EM-Fazit: Das Spiel ist aus

3 Min
Finn zusammen mit Mark Foster.
Foto: –
Für die deutsche Nationalmannschaft hat es nicht für den Pokal gereicht – für den siebenjährigen Finn schon. Bei der EM durfte er mit einlaufen ...
Fotos: hauk
Finn mit André Schürrle bei einem Pressetermin. Nach den Tagen bei der Nationalmannschaft ist Finn ein Medienprofi.
Lars Hauk
Ganz der Medienprofi.
Foto: –

Die Europameisterschaft ist vorbei, im Landkreis fällt das Fazit unterschiedlich aus. Während sich der siebenjährige Finn über seine Erlebnisse in Frankreich freut, sind Public-Viewing-Betreiber und Fanartikel-Hersteller eher unzufrieden.

Ein bisschen schwitzig sei die Hand von Toni Kroos gewesen, erzählt Finn. Der Siebenjährige ist zusammen mit dem Mittelfeldmotor der deutschen Nationalmannschaft beim ersten Gruppenspiel gegen die Ukraine ins Stadion eingelaufen. Wahrscheinlich war der gebürtige Greifswalder dabei trotz seiner Länderspielerfahrungen ähnlich nervös, wie der Grundschüler aus Schwarzach. „Ein bisschen“ eben, wie Finn erzählt.

Nur wenige Minuten dauerte der große Auftritt von Finn Hauk bei der Europameisterschaft. Doch um diese wenigen Minuten rankte sich ein riesiges Programm mit vielen Medienauftritten. Bei Thomas Gottschalk war er schon im Vorfeld der EM. Mit Mark Forster haben Finn und die anderen Kinder der McDonalds EM-Eskorte die deutsche Nationalhymne und das Einlaufen geübt. Mit Julian Draxler und Andre Schürrle waren sie bei einer Pressekonferenz. Im Fernsehen war Finn bei Sky, N24 und anderen Sendern zu sehen. Dazu kamen mehrere Radiointerviews und Zeitungsartikel. Auch in Norddeutschland hat die 91-jährige Uroma ein Bild von Finn in der Lokalzeitung entdeckt. Und im Internet brachte es Finns Torjubel auf knapp 5 Millionen Aufrufe. „Es ist schon erstaunlich, welche Dynamik das angenommen hat“, sagt Vater Lars Hauk.

Erstaunlich, aber doch auch logisch: Die gesamte Europameisterschaft war wieder ein mediales Spektakel. Annähernd 80 Prozent der Deutschen verfolgten das Aus der Nationalmannschaft am letzten Donnerstag. Als die Portugiesen um Christiano Ronaldo am Sonntag die europäische Krone überreicht bekam, waren Toni Kroos und Co dann selbst nur noch Zuschauer.

„Die Menschen waren dieses Jahr verhaltener.“
Jens Dietrich Euroshop

Es lag aber nicht nur am Ausscheiden im Halbfinale, dass die ganz große Party ausblieb. Schon im Vorfeld waren die großen Public Viewings schlechter besucht, als in den vergangenen Jahren. Ob das am Wetter lag, an der Qualität der Spiele oder an den Anstoßzeiten ist Frank Gimperlein nicht ganz klar. Der Veranstalter des Public Viewings am Kitzinger Bleichwasen zieht jedenfalls ein schlechteres Fazit als vor zwei oder vor vier Jahren und überlegt, ob er bei der kommenden WM in Russland wieder an den Start gehen soll. „Es ist schon ganz schön stressig“, sagt er. Spiele, die erst um 21 Uhr beginnen, sind für Familien nicht besonders attraktiv, in Biergärten oder Schwimmbädern gibt es genug Konkurrenz. „Und dann ist halt immer die Frage, wie weit die Deutschen kommen.“ Alle anderen Spielen ziehen beim Public-Viewing-Publikum gar nicht.

Für Peter-Michael Himmel liegt die Schuld beim Wetter. Zwar würden zu Europa- und Weltmeisterschaften schon viele Menschen zusammensitzen und Bier trinken, erklärt der Geschäftsführer der Brauerei Kesselring. „Das A und O ist jedoch das Wetter.“ Und das war gerade zur Gruppenphase eben nicht so berauschend. „Für uns ist viel Sonnenschein ohne EM besser als Regen mit EM.

“ Auch Jens Dietrich von der Firma Schum-Euroshop bestätigt: „Die Menschen waren verhaltener.“ Man habe „dem Trend entsprechend“ weniger Fanartikel verkaufen können, als in den letzten Jahren – unzufrieden sei man aber nicht.

Unzufrieden ist man auch beim Polizeipräsidium Unterfranken nicht. Sportliche Großveranstaltungen seien immer mit höherer Einsatzbelastung verbunden, erklärt Polizeihauptkommissar Michael Zimmer. Straßen mussten abgesperrt, Autokorsos geleitet werden. Auch einige Körperverletzungen gab es. „In diesem Jahr gab es alles in allem aber weniger Events.“ Dementsprechend ließ sich die Situation besser kon-trollieren.

Sorgen bereitet dem Pressesprecher hingegen der zunehmende Einsatz von Bengalos. Die aus den Stadien bekannte Pyrotechnik sei brandgefährlich – im wahrsten Sinn des Wortes. Die Bengalos werden mehrere hundert Grad heiß und damit eine große Gefahr für Umstehende.

„Ich war überrascht, wie wenig Kontrollen es gab.“
Lars Hauk, über die Situation in Frankreich

Über die Gefahren bei der EM wurde gerade im Vorfeld viel diskutiert. Die Angst vor Anschlägen ist groß gewesen. Passiert ist glücklicherweise nichts. Auf ihrer Reise vom deutschen Teamhotel in Evian ins Stadion in Lille hatten die Hauks verstärkte Sicherheitsmaßnahmen am Bahnhof in Paris erlebt. Ansonsten sei die Polizei weniger präsent gewesen als gedacht. „Ich war überrascht, wie wenig Kontrollen es am Stadion gab“, erzählt Lars Hauk.

Obwohl die Tage in Frankreich auch anstrengend waren, zieht der Vater von Finn ein rundum positives Fazit: „Alles war sehr professionell und vor allen Dingen kindgerecht organisiert.“ Und wie fand es Finn? „Toll“, antwortet der Siebenjährige. Alle hätten sich mit und für ihn gefreut. Eine ältere Frau aus Höchberg hatte ihm sogar einen Brief geschrieben und erzählt, wie sehr sie sich für den Blondschopf freue. Nur dass er nicht mit seinem Lieblingsspieler Thomas Müller einlaufen konnte, war ein kleiner Wermutstropfen. Aber wer weiß, vielleicht ergibt sich noch einmal eine Gelegenheit, ihn zu treffen. Toni Kross sei aber auch „ein super netter Spieler“ gewesen.

Zum Abschluss erzählt Finn noch von seinem persönlichen Highlight der unvergesslichen EM-Reise: Auf dem Weg nach Evian kollidierte ihr Bus auf einer engen Straße leicht mit einem Betonmischer. Finn saß direkt am Fenster, das durch den schweren Wagen eingedrückt wurde und kaputt ging. Seine Augen leuchten beim Erzählen. Die Welt kann auch ohne Fußball sehr spannend sein.