"Wahnsinn", "unglaublich" oder "irre", das waren Worte, die im Haßfurter Eisstadion immer wieder zu hören waren. Denn nach einem 1:3-Rückstand gewann der ESC Haßfurt das Nachbarderby der Eishockey-Landesliga Nordost gegen den Favoriten ERV Schweinfurt noch mit 5:3 (1:3, 3:0, 1:0).
Der Großteil der ESC-Fans stimmte nach dem Schlusspfiff aber in den großen "Oh-wie-ist-das-schön"-Chor ein. "Das ist sicher eine große Überraschung", sagte Trainer Lubos Thür, der einige Minuten nach der Schlusssirene versicherte, er sei "einfach sprachlos. Ich glaube, wir haben die drei Punkte letztlich verdient. Wir haben es dem Gegner über weite Strecken der Partie ganz schwer gemacht". Es sei ein "ganz tolles Spiel von meinen Jungs" gewesen. "Die haben super Arbeit geleistet und Moral gezeigt."
Stimmung wie seit langem nicht Begeistert war der Deutsch-Tscheche auch von der unglaublichen Resonanz.
Offiziell 1264 zahlende Zuschauer, darunter viele hundert Schweinfurter Schlachtenbummler, sorgten für eine Stimmung auf den prall gefüllten Rängen, die es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben hat.
Nach dem ersten Spieldrittel waren noch die Gästefans obenauf, nachdem Andreas Kleider und Jan Slivka schnell für eine 2:0-Führung der favorisierten "Mighty Dogs" gesorgt hatten (3., 4.) und Maximilian Schneider den Anschlusstreffer von Haßfurts Fabian Kohn (12.) mit dem 1:3 beantwortete (14.). Selbst aus einer fünfminütigen Überzahl schlugen die Hausherren zunächst kein weiteres Kapital. Die war entstanden, weil Slivka ESC-Verteidiger Phillip Mauder mit dessen Kopf voraus gegen die Bande checkte und dieser, zeitweise bewusstlos, vom Eis getragen werden musste. Glücklicherweise stellte sich die Verletzung als nicht so gravierend heraus, wenngleich für Mauder die Partie nach nur einer Viertelstunde beendet war.
Auf der anderen Seite war auch für Slivka Feierabend, denn der Tscheche erhielt vom Schiedsrichtergespann Matthias Gundel und Philipp Sintenis eine Matchstrafe.
Torwart Martin Hildenbrand verhindert das 1:4 Bis dahin lag der überlegene Tabellenzweite auf seiner Mission "Derbyrevanche" dennoch ganz klar auf Kurs. Doch die "Hawks", die mit lediglich drei Verteidigern an den Start gehen mussten, weil der zuletzt so starke Frederic Rambacher erkrankt war, zeigten in der ohnehin oftmals sehr ruppigen Begegnung anschließend eine unglaubliche Moral, gepaart mit viel Willen und Einsatz, und hatten in der 22. Minute nochmals viel Glück: Bei eigener Überzahl schnappte sich Schweinfurts Michele Amrhein die Scheibe und lief mutterseelenallein auf Martin Hildenbrand zu. Der ESC-Schlussmann vereitelte aber das mögliche 1:4, was vermutlich das vorzeitige ESC-Aus bedeutet hätte.
Stattdessen ging bei den "Hakws" danach richtig die Post ab, denn Eugen Nold (24.) sowie David Franek (28.) stellten den Ausgleich her.
Spätestens nach der erstmaligen ESC-Führung, die Martin Stelcich bei erneuter Überzahl in der 39. Minute auf Zuspiel von Max Zösch markierte, glich das Stadion wieder einmal einem Hexenkessel, und die letzten "Wir-steigen-auf-und-ihr-steigt-ab"-Rufe der ERV-Fans verstummten. Sie wurden ersetzt durch Gesänge wie "ihr seid nur ein Punktelieferant" oder "gegen Haßfurt kann mal verlieren".
Für den endgültigen Schweinfurter K. o. sorgte erneut der ESC-"Spieler des Abends", Eugen Nold: Nach einem tollen Zuspiel des langsam wieder zu seiner Bestform zurückkehrenden David Franek hämmerte er die Scheibe in die Maschen (55.). Zwar drängten dessen Vorderleute vor dem 5:3 auf den Ausgleich.
Doch mit vielen Einzel- und wenigen Mannschaftsaktionen konnten sie gegen wacker kämpfende Haßfurter nichts mehr ausrichten.
Gäste tief enttäuscht "Viele dumme Strafzeiten, vor allem im ersten Drittel, haben uns das Genick gebrochen. Das zehrt natürlich an den Kräften", gab ein bitter enttäuschter Stephen Heckenberger zu Protokoll, dem die zweite Derbyniederlage gegen Haßfurt "tierisch weh" tat. Frank Genßler, Sportlicher Leiter der "Mighty Dogs" und ehemals ESC-Trainer, erklärte: "War waren gerade im zweiten und letzten Drittel übermotiviert und haben zu viel gewollt. Es gab bei uns viele Einzelaktionen und kein Zusammenspiel." Andreas Kurz, ESC-Vorstandsmitglied, fasste zusammen: " Nach dem 1:3 hat doch keiner mehr im Stadion einen Pfifferling auf die Mannschaft gesetzt. Aber sie hat sich zurückgekämpft. Das ist das, was mich so begeistert."