Die Theaterwerkstatt Haßfurt bringt Goethes "Wahlverwandtschaften" auf die Bühne des Gewölbekellers der Stadthalle.
"Leicht, schön und sehr poetisch" bringt die Theaterwerkstatt Haßfurt Johann Wolfgang von Goethes "Wahlverwandtschaften" auf die Bühne. Der früher so berühmte Roman über die Naturgesetze des Herzens und die Anarchie der Gefühle wird in einer Textfassung von Silvia Armbruster von der Regisseurin Nina Lorenz und den Schauspielern Aline Joers, Olga Seehafer, Martin Habermeyer und Felix Pielmeier in Szene gesetzt. Die Premiere findet am Mittwoch, 29. März, um 20 Uhr im Gewölbekeller der Stadthalle statt.
1809 erscheint die Geschichte eines Paars, dessen Ehe auseinander bricht, weil zwei weitere Figuren dazukommen. Der Begriff "Wahlverwandtschaft" stammt aus der Chemie, wo er das anziehende und abstoßende Verhalten von chemischen Verbindungen beschreibt, indem die stärkere Säure die schwächere aus ihren Salzen verdrängt. Diese Gesetzmäßigkeit unterlegt Goethe in seinem Roman den Schicksalen der beiden Paare, die im Mittelpunkt des Geschehens stehen.
Goethe: "Denken Sie sich ein A, das mit einem B innig verbunden ist, durch viele Mittel und durch manche Gewalt nicht von ihm zu trennen; denken Sie sich ein C, das sich ebenso zu einem D verhält; bringen Sie nun beide Paare in Berührung: A wird sich zu D, C zu B werfen, ohne dass man sagen kann, wer das andere zuerst verlassen, wer sich mit dem anderen zuerst wieder verbunden habe." So zerlegt Goethes Versuchsanordnung menschlicher Beziehungsgeflechte die Grenzen zwischen Freundschaft, Seelenverwandtschaft, Liebe und Sex. Der Autor des "Faust" spielte das Thema Beziehungen schon vor über 200 Jahren intensiv durch und besitzt bis heute Aktualität.
Eduard und Charlotte leben in idyllischer Abgeschiedenheit. Das zur Ruhe gekommene Paar lädt einen Freund und eine Nichte ein. Damit setzt sich eine Kettenreaktion aus Begehren und Verzicht in Gang. Das Experiment an vier offenen Herzen nimmt einen tragischen Lauf. Goethes These, "jede Ehe solle nur auf fünf Jahre angelegt sein", wirkt angesichts heutiger Scheidungsraten prophetisch. Das Spannungsfeld zwischen Entsagung und Hingabe, zwischen schicksalhafter Bestimmung und Wahlfreiheit, zwischen gesellschaftlicher Moral und intuitivem Verlangen ist zeitlos gültig. "Denn so ist die Liebe beschaffen, dass sie allein Recht zu haben glaubt und alle anderen Rechte vor ihr verschwinden", sagt Goethe dazu.
Sehnsucht und Entsagung
Nina Lorenz erklärt dazu: "Ich versuche zusammen mit den Schauspielern, diesen Figuren Leben einzuhauchen. Wobei wir natürlich das Stück auf unsere Art interpretieren und besonders die Liebe, die Sehnsüchte, aber auch die Entsagung herausstellen. Dadurch, dass der Roman stark verkürzt wurde, dauert die Vorstellung inklusive der Pause auch nur rund zwei Stunden."
Die Sprache Goethes, die Nina Lorenz als "leicht, schön und sehr poetisch" beschreibt, wird beibehalten. "Wir genießen es, damit zu arbeiten", schwärmt sie und fügt an: "Die Wahlverwandtschaften, obwohl sie 1809 verfasst wurden, sind hochmodern, da die Ehe heute auch noch beziehungsweise wieder als feste Bindung gilt."
Die Schauspieler Olga Seehafer und Martin Habermeyer sind dem Publikum durch Aufführungen der Theaterwerkstatt Haßfurt bekannt, während Felix Pielmeier letztes Jahr zum ersten Mal in Haßfurt gastierte und Aline Joers heuer zum ersten Mal zu erleben ist. Sowohl Pielmeier als auch Joers waren früher Mitglieder des E.T.A.-Hoffmann-Theaters Bamberg. Bei "Wahlverwandtschaften" kooperiert die Theater-Werkstatt Haßfurt mit dem Theater im Gärtnerviertel Bamberg und bringt das Stück im Gewölbekeller der Stadthalle in Haßfurt nach der Premiere am 29. März um 20 Uhr auch noch am 2. und 23. April jeweils um 17 Uhr zur Aufführung.
Für die live-Musik sorgt Jakob Fischer, die Kostüme stammen von Lena Lorang. Karten gibt es unter der Telefonnummer 09521/1714.