Am 1. Mai hört Peter Siegel als Vorstand der VR Bank Kitzingen auf. Was dem Mannheimer an Kitzingen gefällt, was er im Ruhestand anpackt - und was nicht.
Am Mittwoch hat Peter Siegel 61. Geburtstag, wenige Tage später übergibt er seinen Posten als Vorstand der VR Bank Kitzingen an Thomas Hemrich. Muss seine Frau Karin jetzt befürchten, dass er wie einst Loriot in der Komödie „Pappa ante portas“ die Regie zu Hause in Rödelsee übernehmen will?
„Nein, bestimmt nicht,“ sagt der gebürtige Mannheimer und amüsiert sich auch über Frage zwei: Wer denn wem künftig auf die Nerven geht? Das könne er nicht abschätzen, meint er lächelnd, das werde sich zeigen. „Aber im Ernst: Wir freuen uns beide auf die gemeinsame Zeit. Und im Urlaub haben wir ja schon ein bisschen geübt, wie es ist.“
Typisch Mannheim
Peter Siegel macht an diesem Abend einen aufgeräumten Eindruck, genießt sichtlich den Silvaner von Rainer Sauer aus Escherndorf. „Als ich nach Kitzingen kam, war ich Biertrinker – typisch für Mannheim. In Franken habe ich mich zum Genussmenschen weiterentwickelt“. Ein guter Silvaner, bei schönem Wetter auf der Terrasse dazu gelegentlich eine Zigarre, das sei für ihn Lebensfreude pur. „Karin und ich, wir haben uns vom ersten Moment an in Franken wohl gefühlt.“
Der Wechsel 2002 aus Mannheim sei zum Glücksfall geraten. Selbst Tochter Lisa, damals zwölf Jahre alt, habe nach kurzer Anlaufphase neue Freunde gefunden, den Schulwechsel gut verkraftet. „Dabei wären wir vermutlich noch heute in Mannheim, wenn ich dort Vorstand hätte werden können“. Das habe sich seinerzeit durch die Fusion zweier VR Banken zerschlagen, die Warteschleife wäre für Siegel, seit 1991 Prokurist, zu lange geworden. „Also habe ich mich umgesehen. Als Kitzingen ins Gespräch kam, habe ich die Stadt im Atlas gesucht, wie früher üblich“. 200 Kilometer von Mannheim, nahe bei Würzburg – das passte.
Kritische Blicke
Von einer Großstadt mit 300 000 Einwohnern ins eher beschauliche Kitzingen – ein Kulturschock? „Nein, im Gegenteil“, unterstreicht Siegel. Die Größe der Stadt, die Nähe der einzelnen Institutionen, dass Schule, Krankenhaus, öffentliche Einrichtungen, Einzelhandel, alles vorhanden ist, das habe ihm vor 15 Jahren gleich gefallen. „Aber es war zugegeben anfangs schon aufregend, vor über 130 Mitarbeitern zu bestehen, die den neuen Vorstand kritisch beäugen.“
Siegel ist sehr zufrieden damit, wie er nun 15 Jahre später den Posten weitergibt. „Unsere Zahlen sind sehr gut, die letzten sieben Jahre seit der Bankenkrise waren besonders gut.“ Es habe eine Bewegung weg von den Investmentbanken zurück zu Genossenschaftsbanken und Sparkassen gegeben. „Wir haben immer das klassische Geschäft gemacht. Das hat sich ausgezahlt.“
Ins Wanken geraten
Allerdings sei durch die Niedrigzinspolitik der vergangenen Jahre Einiges ins Wanken geraten. Früher sei über ein ordentliches Zinsergebnis alles, was Kosten verursacht – etwa Personal, Infrastruktur Zweigstellen, Geldautomaten, Kontoauszugsdrucker – mitfinanziert worden. „Diese Rechnung geht nicht mehr auf.“ Siegel nennt ein Beispiel: für zehnjährige, börsennotierte Bundeswertpapiere betrug der Zins im Jahr von Siegels Eintritt in die VR Bank (1977) 6,5 Prozent, beim Wechsel nach Kitzingen (2002) 5,07 Prozent, heute 0,33 Prozent. „Dass wir für Einlagen sogar Strafzinsen bezahlen müssen, galt lange als unvorstellbar.“