500 demonstrieren für die Fehrer-Arbeitsplätze

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Der Demonstrationszug kommt über die Alte Mainbrücke. Fotos: Gerhard Bauer
Der Demonstrationszug kommt über die Alte Mainbrücke. Fotos: Gerhard Bauer
 
 
 
 
 
Klaus Ernst von den LINKEN spricht.
Klaus Ernst von den LINKEN spricht.
 
 
Walther Mann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall spricht.
Walther Mann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall spricht.
 
 
Daniela Nikolic hat zusammen mit JohannaWeiß die Demos organisiert.
Daniela Nikolic hat zusammen mit JohannaWeiß die Demos organisiert.
 
Mit Trillerpeife gegen die Standortpolitik der Geschäftsleitung.
Mit Trillerpeife gegen die Standortpolitik der Geschäftsleitung.
 

Die Mitarbeiter des Fehrer-Standortes Kitzingen kämpfen weiter um ihre Arbeitsplätze. Unterstützt werden sie dabei nicht nur von Vertretern der lokalen Politik, sondern auch von den Kollegen aus Leipzig.

Den früher und heute Verantwortlichen im Hause Fehrer müssten am Samstagmittag eigentlich die Ohren geklungen haben: Geführt von Politprominenz zogen zunächst etwa 350 Fehrer-Demonstranten nach einer Einstimmung durch Johanna Weiß lautstark vom Bleichwasen zum Platz der Partnerstädte. Dabei wuchs die Zahl der Kundgebungsteilnehmer auf rund 500.

Veranstaltungsleiter Walther Mann, Erster Bevollmächtiger der IG-Metall, berichtete von den angelaufenen Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag mit dem Ziel, den Produktionsstandort Kitzingen bei Fehrer zu erhalten. "Die politischen Mandatsträger müssen sich stark machen, hier sind sie gefordert und beim Wort zu nehmen", eröffnete Mann den zweiten Teil der Kundgebung. Er begrüßte die Solidarität des Werkes Leipzig, das vor dem Aus stehe und dennoch zu den Kitzinger Kollegen stehe.
Die Delegation mit dem Betriebsratsvorsitzenden und Fehrer-Gesamtbetiebsratsvorsitzenden Stefan Ronneburg reiste eigens aus Sachsen an.

"Belegschaft hat mehr verdient"

"Unser Standortvorteil war der geringe Lohn", erinnerte er und fragte, was daraus geworden sei. "Nichts", lautete seine ernüchternde Antwort, denn nun solle ein Sozialplan fünfter Klasse verhandelt werden. Nach
25 Jahren habe die Belegschaft mehr verdient als das.

Die Verärgerung über die Vorgänge im Hause Fehrer spiegelten sich in der Stimme von Landrätin Tamara Bischof (FW) wider. "Wir kämpfen gemeinsam für die Arbeitnehmer bei Fehrer und lassen uns diesen Kampf nicht nehmen", kündigte sie an. Sie äußerte die Hoffnung, dass Geschäftsführer Tom Graf endlich etwas mitbekomme, denn sogar das bayerische Wirtschaftsministerium habe das Zukunftspotenzial des Unternehmens erkannt. "Wer ein solches Angebot ausschlägt, handelt verantwortungslos", hielt sie Graf vor.

Bischof erwartet, dass die Geschäftsleitung auf das Angebot eingeht. Auch wenn Graf erst kurz im Unternehmen sei, trage er Verantwortung für die Menschen.

Gleichzeitig appellierte die Landrätin an die großen Autohersteller in Bayern, die eine seit Jahrzehnten gute Zusammenarbeit mit Fehrer lobten. "Wer auf seine Produkte 'Made in Germany' draufschreibt, hat auch die Verantwortung für Deutschland", hielt sie den Konzernen vor.

Seite an Seite kämpfen

Die Lokalpolitiker aus Stadt und Landkreis lassen sich von der Geschäftsleitung jedenfalls nicht verbieten, was sie zu tun und zu lassen hätten. Die Lokalpolitik kämpfe Seite an Seite mit den Arbeitnehmern, dazu versprach sie jede Unterstützung. Bischof rief die Geschäftsleitung unmissverständlich dazu auf, die angebotene Hilfe aus München anzunehmen. Die unterfränkischen Abgeordnetenkollegen von Otto Hünnerkopf (CSU) sicherten jede Unterstützung zu, um den Abbau von 400 Arbeitsplätzen zu verhindern. Es sei keineswegs egal, wo man morgen arbeite. Hünnerkopf versprach, eine Lösung zu finden, wie es weitergehen könne. Die Gewinnmargen bei den Autoherstellern seien nur möglich, weil sie Zulieferer ausquetschten wie Zitronen. In Kitzingen sei der Verlust der Arbeitsplätze nicht so einfach hinzunehmen. "Hier wurde 2009/2010 bereits Lohnverzicht geübt, als BMW in Wackersdorf noch Boni gezahlt hat", erinnerte Hünnerkopf.

