"Das Klima retten - und damit uns selbst" Jugendliche und Erwachsene streiken gemeinsam für mehr und sinnvolleren Umweltschutz
Freitagfrüh am Bahnhof Marktbreit. Einige Reisende wundern sich: Immer mehr Menschen jeden Alters, ausgerüstet mit Spruchbändern und Plakaten, drängen auf den Bahnsteig. Ein Mann hält ein Schild hoch, auf dem steht: „Wir Erwachsenen haben's verbockt! Die junge Generation zieht die A-Karte!“ Ein junges Mädchen nebenan trägt ein Bild vor sich her, das einen Bären auf einer schmelzenden Scholle zeigt. „Not cool“, steht daneben.
Groß und Klein, Jung und Alt, Schüler und Rentner haben dasselbe Ziel: Sie wollen mit dem Zug nach Würzburg fahren, um dort am großen, weltweit ausgerufenen Klimastreik teilzunehmen. Sie möchten sich stark machen gegen die anhaltende Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Erde. Einige sind als Privatleute gekommen, andere sind Schüler, wieder andere tragen Shirts des Marktbreiter Vereins „We for Future“.
„Ich gehe jedes Jahr gemeinsam mit meinem Sohn auf Klimacamps.“
Meike Riechers-Krüger, Obernbreit
Eine der Ersten am Bahnhof waren Meike Riechers-Krüger und ihr Mann Gundolf Krüger. „Uns ist es wichtig, Flagge zu zeigen“, erklären die beiden 66-Jährigen, die in Obernbreit leben. Die Lehrerin und der Architekt, beide mittlerweile im Ruhestand, wollen keine mutlosen Politiker-Marionetten, sondern Entscheider, die sich auch mal trauen, der Industrie auf die Füße zu treten. „Der Klimawandel ist neben der sozialen Frage – damit meine ich die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich – eines der wichtigsten Themen unserer Zeit“, stellt Meike Riechers-Krüger fest. Die Krügers haben beide in den 70er Jahren in Berlin studiert und die ökologische Protestbewegung dort miterlebt. In den 80er Jahren organisierte das Paar, das inzwischen in Unterfranken wohnte, Friedensfeste. Gesellschaftspolitisches Engagement war beiden stets wichtig.
Dann kam die Familienphase und Freizeit wurde knapper. Heute, als Rentnerin, nimmt sich die studierte Sozialkundlerin Meike Riechers-Krüger, die früher auch bei den Grünen aktiv war, gern wieder Zeit, um „fürs Wesentliche“ zu demonstrieren. „Ich gehe zum Beispiel jedes Jahr gemeinsam mit meinem Sohn auf Klimacamps. Ich nehme dort auch an Workshops teil und erlebe, wie vor allem junge Menschen sich für den Klimaschutz einsetzen.“
Kritik an den „Schulschwänzern“ kontert Riechers-Krüger: Die junge Generation habe erkannt, dass der Klimawandel eine Bedrohung für ihre Zukunft ist. „Und nun tun die jungen Leute genau das, was von Menschen, die in einer Demokratie leben, erwartet wird: Sie demonstrieren, organisieren Klimacamps und setzen sich auf vielfältige Weise mit dem Thema Klimawandel auseinander.“ Wie oft sei gejammert worden, dass die junge Generation unpolitisch sei und sich nicht engagiere. „Jetzt können wir erleichtert feststellen: Es stimmt nicht.“
Aber bringen Demonstrationen überhaupt etwas? Martina Sagstetter aus Obernbreit ist sicher: „Je mehr Menschen sich beteiligen, desto größer wird die Aufmerksamkeit der Politiker.“ Das sei auch der Grund, warum sie die jungen Leute von „Fridays for Future“ gerne unterstützt. „Sie waren und sind bereit, für ihre Zukunft auf die Straße zu gehen, und wir Erwachsenen sollten ihnen helfen.“
Ihr selbst waren Umwelt und Natur schon immer wichtig, berichtet die Obernbreiterin und erinnert an große Themen ihrer Jugend wie Wackersdorf, sauren Regen, FCKWs (Fluorchlorkohlenwasserstoffe). „Zum Beispiel bei den FCKWs hat sich ja dann auch viel zum Positiven gewendet.“ Aber dieser Erfolg sei trügerisch gewesen. „Ich bin völlig schockiert darüber, in welche Richtungen sich die Klimadebatte in den letzten Jahren bewegt hat.“