Der Kampf gegen Ebola

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Vermummt: Norbert Gresser erklärt in Serabu in Sierra Leone Helfern den Umgang mit Schutzanzügen.
Foto: Norbert gresser

Ebola. Das Wort verbreitet Angst und Schrecken. Die Infektionskrankheit hat Westafrika beherrscht – Norbert Gresser war dort und blickt zurück.

Ebola. Das Wort verbreitet Angst und Schrecken. Die Infektionskrankheit verursacht Fieber, Übelkeit, Durchfall – schließlich nicht mehr stillbare Blutungen. Laut „Ärzte ohne Grenzen“ sterben bis zu 90 Prozent aller Erkrankten, meist an plötzlichem Herzstillstand.

Im bisher schwersten Ebola-Ausbruch sind in Westafrika zwischen dem Frühjahr 2014 und Dezember 2015 über 28 500 Menschen an Ebola erkrankt. 11 300 von ihnen – also knapp 40 Prozent – sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestorben. Erst am vergangenen Donnerstag wurde die Epidemie schließlich auch in Liberia für beendet erklärt.

Einer, der mit gegen Ebola gekämpft hat, ist Norbert Gresser. Der 51-jährige Leiter der Sozialstation MediCare in Rödelsee war im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes und des Missionsärztlichen Instituts in Würzburg immer wieder in Liberia, Sierra Leone, Nigeria und anderen afrikanischen Ländern unterwegs, um Helfer zu schulen. „Die beste Ausrüstung ist nur so gut, wie der Helfer an ihr geschult ist“, erklärt Gresser.

Schlechte Infrastruktur

Er muss es wissen: Im Jahr 2000 war er in der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg, als dort eine 23-jährige Studentin behandelt wurde, die am Lassa-Fieber erkrankt war. Sie verlor den Kampf gegen die hochansteckende Krankheit, die einen ähnlichen Verlauf wie Ebola nimmt.

Kritik gab es damals reichlich: Die Informationspolitik sei schlecht gewesen, berichtete die Presse. Noch Tage nach der Diagnose seien Mitreisende ahnungslos und eine Ausbreitung möglich gewesen. Den Medien wurde wiederum Panikmache vorgeworfen. „Seit damals hat sich viel getan“, sagt Gresser. Seitdem hält er Vorträge und schult Helfer, beispielsweise beim Auftreten von SARS in Asien 2002/2003. Selbst UN-Biowaffeninspektoren hat er schon geschult. Dass der Ebolaausbruch in Westafrika solche Dimensionen angenommen hat, hat für Gresser mehrere Gründe: Zum einen die schlechte Infrastruktur vor Ort. Sierra Leone, Guinea und Liberia gehören zu den ärmsten Ländern der Welt. Funktionierende Gesundheitssysteme gibt es nicht, an allen Ecken fehlt es an geeigneter Ausrüstung. Gleichzeitig werden die Menschen aber immer mobiler. „Früher mussten die Menschen von Ort zu Ort laufen. Heute sind sie mit dem Bus in ein paar Stunden in einer großen Stadt.“

Hinzu kommen althergebrachte Zeremonien und Traditionen. „Die Toten werden gewaschen. Die Angehörigen berühren den Leichnam noch einmal. Da ist die Ansteckungsgefahr riesig. Und Ebola ist wirklich sehr, sehr ansteckend.“ Noch viele Monate nach dem Ausbruch von Ebola wurde mancherorts diese Tradition gepflegt – trotz angedrohter Gefängnisstrafen durch die Regierungen. „Das war ein Fiasko“, sagt Gresser.

Auch kulturelle Eigenheiten tun ihr Übriges: Vielerorts stehen Fledermäuse – die Wirte des Ebolavirus – und Affen als sogenanntes „Bushmeat“ auf dem Speiseplan. „Diese Gewohnheiten werden wohl auch in Zukunft noch beibehalten werden“, vermutet Gresser. Er erzählt, dass er neben einer Krankenstation Flughunde auf Papayas sitzen gesehen hat. „Aus den selben Früchten wurde Obstsalat zubereitet. Da haben wir lieber dankend abgelehnt.“ Schließlich habe die Weltgemeinschaft aber auch zu spät reagiert. Eine Ansicht, die auch „Ärzte ohne Grenzen“ teilt: „Die internationale Hilfe ist viel zu spät angelaufen, war lange Zeit unkoordiniert und oft nicht am tatsächlichen Bedarf orientiert“, schreibt die Organisation in ihrem Internetauftritt.

Gegen Ebola gibt es keine Medikamente, keine Impfung. Viel konnte man deshalb nicht für die Patienten tun: Antibiotika gegen Infektionen, Infusionen gegen den Flüssigkeitsverlust. Trotzdem: Den Ärzten gelang es, die Sterblichkeit von über 55 Prozent im August auf unter 40 Prozent zu senken. Bei ihrem Einsatz haben sich auch immer wieder Ärzte und Helfer angesteckt. Ihre Zahl zu verringern, das war die Aufgabe von Norbert Gresser. Er half Behandlungseinheiten (sogenannte ETU's) aufzubauen und Helfer zu schulen. Wann darf wer zu den Patienten? Wie wird mit dem Müll umgangen? Wie werden Leichen begraben? Wie werden die Schutzanzüge angelegt und vor allem wieder ausgezogen?„Denn das ist die gefährlichste Situation, da steckt man sich leicht an“, erklärt Gresser.

Gerade die Anzüge bereiteten Probleme. Zum einen gab es zwischenzeitlich Lieferengpässe. Zum anderen kann man kaum mehr als eine Stunde in so einem Anzug arbeiten. „Das ist eine Plagerei – da weiß man, was Schwitzen wirklich heißt.“ Zeit für Behandlungen bleibt da wenig. Angst habe Gresser keine gehabt, Respekt aber sehr wohl. „Wenn ich schon ängstlich dahin fahre, dann bleibe ich lieber zuhause. Angst ist ein ganz schlechter Ratgeber.“

Ist Deutschland sicher?

Angst hatten damals aber auch viele Menschen in Deutschland. Als eine 30-jährige Frau aus Afrika in Berlin in einem Jobcenter kollabierte, wurde sofort Ebola vermutet. „Da fehlt plötzlich jede Vernunft“, sagt Gresser. So eine Panik kann gefährlich sein. Dabei gibt Gresser grundsätzlich Entwarnung: „In Deutschland sind die Standards sehr hoch. Alle Beteiligten reagieren gut und schnell.“

Derweil ist nicht davon auszugehen, dass Krankheiten wie Ebola verschwinden. In den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Fälle – am Freitag berichtete Sierra Leone von einem Ebola-Toten. Vorsichtsmaßnahmen werden vor Ort oft nicht berücksichtigt. Das Bewusstsein für Gefahren setzt sich nur langsam durch. „Den schlecht ausgebildeten Menschen in Dörfern die Gefahr von Viren zu erklären, ist sehr schwierig“, beschreibt Gresser die Situation. Ob er bei einem neuen Ausbruch, sei es Ebola oder eine andere Krankheit, wieder vor Ort gehen wird? „Natürlich, ich werde das auch in Zukunft machen“, sagt Gresser.