Fehrer habe bei Heißschaum eine anerkannt hohe Kompetenz, daher habe das Wirtschaftsministerium Zuschüsse angeboten. Hünnerkopf rief die Geschäftsleitung dazu auf, kreativ zu denken und die Angebote anzunehmen.
Ein guter Manager formuliert für Klaus Ernst (Die Linke) Rendite und Wachstum eines Unternehmens, gut sei er aber auch, wenn die eigene Kohle stimme. Bei der Ankündigung von Entlassungen stiegen Aktienkurse, gleichzeitig auch der Wohlstand eines Managers. "Es darf rechtlich nicht mehr möglich sein, eine Region und die Mehrheit ihrer Bürger einfach nicht zu beachten und dass eine kleine Clique von Leuten darüber entscheidet, was gut ist", forderte Ernst unter dem tosenden Beifall der Demonstranten. Die Entscheidungen beträfen das Gemeinwohl und seien mit dem Grundgesetz längst nicht mehr zu vereinbaren. "Auch Manager müssen sich daran halten", so Ernst.

Immer werde Loyalität verlangt, dabei stünden die Fehrer-Arbeitnehmer so loyal wie selten auf der Welt zu ihrem Unternehmen. In Kitzingen gehe es nicht alleine um ein Unternehmen, es gehe auch um die Industrie, die abziehe. Dass "Millionen stärker sind als Millionäre", habe sich zuletzt bei Siemens gezeigt.

Aufgabe eines Unternehmers sei es, für Produkte und Entwicklung sowie ein gutes Betriebsklima zu sorgen, wer das nicht beherrsche, sei ein schlechter Unternehmer.

"Den angekündigte Stellenabbau beim zweitgrößten Betrieb im Landkreis wollte ich zunächst nicht glauben", bekannte Paul Streng (FW). Der Landkreis gehöre jedoch zur Top-Landschaft der Wirtschaftsstandorte, damit eben auch Fehrer. Logistische Gründe wollte Streng nicht gelten lassen, denn Kitzingen liege im Herzen Europas mit hervorragender Verkehrsanbindung.

Vertreter der SPD (Doris Aschenbrenner), der Grünen (Christa Büttner), der Arbeitnehmervereinigungen in den beiden Kirchen (Pfarrer Johannes Rehm und Klaus Koller) hatten weitere Beiträge parat, für Betriebsräte der Kitzinger Metallbetriebe sprachen Gerhard Pfaff sowie der ehemalige Betriebsratsvorsitzende der Maxhütte, Albert Keller.

Mit teilweise versagender Stimme und Tränen in den Augen machte Daniela Nikolic ganz unter dem Eindruck der zahlreichen Redner ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung über die Entwicklung im Hause Fehrer Luft. Fehlentscheidungen seien ja menschlich, aber nur so lange, wie sie nicht andere mit in die Tiefe reißen. Eine Firma zu gründen oder zu übernehmen bedeute Verantwortung zu tragen und dazu verantwortungsvolle Personen an Bord zu holen. Aber die neue Geschäftsführung lehre nun das Fürchten.

"Arbeitslosigkeit ist nicht nur ein Wort, es ist eine Angst, die uns lähmt", verriet Nikolic, dass der Arbeitsplatzverlust Verzweiflung mit sich bringe, Existenzen gefährde und Betroffene zwischen Himmel und Hölle feststecken lasse.

Das Werk in Kitzingen habe noch nie rote Zahlen geschrieben, der Wegfall des Produktionsstandortes sei daher nicht nachvollziehbar. Die Argumente Grafs seien eher fadenscheinig und die Vorgehensweise fragwürdig.

Unterstützung annehmen

Nikolic rief dazu auf, die von Wirtschaftsminister Zeil angebotene Unterstützung anzunehmen, ihre größte Sorge sei aber, dass die Geschäftsleitung dazu nicht bereit sei. Claus Fehrer habe ein Schreiben seiner ehemaligen Beschäftigten erhalten, jedoch nur geantwortet, dass er im Ruhestand sei, die Belegschaft solle sich an die Geschäftsleitung wenden. "Wir sind enttäuscht, dass es ein Claus Fehrer nicht für notwendig hält, eine Stellungnahme für die Arbeitnehmer abzugeben", räumte Nikolic begleitet von einem Pfeifkonzert ein. Der Produktionsstandort habe dem Unternehmen jahrelang Solidarität und Betriebstreue geschenkt. Sie versicherte unter dem erneut aufbrausenden Beifall, dass Fehrianer niemals aufgeben würden. Den Geschäftsführern schrieb sie ins Stammbuch, dass sie nicht ruhen und aufgeben, sondern immer weiter gehen werde, denn die Beschäftigten hätten ihren Arbeitsplatz zu recht verdient.