Die Regierung von Unterfranken muss Asylbewerber auf die Landkreise verteilen. Auch der Landkreis Kitzingen sollte sich sicherheitshalber auf zusätzliche Flüchtlinge vorbereiten.
Es ist ein Kommen und Gehen. "Man weiß nie genau, wie viele da sind." Maruschka Hofmann-Šircelj ist seit etwa 25 Jahren ehrenamtlich im Arbeitskreis Asyl im Landkreis Kitzingen aktiv und fast jeden Tag in einer der beiden Gemeinschaftsunterkünfte (GU) in Kitzingen und Kleinlangheim unterwegs. Aber selbst sie kann nicht genau sagen, wie viele Menschen dort derzeit leben. "So um die 120 Personen", schätzt sie.
Einige Einzelplätze sind noch frei Das könnte zum Problem werden, wenn der Landkreis weitere Asylbewerber von der Regierung zugewiesen bekommt. Denn die Zahl der Flüchtlinge, die diese verteilen muss, steigt. Deshalb appelliert sie an die Landratsämter, nach Unterbringungsmöglichkeiten zu suchen. Dass das alles andere als einfach sein kann, wissen Hofmann-Šircelj und Helmut Römpp, der sich schon genauso lange im Arbeitskreis engagiert. "Oft gibt es Vorurteile gegenüber den Ausländern." Das sehe man auch daran, dass die, die anerkannt sind und aus den GUs ausziehen dürften, immer große Schwierigkeiten hätten, Wohnungen zu finden.
Dieses Problem verschärft die Situation derzeit unterfrankenweit. Wobei der Anstieg der Flüchtlingszahlen nicht erst in den letzten Wochen und Monaten kam. Laut Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken, hat Deutschland bereits seit mehreren Jahren einen verstärkten Zugang von Asylbewerbern. Nach Bayern kommen derzeit monatlich etwa 1400 Personen. Die Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf sind überfüllt. Die Regierung von Unterfranken muss jeden Monat um die 150 Menschen unterbringen - wobei die 15 staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte bereits ausgelastet sind. Um kurzfristig den zusätzlichen Bedarf von 400 bis 600 Plätzen decken zu können, müssen Asylbewerber auf Landkreise und kreisfreie Städte verteilt werden.
"Wir sind aber sicher nicht die ersten, die bedacht werden", glaubt Maruschka Hofmann-Šircelj. Schließlich wohnen durch die beiden GUs schon relativ viele Flüchtlinge hier. Möglich ist es aber durchaus, dass über kurz oder lang zusätzliche Asylbewerber-Gruppen kommen. Aber Hardenacke betont: "Wir bemühen uns, die Landkreise im Verhältnis zur Bevölkerungszahl gleichmäßig zu beanspruchen."
Keine Probleme beim Integrieren Angst brauche die Bevölkerung davor aber nicht zu haben, sagt Hofmann-Šircelj: "Die allermeisten sind intelligente, anständige Menschen." Die Kinder seien gut in der Schule und viele - Kinder wie Erwachsene - in den örtlichen Vereinen engagiert. In Kitzingen und Kleinlangheim sei die Akzeptanz der Menschen groß - weder mit den Einheimischen noch mit den Behörden gebe es irgendwelche Probleme.
Im Gegenteil: In Absprache mit der Regierung hat es der Arbeitskreis Asyl inzwischen geschafft, den Leuten in den GUs zumindest einige Deutschstunden pro Woche anzubieten. "Das erleichtert uns die Verständigung, sie selbst kommen draußen besser zurecht und haben später auch eher die Chance, eine Arbeit zu bekommen", zählt Römpp die Vorteile auf. Eine Arbeitserlaubnis bekommen Asylbewerber nämlich erst, wenn sie schon ein Jahr da sind. Früher sei Deutschunterricht als Eingliederungsmaßnahme nicht gewollt gewesen, so lange die Leute kein Aufenthaltsrecht hatten.
"Wir haben mit den Behörden hier aber ein Riesenglück." Der Arbeitskreis sei als ehrenamtliche Hilfe akzeptiert, die Zusammenarbeit funktioniere problemlos. "Und unsere Unterkünfte hier sind im Vergleich zu vielen anderen sehr schön."
Die Regierung ist dabei, unterfrankenweit neue zentrale Gemeinschaftsunterkünfte zu schaffen. "Wir sind auch an Objekten im Landkreis Kitzingen interessiert", sagt Hardenacke. Ein geeignetes Angebot liege im Moment jedoch nicht vor. So lange es aber nicht genügend Plätze gibt, sind alle Landratsämter angehalten, vorzuplanen. "Sie müssen sich gegebenenfalls um dezentrale Unterkünfte - beispielsweise in Pensionen oder Gasthöfen - bemühen, um auch kurzfristig Leute unterbringen zu können." Finanzieller Träger bleibt dabei der Freistaat.
Ob zentral oder dezentral: Wichtig finden Römpp und Hofmann-Šircelj, dass die Leute in ein menschenwürdiges Umfeld kommen. Dazu gehöre auch, die Bevölkerung im Vorfeld zu informieren und aufzuklären, damit negative Stimmungen gar nicht aufkommen. "Bei den meisten Flüchtlingen geht es ums blanke Leben. Die kommen nicht ohne Perspektive in ein fremdes Land, weil es ihnen Spaß macht." Außerdem sei die Zahl der Asylsuchenden zwar gewachsen, aber immer noch zehn Mal niedriger als Mitte der 90er Jahre. "Wir sind froh, dass die Menschen bei uns so offen sind - das macht vieles einfacher", sagt Hofmann-Šircelj. Denn allein durch einen freundlichen Gruß, durch bloße Kontaktaufnahme könne jeder einzelne viel bei den verunsicherten Menschen bewirken.
Chronik der letzten EntwicklungenSeit 2010 bemüht sich die Regierung von Unterfranken, neue Standorte für zentrale - also von der Regierung betriebene - Gemeinschaftsunterkünfte (GU) zu schaffen. Die Zahl der Asylbewerber, die der Bezirk unterbringen musste, war nämlich sprunghaft von 343 im Jahr 2009 auf 751 im Folgejahr angestiegen.
2011 konnte die GU in Kleinlangheim mit 80 Plätzen geschaffen werden. Trotzdem reichten Ende des Jahres die zentralen Unterkünfte erstmals nicht mehr aus. Insgesamt nahm Unterfranken 2011 810 Asylbewerber auf. Es wurden erste staatliche Ausweichunterkünfte herangezogen.
Anfang 2012 waren auch diese belegt - die dezentrale Unterbringung begann: Im Februar kamen die ersten Direktzuweisungen nach Aschaffenburg und Miltenberg. Im Laufe des Jahres wurde dann eine GU mit 60 Plätzen in Gemünden in Betrieb genommen. Zwei bestehende Standorte (Münnerstadt und Bad Königshofen) konnten um zusammen 35 Plätze erweitert werden. Im November wurde eine weitere staatliche Unterkunft mit 30 Plätzen in Wörth am Main eingerichtet. Trotzdem sieht die Regierung derzeit einen zusätzlichen Bedarf von 400 bis 600 Plätzen. Die Asylbewerberzahl von 2011 ist in diesem Jahr bereits überschritten.