Kreis Haßberge: Schnelles Internet soll kommen - aber wann?

4 Min
Schnelles Internet im Kreis Haßberge? So schnell wird das nicht kommen.
Schnelles Internet im Kreis Haßberge? So schnell wird das nicht kommen.
Jan Woitas/dpa (Symbolbild)

Die Informationstechnik der Zukunft programmiert das Stadt-Land-Gefälle vor. Trotz staatlicher Förderung haben ländliche Gemeinden, wie die Kommunen im Landkreis Haßberge, das Nachsehen. Wann kommt das schnelle Internet?

Gut ausgebaute Straßenverbindungen oder Schienennetze sind das A und O, genauso aber auch leistungsfähige Breitbandnetze. Sie schaffen Arbeitsplätze, sind wichtiger Standortfaktor und Voraussetzung für Innovationen und Wachstum. Doch die Unterschiede im Ausbaustatus sind erheblich, das Stadt-Land-Gefälle bei den Übertragungsgeschwindigkeiten erschreckend. International aufgestellte Unternehmen in der Region und die sogenannten "Hidden Champions" leiden darunter.

Der Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur wirkt wie ein Fleckerlteppich, der im Landkreis Haßberge etliche Webfehler aufweist. In Maroldsweisach, Untermerzbach, Stettfeld, Rentweinsdorf und Wonfurt haben nicht mal die Hälfte der Haushalte Datenleitungen mit 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/sec); die Maintalkommunen Haßfurt, Ebelsbach und Zeil sind dagegen nahezu komplett versorgt.

Während man in den Haßbergen noch auf Internetverbindungen hofft, die störungsfreie Übermittlung größerer Datenmengen (Foto-Serien, Videos oder Arbeitsprojekte) erlauben, und dafür hohe Investitionen in die Kommunalhaushalte einstellt, haben überregionale Standards längst andere Dimensionen erreicht. Dort wird bereits mit Übertragungsraten im Giga-Bereich gehandelt. Aktuell wirbt Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann für das "superschnelle Internet" in seiner Stadt. Neue Anschlüsse ermöglichen es, 1800 Haushalte in der Kernstadt und elf Stadtteilen mit Datenströmen bis zu 250 Mbit/sec zu pimpen. Ein Quantensprung für eine Kommune mit 36 Gemeindeteilen und einer Fläche von gut 95 Quadratkilometern. "Jetzt haben wir überall schnelles Internet", freut sich der Bürgermeister.

Diverse Fördertöpfe

Beim Ausbau hat die Stadt von vier Förderwellen von Bund und Freistaat profitiert. Jetzt macht der "Höfebonus" die abgelegenen Anwesen oder allein stehende Mühlen zu Internetparadiesen, mit Glasfaser direkt bis ins Haus).

"Wir wollen eine zukunftsfähige digitale Infrastruktur in Stadt und Land. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist ein wichtiges Ziel der Bundesregierung", versichert Dorothee Bär. Die Bundes-Digitalministerin aus Ebelsbach berichtet über eine Kommission, die sich aktuell damit befasse, "wie gerade ländliche Regionen am modernen Leben teilhaben können".

Der Bund investiere erhebliche Summen in den Glasfaserausbau, gezielt im ländlichen Raum. Vom Freistaat Bayern erhalte zudem eine Gemeinde mit geringer Einwohnerdichte und vielen Ortsteilen einen höheren Förderhöchstbetrag als eine Gemeinde, die dichter besiedelt ist und aus wenigen Ortsteilen besteht.

Doch Bär bestätigt Nachholbedarf ("gerade in Ebelsbach ist die Versorgung nicht so, wie wir uns das wünschen"), wobei Kommunen, Land und Bund die Herausforderung Breitbandausbau gemeinsam stemmen müssten.

Ohne staatliche Hilfe hätte Ebern das Pensum nie bewältigen können, sagt Bürgermeister Hennemann. Er kritisiert, dass die Förderprogramme nicht zielgerichtet abgestimmt seien, um den Ausbau lückenlos voranzutreiben.

Trotz aller Zuschüsse musste seine Stadt zwei Millionen Euro aus eigenen Mitteln aufbringen. In die 190 Haushalte, die zuletzt angeschlossen wurden, floss genauso viel Geld wie zuvor in die anderen Stadtteile zusammengenommen. Mit Investitionen in die Schulen, die Straßen oder die Abwasseranlage sei die Stadt jetzt aber finanziell weitgehend gebunden. Den Wettbewerbsnachteil weiter aufzuholen und die Glasfaser bis in alle Häuser zu bringen, werde "eine Herkulesaufgabe" darstellen.

"Eine Herkulesaufgabe"

"Quatsch hoch drei" sei es gewesen, die Leitungen zu privatisieren. In Städten erzielen die Telekommunikationsunternehmen mit relativ geringem Aufwand stattliche Erträge. Dort ist die Glasfaser längst Standard.

