Von Qualität und Reinheit des Bieres

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Bierprobe in alter Zeit. Mit dem technischen Fortschritt und den daraus resultierenden modernen Analyseverfahren verschwand zunehmend diese Prüfmethode mit dem Hosenboden und geriet in Vergessenheit. Repros: Ludwig Leisentritt
Bierprobe in alter Zeit. Mit dem technischen Fortschritt und den daraus resultierenden modernen Analyseverfahren verschwand zunehmend diese Prüfmethode mit dem Hosenboden und geriet in Vergessenheit. Repros: Ludwig Leisentritt
Gasthaus "Deutsche Eiche" In diesem Gebäude befand sich früher eine Gaststätte mit Brauerei, deren Inhaber sich 1884 wegen Bierfälscherei verantworten musste.
Gasthaus "Deutsche Eiche" In diesem Gebäude befand sich früher eine Gaststätte mit Brauerei, deren Inhaber sich 1884 wegen Bierfälscherei verantworten musste.
 
Im ehemaligen Gastzimmer der Brauereigaststätte Göller, die heute als Wohnung dient, ist noch dieser Spruch erhalten.
Im ehemaligen Gastzimmer der Brauereigaststätte Göller, die heute als Wohnung dient, ist noch dieser Spruch erhalten.
 

Zeitweise gab es auch in der Region mehr schlechtes als gutes Bier - ein Rückblick.

