Thilo Penzhorn heißt der neue Vorstand der Klinik Kitzinger Land. Er übernimmt diesen Posten in einer aufregenden Phase, kurz vor dem Beginn der Generalsanierung. Warum er sich das antut und was er vor hat, berichtet er im Gespräch.
Er ist Betriebswirt, kein Mediziner, hat sich aber schon immer für das Gesundheitswesen interessiert: Thilo Penzhorn hat Anfang des Monats Klaus Rihm abgelöst und wurde am Dienstag offiziell als Vorstand der Klinik Kitzinger Land begrüßt. Kein leichtes Erbe, das er da mit der beginnenden Generalsanierung antritt - aber scheinbar ein reizvolles.
KT: Sie sind gebürtiger Hesse und haben zuletzt in Oberfranken gearbeitet. Warum haben Sie sich nun nach Kitzingen beworben?
Thilo Penzhorn: Ja, ich war einige Jahre Geschäftsführer der Klinik Fränkische Schweiz in Ebermannstadt, habe aber schon während dieser Zeit meine Aufmerksamkeit auf Kitzingen gelenkt. Mich hat die Entwicklung der Klinik in den letzten Jahren sehr überzeugt. Die Aufnahme in das Krankenhausbauprogramm ist ein wirklich wegweisender Schritt für die Existenzsicherung dieses Hauses.
Das ist in diesen Zeiten natürlich eine tolle Sache und hat mich sehr überzeugt.
Nur eine Sanierung bedeutet ja noch keine Existenzsicherung - was muss ein Kreiskrankenhaus tun, um zu überleben? Sich spezialisieren zum Beispiel?
Ich komme jetzt direkt aus einem Fachkrankenhaus. Auch die unterliegen medizinischen Trends, genauso wie breiter aufgestellte Häuser. Wichtig ist, dass man Trends erkennt, zum Beispiel die alternde Gesellschaft. Die ist seit Jahrzehnten in aller Munde - Themen wie Tod und Sterben aber nicht. Damit muss man sich als Krankenhaus aber auseinander setzen, um sein Leistungsspektrum auf die geänderten Bedingungen der Gesellschaft anpassen zu können.
Was heißt das konkret?
Wenn wir früher von der Geburtshilfe nur bis zum berufstätigen Menschen gedacht haben, der hier die Möglichkeit hat, seine chirurgischen und internistischen Krankheiten behandeln zu lassen, wird man sich jetzt
auch Gedanken darüber machen müssen, wie man das Lebensende vernünftig begleiten kann. Sprich: Palliativmedizin. Das ist ein Thema, das bis vor zehn Jahren noch eher tabu war, weil man vielleicht ein bisschen Angst davor hatte, ein Krankenhaus zu sehr mit Tod und Sterben in Verbindung zu bringen. Da hat sich gesellschaftlich viel geändert - und da muss sich auch sehr viel ändern. Man muss sich mit diesem Thema beschäftigen, weil sich die Alterspyramide umkehrt.
Haben Sie das konkret auch für die Klinik Kitzinger Land vor?
Wir werden uns sicher über palliativmedizinische Angebote unterhalten. Es geht künftig aber auch grundsätzlich darum, welche Leistungen das Krankenhaus anbietet und welche flankierend noch dazukommen können. Das werden wir mit allen Abteilungen durchexerzieren.
In den Köpfen der Chefärzte sind da zum Glück viele Ideen vorhanden - übrigens auch ein Punkt, der mich hier angezogen hat: Die Chefärzte hier sind am Zahn der Zeit orientiert. Sie machen unter anderem eine tolle Öffentlichkeitsarbeit, die eine große Resonanz hat.
Bedeutet das, dass die Abteilungen nach und nach auf den Prüfstand kommen?
Das will ich nicht sagen. Was klassisch als Leistung angeboten wird - Behandlung bei Schlaganfall oder Herzinfarkt, orthopädische Prothesen, chirurgische Eingriffe, Geburtshilfe - das wird alles bleiben. Die Frage ist nur: Wird man sich zusätzlich etwas dazu überlegen? Zum Beispiel speziell auf die Leiden älterer Frauen zugeschnittene Angebote in der Frauenheilkunde, damit auch die sich bei uns aufgehoben fühlen.
Das ist aber sicher auch eine finanzielle Frage.
Ist das Kitzinger Krankenhaus dafür überhaupt aufgestellt?
Es ist eine solide wirtschaftliche Grundlage vorhanden. Und da es sich um ein kommunales Krankenhaus handelt, stehen keine Gewinninteressen dahinter. Wir werden das, was erwirtschaftet wird, voll in das Unternehmen reinvestieren. Das hat mir auch die Politik hier so mitgeteilt. Von daher glaube ich, dass wir recht gute Potenziale haben.
Und personell? Pflegekräfte und Ärzte stehen doch ohnehin schon unter einem immensen Druck.
Das ist so - und zwar bundesweit. Wir tun uns zukünftig alle schwer, entsprechendes Fachpersonal zu akquirieren. Arzt und Pflege wird zur Mangelware. Das ist einfach so. Und wenn eine Ware knapp wird, erhöhen sich meistens die Preise. Das sieht man auch an den Tarifabschlüssen der letzten Jahre: Vor allem bei Ärzten, aber auch in der Pflege hat sich da viel getan.
Das ist einerseits gut, weil es sich ja um qualifizierte Tätigkeiten handelt. Auf der anderen Seite steht man vor neuen Herausforderungen und muss sich überlegen, ob man Tätigkeiten vielleicht delegieren kann.
Also die Auslagerung von Aufgaben?