Dem gegenüber stehen hohe Ausbaukosten in weniger dicht besiedelten Regionen, wo Telekom und Co. auf die Bremse drückten. Versprochene Ausbauten bleiben Wunschdenken, solange nicht der Staat Fördertöpfe bereitstellt. So investiere er öffentliche Mittel in den Ausbau von Leitungen, die am Ende einem privaten Betreiber gehören. "Die Infrastruktur gehört in öffentliche Hand", fordert Hennemann, was auch für die Funknetze gelte.

Neues Förderprogramm

Die meisten Orte im Landkreis Haßberge, die von bisherigen Förderprogrammen profitieren, werden mit Glasfaser erschlossen, jedoch nur bis zu grauen Verteilerkästen am Straßenrand.

Von dort aus setzt die Telekom nach wie vor auf Kupfer. "Eine Mogelpackung" urteilen Wettbewerber, weil ohne Glasfaserkabel bis ins Haus kein Gigabit-Netz aufgebaut werden könne. Doch eine Konkurrenzfähigkeit im internationalen Bereich, die Nutzung im smarten Haus oder im internetgesteuerten Gesundheitswesen der Zukunft wird es ohne diese digitale Aufrüstung nicht geben.

Dorothee Bär stellt ein neues, das sogenannte "Graue Flecken-Programm" in Aussicht, das demnächst gezielt die Gemeinden erreichen soll, "die zwar eine Versorgung haben, aber noch nicht gigabitfähig angeschlossen sind". Damit seien dann auch für Landgemeinden Glasfaseranschlüsse bis ins Haus möglich.

Glasfaser frei Haus: gratis hier, teuer dort

Der bayerische Höfebonus" der die letzten weißen Flecken Bayerns ans schnelle Internet anschließen soll, macht's möglich. Der Einsiedlerhof bekommt die Glasfaser frei Haus. Zum Nulltarif - zumindest sofern die Grundbesitzer die Chance nutzen.

Wie wenig erbaulich es demgegenüber ist, sich auf eigene Kosten Glasfaser vom Verteilerkasten ins Haus verlegen zu lassen, haben Einwohner im Pfarrweisacher Gemeindeteil Römmelsdorf erfahren. Durch den Ort wurde 2018, ebenfalls dank eines Förderprogramms, Glasfaser verlegt. Mehrere Bürger, darunter IT-Mann Carsten Präger und ein Nachbar mit Rechenzentrum, haben sich weitsichtig auf eigene Kosten Leerrohre zu ihren Grundstücken verlegen lassen, in der Hoffnung, relativ einfach in den Genuss eines Glasfaseranschlusses zu kommen.

Dann kam die Ernüchterung: Präger empört sich über eine horrende Summe, welche der Netzbetreiber für den Anschluss verlangt. Er soll für 100 Meter Glasfaser 2800 Euro berappen, plus 700 Euro Anschlussgebühr. Der Nachbar, etwa 50 Meter weiter vom Verteiler entfernt, hat bereits 4500 Euro für seinen Anschluss gezahlt. "Und das bei geringen Materialkosten und einer Arbeitszeit von nicht mal fünf Stunden", staunt Präger. Das Leerrohr musste er kostenlos an die Telekom abtreten. "Total irre!", findet der Büroinformationstechniker, der jetzt Politiker einschalten will: "So wird der Breitbandausbau nie gelingen!"

Es geht auch 100 mal schneller

Innovation Aktuell versteigert die Bundesnetzagentur 5G-Frequenzen, die beispielsweise für das autonom fahrende Auto und für vernetzt kommunizierende Maschinen und Logistikabläufe unerlässlich sein werden.

Meilenstein 5G steht für die 5. Mobilfunkgeneration. Die LTE-Technik des Jahres 2010 wird damit zur lahmen Ente degradiert. 100 Mal schneller als bisher beim LTE-Download könnte es künftig gehen.

Anspruch Bis 2021, so hat ein Mobilfunkgipfel vereinbart, sollen 99 Prozent aller Haushalte mit 4G versorgt sein. Das flächendeckende "5G-Supernetz" sei das Ziel, sagt Ministerin Bär, dies sei unumstritten. Aber es sei nicht auf die Schnelle zu erreichen. Über ein Grundgerüst entlang von Schienen und Straßen soll der Ausbau vorankommen.

Prognose Bis die Zukunftstechnik Haßberge, Maintal und Steigerwald lückenlos vernetzt, wird es lange dauern. Die 5G-Technik macht mangels Reichweite eine Flut von Funkmasten erforderlich. Auch hier wird das Verhältnis von Aufwand und Ertrag die Politik der privaten Anbieter bestimmen. Der Staat bleibt also auch in Nicht-Wahljahren gefordert. Faktencheck Dorothee Bär stellt klar: "Funklöcher passen nicht zu unserem Anspruch als eine der stärksten Wirtschaftsnationen." Wenn die neue bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach, am 16. März zum Starkbierfest nach Wasmuthhausen kommt, wollen ihr die Maroldsweisacher CSU-Mitglieder zeigen, "wo in Bayern noch digitale Wüste mit riesigen Funklöchern vorherrscht".