„Wir reden hier nicht nur über unser Leid. Sondern auch über unsere Freuden.“
Bernd Hilbert, Mitglied der Selbsthilfegruppe
Bernd Hilbert hatte Glück. Vor zehn Jahren hat er einen Schlaganfall erlitten – direkt am Arbeitsplatz. „Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen“, erinnert er sich. Der Blutdruck stieg höher und höher. Schnell war ein Werk-Sanitäter zur Stelle, schnell ging es in die Klinik und später zur einer wochenlangen Reha nach Bad Kissingen. Als die Selbsthilfegruppe wenig später ins Leben gerufen wurde, war Bernd Hilbert mit am Start. Seither nimmt er regelmäßig an den Treffen teil. „Wir reden hier nicht nur über unser Leid“, betont er. „Sondern auch über unsere Freuden.“ Einmal im Monat treffen sich die Betroffenen und ihre Angehörigen, normalerweise im Neubau der Kitzinger Klinik. „Mit der Zeit entsteht ein Vertrauensverhältnis“, sagt Brunhilde Klein. Was in der Gruppe besprochen wird, bleibt auch in der Gruppe. Immer wieder werden Ausflüge organisiert oder Referenten zu bestimmten Themen eingeladen. Ob Logopäden, Therapeuten oder Vertreter von Rotem Kreuz beziehungsweise Polizei: Die Themen sind abwechslungsreich und hilfreich. „Aufklärung über die Erkrankung und ihre Folgen gehört auch zu unserer Arbeit“, sagt Klein.
Aufklärung, die Leben retten kann. Dieter Habermann hatte seinen Schlaganfall vor mittlerweile zwölf Jahren. Kopfweh hat er bekommen, dann hatte er nacheinander Lähmungserscheinungen im Fuß und im Arm. „Als mir der Mundwinkel runtergefallen ist, habe ich gewusst, was los war“, erinnert er sich. Dass der Blutdruck über längere Zeit viel zu hoch gewesen war, hatte sein Arzt anscheinend nicht bemerkt. Heute geht es Habermann dank eiserner Disziplin wieder besser. Jeden Tag trainiert er mindestens eine Stunde, damit er Arm und Beine gut bewegen kann.
Ohne Folgen bleibt so gut wie kein Schlaganfall. Die Betroffenen müssen in der Regel Zeit ihres Lebens Blutverdünner nehmen, damit sich keine Gerinnsel mehr bilden. Vier von fünf Schlaganfällen werden durch so ein Blutgerinnsel in einer Hirnarterie ausgelöst. Martina Schneider zählt zu den Ausnahmen. Sie hatte vor etwa zwei Jahren eine Hirnblutung, fiel ins Koma. „Sechs Wochen meines Lebens sind komplett weg“, sagt die Frau, die mit ihren 45 Jahren das jüngste Mitglied der Gruppe ist. Heute vermutet sie, dass sie kurz nach dem Aufstehen umgefallen ist. Als sie nicht zur Arbeit erschien, hat ihre Kollegin nachgefragt. „Meine Mutter hat mich dann in meiner Wohnung gefunden.“
„Die Ärzte sprechen von einem kleinen medizinischen Wunder.“
Martina Schneider, lag drei Wochen im Koma
In Kitzingen wurde eine Computertomographie durchgeführt, dann ging es in die Uniklinik nach Würzburg. Fünf Tage lang stand die Frage im Raum, ob Martina Schneider überleben wird. Dann konnten ihre Freunde und ihre Familie aufatmen. Allerdings stand die Prognose im Raum, dass sie Zeit ihres Lebens ein Pflegefall sein wird. Drei Wochen ließen die Ärzte sie im Koma. Heute, zwei Jahre später, plaudert sie mit den Mitgliedern der Selbsthilfegruppe, deckt den Tisch ein und strahlt. „Die Ärzte sprechen von einem kleinen medizinischen Wunder“, sagt sie und wird nachdenklich. „Ohne die vielen Freunde, die mir und meiner Mutter zur Seite standen, wäre es wohl viel schlimmer ausgegangen.“
Den Schlaganfall hat Martina Schneider überlebt. Was bleibt ist ein größeres Schlafbedürfnis als früher, eine häufige und vorher nicht gekannte Erschöpfung. „Ich habe gelernt, das zuzulassen“, sagt sie. Den Anstoß dafür hat sie von der Selbsthilfegruppe bekommen.
Zehn Jahre gibt es die Gruppe mittlerweile. Ein Grund zum Feiern. „Das waren richtig schöne Jahre“, betont die Vorsitzende Brunhilde Klein bei der kleinen Feier in Großlangheim und erinnert: „Wir haben viel gearbeitet – vor allem an uns selbst.“
Kontakt: Brunhilde Helene Klein, Tel. 09162/1230157. Die Gruppe trifft sich jeden dritten Dienstag im Monat um 17 Uhr in der Klinik Kitzinger Land, Neubau.
Zentrum für Aphasie und Schlaganfall Unterfranken, Heino Gövert, Tel. 0931/299750, Email: goevert@aphasie-unterfranken.de