Nein! Qualifikation der eigenen Leute. In Skandinavien gibt es zum Beispiel hochqualifizierte Pflegekräfte, die auch ärztliche Tätigkeiten übernehmen. So ähnlich könnte man sich auch hier überlegen, ob man die Ärzte über mehr Fortbildung in der Pflege entlasten kann. Dabei ginge es vor allem um den administrativen Bereich, wie die Abrechnung von Leistungen. Das ist unglaublich komplex - muss ja aber nicht von einem Arzt erledigt werden. Wenn man ihm das abnähme, könnte er diese Zeit wieder in die Patienten investieren. Oder auf der Intensivstation.
Dort gibt es viele Dinge, die auch eine erfahrene Pflegekraft gut könnte - zum Beispiel ein Blutbild interpretieren und die Medikamentierung für den Arzt vorbereiten. Mit einer guten Weiterbildung, können solche Fachkräfte die Ärzte um vieles entlasten.
Aber auch Pflegekräfte gibt es nicht wie Sand am Meer.
Das stimmt. Aber in Kitzingen haben wir das Glück, dass wir eine eigene Krankenpflegeschule haben. Da im Moment die Kurse immer noch voll sind, ist es in diesem Bereich weniger problematisch, an Nachwuchs zu kommen. Mit Ärzten ist es derzeit schwieriger.
Könnte das mit der ins Haus stehenden Generalsanierung noch schwieriger werden? Das ist ja auch für das Personal keine einfache Situation.
Sicher nicht. Aber einer der ersten Bauabschnitte ist ja der Erweiterungsbau, in den die bestehenden Abteilungen umziehen.
Bevor hier "am offenen Herzen" gebaut wird, sind die Stationen bereits in einem anderen Gebäude, so dass das von der Belastung her gut zu regeln sein wird.
Trotzdem wird hier auf dem Gelände gebaut - mit allem, was dazu gehört. Könnte das nicht auch die Krankenhauswahl von Patienten beeinflussen?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Für mich ist das die dritte Baumaßnahme, die ich in einem Krankenhaus mitmache. Bisher konnte ich nicht feststellen, dass das zu signifikanten Veränderungen der Patientenzahlen geführt hat. Leichte Schwankungen gibt es immer - und ich kann natürlich auch größere nicht zu 100 Prozent ausschließen. Aber ich denke, es wird sich nicht extrem auswirken, denn die Wahl des Krankenhauses ist eine Vertrauenssache, die mit dem Ruf der Ärzte steht und fällt. Wenn ich von mir ausgehe, würde mich das nicht abhalten, mich in einer bestimmten Klinik behandeln zu lassen.
Von daher hoffe ich - ohne es zu wissen - dass das nicht so wesentlich sein wird.
Wenn das schon das dritte Mal ist, dass ein Haus unter Ihrer Führung umgebaut wird, scheint sie das ja geradezu anzuziehen. Warum nehmen Sie das auf sich?
Naja, es ist eben reizvoll, da man die Möglichkeit hat, sich aktiv in die Entwicklung einzubringen. Es gibt hunderte von Ideen, die man umsetzen könnte - man muss sehen, was machbar und sinnvoll ist. Mir schwebt ein Familienkrankenhaus vor, in dem man von der Geburt bis zum Lebensende betreut werden kann. Eine Einrichtung, die einem ohne Gewinnabsichten zur Seite steht.
Sehen Sie darin die Zukunft der Klinik?
Ja, das ist für mich eine Art Leitmotiv - das ich natürlich noch abstimmen muss. Es ist ja nicht so, dass ich hierher komme und einfach sagen kann, wo es langgeht. Das ist ein Prozess.
Wir werden jetzt ein Leitbild entwickeln, ein Qualitätsmanagement, uns qualifizieren und so weiter. Aber dieses Ziel würde ich gerne vorantreiben.
Ist das auch das Ziel auf längere Sicht, für 20 oder 30 Jahre?
Solche Zeiträume sind für ein Krankenhaus heutzutage kaum planbar. Auf so weit hinaus möchte ich nur die Weiterexistenz planen. Wir haben das Problem, dass wir in einer Mischung aus Planwirtschaft und Wettbewerb angesiedelt sind. Wir haben viele von außen vorgegeben Größen, die wir akzeptieren müssen: Die Preise für die Leistungen ebenso wie die Tarife. Unsere Kosten und Erlöse sind also fremdbestimmt. Mit diesen gegebenen Umständen muss man möglichst so umgehen, dass die Erlöse über den Kosten liegen - durch Effizienz, geschickte Abläufe, Optimierung, Planung und so weiter - selbst wenn die Kosten steigen. Das ist schwierig, aber auch eine reizvolle Herausforderung.
Ich glaube, dass das funktionieren kann, wenn man sich am Patienten orientiert: Was ist für ihn der beste Prozess? Wenn man das einigermaßen im Griff hat, dann passt es auch mit den Erlösen. Was dagegen nicht geht, ist eine bestimmte Organisation über die Jahrhunderte zu retten. Dann geht man ein.
Warum glauben Sie, dass das hier funktioniert?
Meine ersten Eindrücke waren, dass sowohl die Bevölkerung, als auch die Mitarbeiter und die Politik sehr zu ihrem Krankenhaus stehen. Das halte ich für ein gesundes Fundament, was mich letztlich ja auch dazu bewogen hat, hierher zu kommen. Es ist von der politischen Seite toll, dass die Sanierungsmaßnahme positiv beschieden wurde. Das zeigt, dass über alle Fraktionen hinweg ein großer Wille da ist, für unser Krankenhaus etwas zu tun. Dieses allumfassende Identifizieren mit dem Haus spürt man - auch, wenn man hier durch die Räume geht. Es ist eine gewisse Harmonie da, die mir gefällt. Das möchte ich bewahren und weiterentwickeln - dann sollte es funktionieren. Nichts Großartiges, wenn man so will.