Ein Pfarrer zieht von Chicago nach Gnodtstadt

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Christoph Schwethelm freut sich über seine Arbeit als Pfarrer für die Gnodstadter. Foto: Thomas Meyer
Christoph Schwethelm freut sich über seine Arbeit als Pfarrer für die Gnodstadter.  Foto: Thomas Meyer

Den neuen Pfarrer Christoph Schwethelm hat sein Arbeitsleben von einer großstädtischen Welt mit Bandenkriegen in das beschauliche fränkische Dorf Gnodstadt geführt. Er stellt sich gerne darauf ein.

Schwierige und verantwortungsvolle Aufträge hatte er früher. Im Marktbreiter Stadtteil Gnodstadt wird es für Pfarrer Christoph Schwethelm ruhiger werden. Am 1. Advent trat er als neuer Seelsorger der Gemeinde offiziell seinen Dienst an.
Der geborene Münchner arbeitete zunächst als Vikar in Höhenkirchen und übernahm dann seine erste Pfarrstelle in Rosenheim. Dann zog es ihn in die weite Welt: Er arbeitete zunächst in Chicago als Seelsorger und dann in Kalifornien in der Psychiatrie. Mit vielen sozialen Problemen musste er sich dort herumschlagen.

Bandenkriege erlebt

Er erinnert sich an angeschossene Gangmitglieder, Rassenprobleme, Bandenkriege und sehr viel ungebremste Kriminalität, mit der er sich bei seiner seelsorgerischen Arbeit konfrontiert sah.
"Ein Problem hatte ich in meiner Anfangszeit, als ein Opfer mit Schussverletzungen mich im Krankenhaus um ein letztes Vaterunser bat, das ich nicht auf Englisch konnte."
Natürlich lernte er das Vaterunser sofort auf Englisch, auch seine Kinder sprechen perfekt Englisch, fühlen sich aber mittlerweile in Deutschland zu Hause. "Es gab dort sehr viel Banden-Kriminalität und auch Schussverletzungen, ich habe sehr viel in meiner Zeit dort gelernt, auch von den vielen verschiedenen Konfessionen. In der Nähe des Pfarrers fühlt man sich wohl und verstanden", erzählt Pfarrer Schwethelm.
Aus seinen klugen Augen blitzt oft ein kleiner Schalk, der einem sagen will "das kenne ich, ich verstehe dich, ich kann dir helfen". Am Sonntag führte ihn Dekan Uwe Rasp offiziell beim Gottesdienst in sein neues Amt ein. Die rund 550 bis 600 Protestanten in Gnodstadt können sich glücklich schätzen: Nach Pfarrer Dr. Ullrich Hofmann und dem Pfarrerehepaar Christine und Uwe Strattner, die den Dienst nach Hofmann mit übernahmen und erst kürzlich wieder abgaben, folgt nun ein erfahrener Mann, der die vakante Stelle ab sofort übernimmt.

Auch Psychotherapeut

Ab 1. Mai wird er auch im Pfarrhaus in Gnodstadt wohnen, wenn die Familie Gahr, die jetzt noch da wohnt, ausgezogen ist und das Pfarrhaus ein bisschen renoviert wurde. Schwethelms Vertrag ist zunächst auf ein Jahr bis zum 31. Dezember 2013 befristet. Der 59-Jährige zieht zunächst alleine ein, seine Frau und die Kinder bleiben in Rothenburg, wo der Pfarrer zuletzt als selbstständiger Psychotherapeut arbeitete und lebte. "Im letzten Jahr war ich beurlaubt, ich eröffnete im Januar 2012 meine Praxis in der Hoffnung, von meinem Einkommen aus dieser Arbeit leben zu können. Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt."
Gnodstadt hat er inzwischen schon ein bisschen beschnuppert: Er kennt die Vereine, die Gastwirtschaften und schon ein paar Leute. "Viel Freundlichkeit habe ich hier erlebt" sagt er. Spontan ist er dem Gesangverein Gnodstadt beigetreten und freut sich auf sein Sängerdebüt beim Weihnachtskonzert am Sonntag. Fit hält er sich mit seinem Hobby, dem Gleitschirmfliegen.
"Ein Schirm trägt", erklärt er, "man kann gar nicht runterfallen, wie etwa von einer Leiter."
Schwethelm ist Pfarrer und bildete sich weiter zum Therapeuten. 25 Jahre lang arbeitete er in Franken, unter anderem in Nürnberg im Amt für Gemeindedienst, weiterhin bildete er Ehrenamtliche aus. Alles ein großer Glücksfall sicherlich für seine neuen Schäfchen in Gnodstadt.
Er hofft, seinen 60. Geburtstag nächstes Jahr in Gnodstadt feiern zu können, und meint: "Die gemeinsame Zeit in Gnodstadt sollte für alle ein Stück fränkische Gnade werden, die wir uns gerne von Gott schenken lassen wollen."