Social Media ist für viele Firmen im Landkreis Haßberge immer noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Andrea Zehendner erklärt, warum das gefährlich ist.
Andrea Zehendner sitzt in einem kleinen Dorf in einem alten Haus, vier Kinder, Mutter - und Spezialistin für die sozialen Medien. Damit begibt sie sich dank Internet jeden Tag hinaus aufs weite Meer. Fiktiv.
Das ist bereits Alltag für die nachwachsende Generation. "Meine Kinder telefonieren nicht mehr", sagt Andrea Zehendner und verbildlicht damit einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel, der jetzt im Moment stattfindet. "Die nächste Generation kommuniziert anders." Das wird den Handel und die Unternehmen betreffen, ist sie sich sicher.
Die Hemmschwelle
Social Media, das kann man studieren, Andrea Zehendner ist zuhause auf Google, Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest und wie sie alle heißen. Wer sich hier noch nie bewegt hat, der "hat Angst was falsch zu machen", dieser
Hemmschwelle begegnet Andrea Zehendner bei ihrer täglichen Arbeit als Beraterin. Sie gibt zu: "Die Grundlagen müssen stimmen." Was nicht nur die technische Basis meint, sondern etwa die Grundlagen beim Anmelden auf der jeweiligen Plattform.
Facebook etwa sperrt eine Firmenseite, wenn 5000 Freunde erreicht sind und der Administrator ein Privataccount oder gar ein
Fake-Account ist. Selbst Facebook wünscht ein Mindestmaß an Transparenz. Richtigerweise legt ein Unternehmer eine Firmenseite als solche kenntlich an. "Das sind die Anfangsfehler, die man machen kann und die vielen passieren," sagt Andrea Zehendner. Wer mit "Mela Nie" (Melanie) bei Facebook eine Firmenseite administrativ betreut, kann eines Tages eine Aufforderung bekommen, den Personalausweis vorzulegen, sonst wird der Account gelöscht - damit ist die ganze Arbeit, die man investiert hat, umsonst.
Was wenigen bewusst ist: Facebook löscht jeden Tag eine riesige Zahl an Fake-Accounts - nicht erst seit dem Datenskandal mit Cambridge-Analytica. Hände weg also?
"Die erste Sünde ist, Social Media links liegen zu lassen," so Zehendner und rät, sich Plattformen anzusehen, "vielleicht kennt man noch nicht das Richtige für sich?" Instagram etwa ist sehr handybasiert.
Jeder kann etwas tun
Schon heute stecken (nicht nur) große Unternehmen viel Geld in ihren Internetauftritt und in die Präsenz bei Sozialen Medien. "Unternehmen müssen investieren", unterstreicht Zehendner, sieht aber auch ganz realistisch, dass die Kleineren, Handwerker, Bäcker, Metzger, an ihre Grenzen stoßen. Sie rät aber trotzdem unbedingt dazu, sich jetzt aufzustellen, um der Kundschaft in Zukunft überhaupt bekannt zu sein. Denn die nutzt immer mehr
nur das Web.
Ob Google oder Facebook, die Großen der Branche richten ihr Augenmerk mehr und mehr auf das Lokale. In Amerika testet Google gerade eine lokale Nachrichten-App. Die App "Local" von Facebook (zu dem übrigens auch der Dienst Whatsapp gehört) gibt es bereits in Deutschland.
Ideal, um sich zu zeigen
"Der lokale Handel muss das nutzen", betont die 47-Jährige, denn auf einen Blick offenbart sich, was man an einem bestimmten Tag alles unternehmen kann. Wem das Geschäft kaum Zeit lässt, der ist gut beraten, wenigstens ein Posting in der Woche zu platzieren. Warum sollten Bäcker und Metzger nicht ihr aktuelles Wochenangebot präsentieren? Warum als Handwerker nicht das neueste Produkt vorstellen? Warum nicht den Tag der offenen Türe bekannt machen? Die Öffnungszeiten, Urlaub, jede Art aktueller Information, "wenigstens eine Art Telefonbucheintrag".
"Es sind die einfachen Dinge", betont Zehendner, die funktionieren: "Wir brauchen uns nicht den Kopf zerbrechen, um das Rad neu zu erfinden." Etliche lokale Firmen hat sie eben nur durch das lokale Internet gefunden, "die Tortenbäckerin und die Frau, die glutenfreie Sachen backt - Ich komm' ja sonst nicht drauf!"
Geradezu Vorzeigebeispiele, weil sehr authentisch und durchdacht, sieht sie im Facebook-Auftritt der
Buchhandlung Glückstein in Haßfurt oder
Underground Haßfurt. In der Boutique kümmert sich Ella Garas mit dem Einverständnis der Chefs schon seit gut vier Jahren um den Auftritt in Facebook und Instagram, der Arbeitgeber stellt den Internetzugang. Seit einer Weile hat sie Unterstützung durch Julia Hubert.
Im Dialog mit dem Kunden
"Wir machen selber Bilder und posten fast täglich etwas", erzählt Julia Hubert auf unsere Anfrage. Zurück kommen Anrufe, dies oder jenes zurückzulegen, oder"Ist das in meiner Größe noch da?"
So kommen Anbieter und Kunde in Kontakt, der Dialog in Gang, "die Kaufentscheidung wird bei der jüngeren Generation über die Sozialen Medien getroffen", weiß Andrea Zehendner. Kleine Unternehmer sollten Mut zur Einfachheit haben - besser, als nichts zu tun. Man sollte sich auch nicht verzetteln, sondern auf einer Plattform bleiben, die einem entspricht. Wer so gar nicht weiß, was er denn posten soll, ist gut beraten, seine Kunden zu fragen: "Was gefällt euch, welche Informationen möchtet ihr?"
Und wenn doch ein bissiger Kommentar kommt? Nicht löschen, sondern die konstruktive Kritik sehen, den Kunden bitten, eine Privatnachricht zu schicken, die Sache aus der Welt räumen.