Das Amtsgericht in Haßfurt verdonnerte eine 66-jährige Frau zu einer saftigen Geldstrafe, weil sie mehrmals erheblich betrunken mit ihrem Auto gefahren war.
Wie konnte es bloß dazu kommen? Eine unbescholtene Seniorin (66), die zeitlebens nicht mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, jahrzehntelang gearbeitet hat, eine monatliche Rente von rund 1600 Euro bekommt und ein eigenes Häuschen besitzt, greift zur Schnapsflasche und fährt anschließend mit weit über zwei Promille durch die Kreisstadt. Die gut situierte Rentnerin kommt nicht mal dann zur Vernunft, als die Polizei ihr den Führerschein abnimmt. Denn kurz darauf wird sie zwei weitere Male völlig betrunken aus dem Verkehr gezogen. Wegen mehrfacher Trunkenheit im Verkehr sowie wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde sie nun am Amtsgericht in Haßfurt verurteilt: Die Frau muss eine Geldstrafe von 5500 Euro zahlen und mindestens 14 Monate auf ihren Führerschein verzichten.
Die Vorfälle ereigneten sich im Zeitraum von Juni bis September vergangenen Jahres. Das erste Mal erwischte die Polizei die Frau am Nachmittag des 17. Juni 2019. Da hielt sie mit ihrem Auto an einer Tankstelle. Aber nicht, um Benzin zu tanken, sondern um sich alkoholischen Nachschub zu besorgen. Als sie bezahlt hatte und zu ihrem Auto zurückging, fiel einem aufmerksamen Mann ihr schwankender Gang auf. Als er dann noch beobachtete, wie sie in Schlangenlinien davonfuhr, notierte er sich das Nummernschild und alarmierte die Polizei. In der Blutprobe, die ihr kurz darauf in der Polizeidienststelle abgenommen wurde, befanden sich erschreckende 2,52 Promille - ein Wert weit jenseits der absoluten Fahruntüchtigkeit.
Zu ähnlichen Fehltritten kam es im Juli und nochmals Anfang September 2019. Jedes Mal steuerte sie mit über zwei Promille im Blut ihren Wagen. Auf Nachfrage von Amtsrichterin Ilona Conver gab die Angeklagte an, damals beträchtliche Mengen Wodka getrunken zu haben. Die tadellos gekleidete Rentnerin wollte nichts beschönigen und versuchte, in ruhigen und überlegten Sätzen zu erklären, wie es dazu kommen konnte.
Die ledige und kinderlose Frau erläuterte, dass sie ihren Führerschein bereits 1973 erhalten habe. Seit Januar 2016 beziehe sie Rente und vor gut zwei Jahren sei sie in den Haßbergekreis gezogen und habe hier ein Häuschen gekauft. Dann habe sie festgestellt, dass alle Menschen um sie herum in einer Familie lebten und dass sie keinen Anschluss gefunden habe. Irgendwie hätten Frust und Einsamkeit überhandgenommen. In dieser Lebenskrise habe sie zum Alkohol gegriffen. "Bei mir muss eine Sicherung durchgebrannt sein", sagte sie wörtlich.
Nie zuvor, erwiderte sie auf die entsprechende Frage des Staatsanwalts, habe sie in ihrem Leben Probleme mit Alkohol gehabt. Inzwischen habe sie das Tief überwunden und trinke so gut wie nichts mehr, versicherte sie. Das letzte Glas Wein habe sie an Weihnachten getrunken, als sie bei ihrem Bruder eingeladen gewesen sei.
In seinem Plädoyer forderte der Staatsanwalt eine 7500-Euro-Geldstrafe, verbunden mit einer Führerschein-Sperrfrist von 18 Monaten. Der Richterspruch lag etwas niedriger bei 110 Tagessätzen á 50 Euro, was die schon erwähnten 5500 Euro ergibt. Die Vorsitzende machte die Verurteilte darauf aufmerksam, dass sie nach Ablauf der 14-monatigen Sperrfrist ihren Führerschein nicht automatisch zurückerhält. Vielmehr kann die Kfz-Stelle verlangen, dass erst einmal die Fahreignung nachzuweisen ist - mit der teuren und berüchtigten medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), landläufig unter dem Begriff "Idiotentest" bekannt. Noch im Gerichtssaal akzeptierte die Frau den Schuldspruch und auch der Vertreter der Anklage verzichtete darauf, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Deshalb wurde es sofort rechtskräftig.