Seit der Mensch Getreide als Nahrungsmittel entdeckt hat, gibt es auch das Bier. In grauer Vorzeit hat man Getreide erst als Brei gegessen, als Suppe gelöffelt und als Gertstensaft getrunken. Der Hopfen als Bierzusatz ist eine Erfindung der christlichen Mönche, die in unserer Heimat jedoch eher als Pioniere des Weinanbaues gelten.
Bei der Durchsicht von Archivalien in unserer Heimat, stößt man über mehrere Jahrhunderte lang auf Fälschungen und Mängel des Gerstensaftes. In der langen Braugeschichte gibt es unzählige Kräuter, Pilze und Gewürze, die dem Bier zugesetzt wurden. 1838 sollten die örtlichen Büttner bei "Faßausputzungen" auf verdächtige Substanzen achten und eventuell Anzeige bei der Obrigkeit erstatten.
Zeitweise hat es mehr schlechtes als gutes Bier gegeben. Und mit dem Reinheitsgebot hat man es auch nicht immer gehalten wie es die Verordnung aus dem Jahr 1516 eigentlich vorsieht.
Die Franken legen in diesen Tagen Wert darauf, dass der Fürstbischof Heinrich III. für Bamberg und das Umland - also auch für Zeil - bereits 1489 ein Reinheitsgebot erlassen hat.
Bemerkenswert ist das Bekenntnis zahlreicher Zeiler Bürger, sie hätten 1803 bei der Einquartierung der Franzosen auf eigene Kosten im Städtischen Brauhaus Bier gebraut. Die hiesigen Brauer sollen nämlich ein so schlechtes Bier hergestellt haben, dass die napoleonischen Soldaten ihre verpflegenden Quartiergeber sogar misshandelten. Manchen Zeilern wurde dieser minderwertige Gerstensaft sogar ins Gesicht geschüttet. In einer Publikation von 1801 heißt es: "Ich glaube, viele Menschen würden länger leben, wenn an ihrem Orte ein guter Trunk Bier wäre. Man wird sich an Dörfer erinnern, die über drey Viertel des Jahres Essig trinken müssen."
Ein Stuttgarter Kaufmann pries in unserem Bereich 1853 ein "Geheimmittel" an, das bei der Bierbereitung eine große Menge Malz einsparen sollte. Die Behörde in Haßfurt warnte vor der Verwendung und untersagte auch, beim Bierbrauen Sirup statt Malz zu verwenden. Auch andere Surrogate, also Zusatzstoffe, wurden verboten.
Nachdem immer häufiger dem Bier auch anderer Malzersatz beigemischt wurde, warnte 1872 das Haßfurter Bezirksamt vor der Verwendung von sogenanntem "Bier-Couleur". In der Bierstadt Kulmbach war allerdings bis 1902 die Verwendung von derartigen Färbemitteln üblich. Die Zutat bestand aus gebranntem Stärkezucker, der für die unverwechselbare tiefdunkle Farbe des "Culmbacher" Bieres sorgte. Eigentlich verstieß die Zugabe von Zuckercouleur gegen das Bayerische Reinheitsgebot. Die Regierung kümmerte sich damals jedoch wenig um die Einhaltung ihres Reinheitsgebotes. Bis zur Wiedervereinigung 1990 war übrigens in der ehemaligen DDR wegen der schwierigen Rohstofflage eine ganze Reihe von Zusatzstoffen erlaubt.
Was nutzte das Reinheitsgebot für Bier, wenn das verwendete Wasser alles andere als rein war? Früher war oft mehr als zehnmal soviel Wasser nötig um einen Liter Bier zu brauen. Ein Zeiler Bierbrauer in der Langgasse erhielt 1874 von der Stadt die Erlaubnis, eine Leitung von der Altach in das Brauhaus zu legen. Heute werden hohe Anforderungen an die Qualität des Wassers gestellt. Es soll geschmacklich einwandfrei, geruchlos und klar sowie frei von bierschädlichen Organismen sein. Schließlich ist das Brauwassers mitentscheidend für die Güte des Bieres. Man vertraute früher darauf, dass Keime und Bakterien durch das Kochen beseitigt werden. Aus diesem Grunde galt trotz allem Bier als ein hygienisches Getränk. Ein größerer Schwachpunkt war dagegen die mangelnde Hygiene bei den Brauanlagen.
An den Brautagen, an denen aus dem Bach Wasser entnommen wurde, schickten manche Dorfbürgermeister die Ausscheller durch die Gassen mit der Bekanntgabe: "Hiermit wird bekannt gemacht, dass niemand in den Bach reinmacht; denn morgen wird gebraut."
Die beiden Zeller Wirte der Gasthäuser "Zum Ebersberg" und "Zum Stern" brauten das Bier selbst und holten vor gut 100 Jahre das dazu notwendige Wasser mit einem Fuhrfass bei der unteren Brücke aus dem Bach. Es wurde von da aus direkt in den Sudkessel gepumpt. Nach den Aufzeichnungen von Franz Braunreuther, machte es nichts aus, dass davor etwa aus 20 Mistgruben Jauche und etliches an Brühe auch Schweineställen in den Bach gelaufen waren. Der war zudem noch ständig von Enten- und Gänsescharen bevölkert. In den Aufzeichnungen des Ortschronisten heißt es: "Sie werden es nicht glauben, aber das Bier schmeckte trotzdem - oder gerade deswegen - gut."
Dieses Bekenntnis deckt sich mit der Ansicht des deutschen Botanikers und Mediziners Professor Jakob Dietrich. Der empfahl bereits im 16. Jahrhundert beim Bierbrauen etliche Zuber und Fässer mit gutem frischen Brunnenwasser oder, falls solches fehlt, mit fließendem Wasser zu füllen. Man sollte dieses drei bis vier Monate ruhen lassen, bis es anfängt trüb zu werden und zu faulen beginnt. Das daraus gesottene Bier sei gut und haltbar und "anmutig" zu trinken.
Es hätte wenig genutzt, Verordnungen zu erlassen, ohne sie zu kontrollieren. So besuchten örtliche Bierbeschauer - in Zeil auch Bierkieser genannt - regelmäßig die Brauereien, kosteten und prüften das Bier. Damit die Geschmacksnerven der Kommission nicht irritiert wurden, durften sie am Abend vorher weder gesalzene Fische, Käse, Zuckerwaren sowie Schnupf- und Kautabak konsumieren und auch nicht rauchen.
1837 wurden unsere Gemeinden aufgefordert, bei den örtlichen Bierwirten alle acht Tage Visitationen vorzunehmen. Wer schlechtes und gehaltloses Bier ausschenkte, sollte umgehend zur Anzeige gebracht werden. In Zeil führte die Visitationen oft auch Bürgermeister Franz Burger zusammen mit dem Stadtpolizisten durch. So 1892, als sich der Leiter des Zeiler Rentamtes Johann Andreas Deckert über die Güte des Bieres des Gastwirtes Adam Lang im Roten Roß beschwerte. Burger - der zu dieser Zeit auch Landtagsabgeordneter war - entnahm höchstselbst aus dem laufenden Fass einen Liter des Gerstensaftes. Die Untersuchung in Würzburg ergab folgendes Resultat: "Das Bier, ein altes Lagerbier, ist hell und kann nicht für gesundheitsschädlich erkannt werden." Ob es sich um ein edles Getränk handelte, war damit nicht gesagt. Denn die Zeiler Bierbeschauer verwendeten bei ihren positiven Beurteilungen andere Attribute: Das Bier konnte fein und gut, hell oder glanzhell, rein, gehaltvoll, wohlschmeckend und ausgegoren sein. Vor allen Dingen sollte der Gerstensaft klar sein. Mit dem klaren und reinen Bier war es früher jedoch so eine Sache. Die Protokolle lassen erkennen, dass so manches Gebräu "verunglückt" oder gerade noch durchgeschlingert ist. Neben der Reinheit des Bieres, prüfte die Kommission stets auch die Sauberkeit der Krüge und Gläser in den Gaststuben.
Die Göllersche Gastwirtschaft befand sich bis 1920 im heute privat genutzten Fachwerkgebäude. Dort hat man - unter Putz verborgen - in den frühen 80er Jahren bei einer Renovierung einen alten kunstvoll gestalteten Wandspruch entdeckt, der Teil eines Lutherzitates ist: "Raus mit dem Wort wenn"s wahr ist. Nunter mit dem Bier, wenn's klar ist!" Der wortgewaltige Reformator hat es in einem Aphorismus so formuliert: "Iss, was gar ist, trink, was klar ist, red, was wahr ist."
1831 rief der Eltmanner Landrichter Kummer dazu auf, ein genaues Augenmerk darauf zu richten, dass nicht trübes und saures Bier ausgeschenkt wird. Für den strengen Vollzug machte er die Bürgermeister verantwortlich. Und im Haßfurter Amtsblatt wird 1873 beklagt, dass "in hiesigen Wirtschaften und Brauereien sauer gewordenes Bier abgegeben wird." Ein Steigerwaldgedicht macht sich über zahlreiche Orte lustig. Einmal heißt es über einen Ort: "Wirtshäuser ham sie viere, aber lauter saure Biere."
Doch war früher saures Bier gerade auf dem Lande gar nicht so unbeliebt. Besonders im Sommer schätzte man auf den Feldern den Säuregehalt als belebende Alternative zu den normalen Bieren. Die Redensart "Der ist beliebt wie saures Bier", stimmt also nur mit Einschränkung...


