In den Kindertagesstätten des Landkreises herrscht bedrückende Leere. Für Eltern in systemrelevanten Berufen ist die Betreuung aber gesichert.
Sie hatten sich tief in ihre Verstecke verzogen, die „Igel“ und „Füchse“ und „Eulen“. Seit Montag schlüpfen sie wieder heraus, zumindest die Kinder von Eltern in „systemrelevanten Berufen“. 30 dieser Kinder bevölkern nun die „Welten“ im BRK-Kinderhaus in den Marshall Heights, wo bei normal laufendem Betrieb 104 Plätze zur Verfügung stehen. Aber was ist schon normal in den Zeiten von Covid-19? Der Alltag in den Kindertagesstätten (Kitas) im Landkreis jedenfalls nicht.
Nach einem hektischen Start in die erste Woche mit dem bayernweiten Betretungsverbot für Kitas und Schulen weiß Petra Prokot, dass es weder unter den Eltern noch unter den Angestellten größeren Unmut gegeben hatte. „Jeder verhält sich solidarisch, der Großteil hat den Ernst der Lage erkannt.“ Das Dekanat Kitzingen ist verantwortlich für fünf Kindertagesstätten, insgesamt werden seit des gestrigen Montag vier Kinder betreut, deren Eltern in Berufen arbeiten, die das System am Laufen halten. „Unser Personal wechselt sich ab, die Kinder werden aufgeteilt. So können die Vorgaben der Bundesregierung, Abstand zu halten und sich nur in kleinen Gruppen zu treffen, eingehalten werden.“
Großes Verständnis
Die Mitarbeiterinnen, die selbst Kinder zu betreuen oder chronische Erkrankungen vorzuweisen haben, sollten sich melden oder ihren Arzt konsultieren. Ein Teil von ihnen habe die Anweisung erhalten, zu Hause zu bleiben. „Die anderen sind da aber ganz solidarisch und übernehmen die Arbeit vor Ort“, erzählt Petra Prokot. „Beschwert hat sich keiner von ihnen.“
Auf eine Welle großen Verständnisses ist auch Christian Stegmann von der Katholischen Kirchengemeinde in Kitzingen gestoßen. In den beiden Kitas St. Johannes und St. Elisabeth wurde lediglich ein Kind betreut. „Das war eine merkwürdige Atmosphäre, aber das Team hat die Situation bestmöglich gestaltet.“ Einige haben „Hausaufgaben“ für die Kinder per Mail verschickt, andere ihre Ideen für die Freizeitgestaltung an die Eltern weiter gegeben. „Das geht auch von zu Hause aus“, erklärt Stegmann, warum einige Erzieherinnen problemlos im Home Office arbeiten können. Er kann dem Moment auch etwas Positives abgewinnen: „Man hat Zeit, nachzudenken und miteinander zu reden.“
Überstunden abbauen
Den Kontakt untereinander und auch zu den Eltern lebendig gestalten, das hält Marion Beringer für ganz wichtig in dieser unsicheren Zeit. Drei Kinder befinden sich aktuell in Betreuung im Kindergarten St. Veit in Iphofen, alle anderen kleinen Gäste der insgesamt drei Kitas werden zu Hause betreut. „Da ist es für uns wichtig, die Kinder und die Eltern nicht nur mit Bastelarbeiten zu versorgen, sondern vor allem auch im Gespräch zu bleiben und sich austauschen zu können.“ Wichtig war es aus ihrer Sicht aber auch, in den ersten Tagen gleich Spielzeuge und Gruppenräume sauber zu machen und zu desinfizieren – zur Sicherheit des Personals und der drei Kinder, die seit Montag betreut werden. Zwei Kolleginnen sind vor Ort, der Rest hat sich mit Fachliteratur und anderen Aufgaben eingedeckt, die erarbeitet und dann in der Gruppe besprochen werden. „Natürlich bauen wir jetzt auch erst einmal Überstunden ab und erledigen Dinge, die sonst immer liegen bleiben.“
Davon gibt es auch im Städtischen Kindergarten im Kastanienhof in Volkach genügend. Petra Höhn und ihre Kolleginnen kümmern sich zum Beispiel um die Beobachtungsbögen, die für jedes Kind die Entwicklung während des Besuchs im Kindergarten dokumentiert. Auch die Überarbeitung der Konzeption steht an. Vor Ort haben die Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen seit Mitte letzter Woche sieben Kinder zu betreuen – in Anbetracht der Tatsache, dass eine Klinik vor Ort ist, eine eher geringe Zahl. „Die Eltern sind sehr vor- und einsichtig“, lobt die Kindergartenleiterin. „Größere Diskussionen hatten wir nicht.“
Von einsichtigen Eltern hat auch Ulrike Schwanfelder zu berichten. Die Leiterin der Wiesentheider Kindertagesstätten des St. Mauritiusvereins muss in dieser Woche lediglich ein Kind betreuen. „Es könnte schon sein, dass in den nächsten Tagen noch Anmeldungen kommen. Dann müssen wir jetzt besonders auch auf den Schutz unserer Mitarbeiter achten.“ Ende letzter Woche hielt sie im Kindergarten St. Mauritius ganz alleine die Stellung, während sich ihr Team geschlossen in Home Office befand. „Es ist schon ein bisschen bedrückend“, versucht sie die Atmosphäre im leeren Haus zu beschreiben. „Auch wenn man auf die Straße schaut: Es läuft keiner herum, man ist wirklich alleine. Und das Schlimmste ist, dass niemand abschätzen kann, wie lange diese Situation andauern muss.“