und Bergahorn oder Douglasie schweben Rammensee und seinen Kollegen vor. „In Zukunft wird der Steigerwald fichtenfrei sein“, prophezeit der Förster. Nur: So schnell, wie es der Borkenkäfer will, muss die Zukunft nicht beginnen.