Meineid und Bierfälschung in Zeil

Eine Handelsfirma in München wurde 1884 bezichtigt, sogenannte "Bierverbesserungsmittel" vertrieben zu haben. Unter den Abnehmern tauchte auch eine in der Zeiler Langgasse ansässige Brauerei auf. Danach soll diese im Sommer 1883 eine Kiste Süßholzpulver im Gewicht von drei Zentnern sowie sechs Pfund Tannin - ein pflanzlicher Gerbstoff - bezogen haben. Die Bestellungen hatte der Brauereiinhaber bei dem Münchner Reisenden Rosemann bestellt und bezahlt.
Eine angeordnete Hausdurchsuchung in der Langgasse blieb jedoch ohne Ergebnis. Trotzdem kam es zu einer Gerichtsverhandlung in Schweinfurt. Der Bruder des Brauereiinhabers sowie sein aus Eltmann stammender Hausknecht sagten aus, der Chef verwende zur Bierzubereitung lediglich Malz, Hopfen und Wasser. Der Brauereiknecht musste seine Aussage beschwören. Der erzählte seinem Kollegen beiläufig, der Chef habe ihn aufgefordert, vor Gericht eine falsche Aussage zu machen. Er solle lediglich aussagen, die Brauerei habe "wohl ein Fässchen Zeug von München bekommen". Bei einem Streit mit seinem Arbeitgeber hatte ihn dieser ziemlich ausgescholten. Nun fragte sich der Knecht, ob dies der Dank dafür sei, dass er seine Finger in die Höhe strecken und falsch habe schwören müssen.
Bei der Münchener Firma handelte es sich um ein einschlägig vorbestraftes Unternehmen. Die beiden Kaufleute Wich und Fricker waren bereits in Meiningen, Regensburg und München zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Ihre Reisende wurden beschuldigt, wissentlich durch Zusendung von Materialien den Zeiler Braumeister bei der Fälschung des Bieres fortgesetzt unterstützt zu haben.
Vor Gericht redeten sich die Handelsvertreter heraus, dass sie zwar gewusst hätten, zu welchen Zwecken ihre Produkte verwendet werden. Doch hätten sie als Kaufleute nicht den mindesten Anstoß daran genommen. Schließlich setze jeder Kaufmann seine Waren ab, ganz gleichgültig zu welchem Zwecke diese Verwendung finden. Das Süßholzpulver war in einer Kiste als Pech deklariert, während das Tannin in einem Behälter mit Zapfkorken versteckt war. Als die Kisten in Zeil angeliefert wurden, sind sie mit Hilfe eines Fremden auf den Dachboden verbracht worden. Die Beschäftigten der Brauerei sollten keine Kenntnis davon haben.
Der Bierbrauer wollte mit den Zusätzen sein Bier "süffiger" machen. Die vermeintliche Verbesserung hatte jedoch das Gegenteil bewirkt, denn er musste den ganzen Sud weggießen. Günstig auf das Strafmaß der versuchten Bierfälschung wirkte sich aus, dass das Bier nicht zum Ausschank gekommen war. Ein Biersachverständiger gab zu Protokoll, dass im Bier des Zeilers zwar keine Surrogate gefunden worden seien. Allerdings sei es das schwächste Bier von 30 Brauereien in Unterfranken gewesen, die er untersucht habe. Doch als kurze Zeit später, eine Visitation durchgeführt wurde, notierte der Zeiler Bürgermeister: "Das Bier war hell und sehr gut." Während der Zeiler Bierbrauer glimpflich davon kam, traf es die Münchner Handelsleute sehr hart. Sie wurden zu acht und elf Monaten Gefängnis verdonnert. Ludwig Leisentritt