Jochen Kuhstrebe lehnt einen Rücktritt ab

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Die Rücktrittsforderung an 2. Bürgermeister Jochen Kuhstrebe war am Dienstag das beherrschende Thema im Biebelrieder Gemeinderat. Foto: G. Bauer
Die Rücktrittsforderung an 2. Bürgermeister Jochen Kuhstrebe war am Dienstag das beherrschende Thema im Biebelrieder Gemeinderat. Foto: G. Bauer

Das Verhalten des 2. Bürgermeisters spaltet weiterhin den Biebelrieder Gemeinderat. Neun Mitglieder hatten ihm ans Herz gelegt, sein Amt niederzulegen. Jochen Kuhstrebe stellte in der Sitzung am Dienstag klar: "Ich werde nicht zurücktreten."

So viele Zuhörer wie in der Gemeinderatssitzung am Dienstag in Kaltensondheim gibt es selbst in der Großgemeinde Biebelried selten. Rund 30 Bürger saßen zusammen und verfolgten den Tagesordnungspunkt, in dem es um die Niederlegung des Ehrenamtes von 2. Bürgermeister Jochen Kuhstrebe (Allgemeine Bürgerliste) ging. Nur: Ein solcher Antrag war Bürgermeisterin Renate Zirndt (Allgemeine Bürgerliste) überhaupt nicht zugegangen und konnte daher auch nicht behandelt werden.

Selbst von dem von neun Gemeinderäten unterzeichneten und der Presse zugeleiteten Schriftstück habe sie über die Medien erfahren. Darin war Kuhstrebe aufgefordert worden, sein Ehrenamt als 2. Bürgermeister schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen. Gleichermaßen würden die Unterzeichner seinem Wunsch, aus dem Gremium auszuscheiden, nichts entgegensetzen, hieß es weiter.

Der rechtliche Hintergrund

Doch selbst wenn die Bürgermeisterin den Antrag bekommen hätte: Kuhstrebe kann als Kommunaler Wahlbeamter seine Entlassung ohne Angabe von Gründen beantragen, er kann aber nicht abgewählt oder entlassen werden.

Zirndt zitierte aus dem Gesetz, dass eine ehrenamtlich tätige Person nur bei grober Pflichtverletzung oder wenn sie sich als unwürdig erwiesen hat, abberufen werden kann. Das aber sei in diesem Fall nicht möglich, da der 2. Bürgermeister nicht berufen, sondern gewählt werde. Eine Abberufung durch den Gemeinderat sehe das Kommunalverfassungsrecht nicht vor, ein Gemeinderatsbegehren oder ein Beschluss zur Abwahl seien nicht statthaft. Seine Ämter könne lediglich Kuhstrebe selbst aufgeben, müsse dies als Gemeinderat aber begründen.
Die Debatte der letzten Sitzungen entzündeten sich am Versand von Straßenausbaubeitragsbescheiden zwischen Weihnachten und Silvester 2012. Die Gemeinde war wegen drohender Verjährung zur Zustellung gezwungen. Die weit zurückreichenden beitragsrelevanten Maßnahmen konnte die VG kaum zuordnen, so dass der Versand erst in aller letzter Minute erfolgen konnte.

Der Gemeindebote wollte den Bescheid auch dem 2. Bürgermeister Kuhstrebe zustellen, dessen Briefkasten war jedoch wegen Beschädigung abmontiert und Kuhstrebe selbst befand sich im Urlaub.

Das Schriftstück hätte nun ersatzweise - so Volkes Meinung - der Mutter Kuhstrebes übergeben werden können. "Eine Zustellung kann aber nur an einen erwachsenen Familienangehörigen in der Wohnung des Empfängers erfolgen", nannte Zirndt die entsprechenden Vorschriften. Außerhalb der Wohnung des Empfängers sei eine Zustellug auch an Familienangehörige ausgeschlossen.

Die Bürgermeisterin wollte ihre Ausführungen als Bekanntgabe behandelt wissen und lediglich Kuhstrebe noch zu Wort kommen lassen. "Ich werde nicht zurücktreten", erklärte der 2. Bürgermeister ohne viel Aufhebens, wies aber darauf hin, dass ihm die Rücktrittsforderung von einer Tageszeitung zugestellt wurde.

Die Bürgermeisterin wies auf einen Kommentar im Internet einer Tageszeitung hin, der den Straftatbestand der Verleumdung und der üblen Nachrede erfülle, gegen den Verfasser sei Strafanzeige erfolgt. Zu den dort gemachten Behauptungen, Kuhstrebe habe in ihrer Abwesenheit ein Anwesen erworben, bei dem der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zugestanden habe, erklärte Zirndt, dass die damalige Eigentümerin einen Verkauf an die Gemeinde nach schriftlicher Anfrage abgelehnt habe. Zudem könne die Gemeinde mangels Satzung kein Vorkaufsrecht geltend machen. Außerdem, so Zirndt weiter, sei das Grundstück nicht von Jochen Kuhstrebe, sondern von seinem Bruder Gerd erworben worden. Darüber habe sie den Gemeinderat auch informiert.
Die Bürgermeisterin wollte zudem die Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht im Gemeinderat ausdrücklich nicht thematisieren.

Keine Stellungnahme zu Gerüchten


"Die öffentliche Behauptung im Internet war unzutreffend und unqualifiziert", unterstrich Gunnar Krauß (CFW), er wolle daher weitere im Dorf kursierende Gerüchte ausgeschaltet wissen. "Zu Gerüchten will ich keine Stellungnahme abgeben", legte sich die Bürgermeisterin fest.

Manfred Kleinschrodt (CSU-FB) ließ sich jedoch nicht beirren. "Ich war bei Wilhelm Kreuzer sechs Jahre lang 2. Bürgermeister und habe es nie gewagt an seinen Amtsstunden teilzunehmen", erklärte Kleinschrodt und nannte einen Fall, bei dem Kuhstrebe anwesend geblieben sei, wo er hätte rausgehen müssen. Der Bürger war jedoch, so die Bürgermeisterin, mit der Teilnahme Kuhstrebes am Gespräch einverstanden gewesen.
"Ich bin erschüttert, dass kein Eingeständnis eines Fehlers erfolgt ist, sondern der Widerspruch zurückgezogen wurde", erklärte Barbara Mechler (CSU-FB) frustriert darüber, dass Kuhstrebe einen Widerspruch gegen den Bescheid erst einlegte und später wieder zurückzog.

Moralische Ansprüche

Andrea Czech (Allgemeine Bürgerliste) nutzte die allgemeine Fragemöglichkeit für Gemeinderatsmitglieder zu der Bitte, moralische Ansprüche an andere zunächst bei sich selbst zu prüfen, wenn es um persönliche Beteiligungen und andere Fragen gehe. Da jeder einen Eid geleistet habe, könne es nicht sein, dass ein Gemeinderat nach einem einstimmigen Beschluss gegen die Wirkung des Beschlusses gegen ihn selbst rechtlich vorgehe.
Für die Situation zum Thema Rücktritt zeigte Gunnar Krauß Verständnis, wies aber darauf hin, dass der Rücktritt nur angeboten worden sei.

Im Anschluss an den öffentlichen Teil der Sitzung zeigten sich Bürger, die namentlich nicht genannt werden wollten, entsetzt über die Entwicklung, die der Gemeinderat als Gremium genommen habe. Sie äußerten zudem Unverständnis darüber, weshalb Bürgermeisterin Zirndt reihenweise für den Normalbürger nicht nachprüfbare Paragrafen bemühte, wenn sie ohnehin an ihrem Stellvertreter festhalten wolle.